Neuer Landesvorsitzender gewählt. Er soll Hamburgs größte Gewerkschaft nach den Querelen der Vergangenheit und dem Rücktritt von Wolfgang Abel wieder auf Kurs bringen

Hamburg. Berthold Bose soll die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di in Hamburg wieder auf Kurs bringen. Der 50-Jährige, bislang Fachbereichsleiter bei Ver.di, wurde am frühen Montagabend von 92 Prozent der Delegierten zum neuen hauptamtlichen Chef von Hamburgs größter Einzelgewerkschaft (95.000 Mitglieder) gewählt. Als „Landesbezirksleiter“, wie es offiziell heißt. löst Bose Wolfgang Abel ab, der zum 30.Juni seinen Rücktritt erklärt hatte.

Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Bose ist seit 1995 im Banken- und Versicherungsbereich der Gewerkschaft tätig. 2001 kam er nach Hamburg und übernahm kurz darauf die Leitung des Ver.di-Fachbereichs Finanzdienstleistungen. Unter anderem saß er viele Jahre im Aufsichtsrat der HSH Nordbank, auch zu Zeiten der Finanzkrise 2008/2009. Turbulenzen sind Bose also nicht neu, das könnte ihm bei seiner neuen Aufgabe helfen.

Denn die besteht vor allem darin, eine innerlich zerstrittene Gewerkschaft wieder zu einen. Abel hatte seinen Rücktritt mit gesundheitlichen Problemen einerseits und „nachhaltigen inhaltlichen Differenzen“ andererseits begründet. Dazu zählte unter anderem die mit ihm nicht abgesprochene Aufnahme von 300 Lampedusa-Flüchtlingen im Sommer 2013, mit der Peter Bremme, Leiter des Ver.di-Fachbereichs Besondere Dienstleistungen, Abel während dessen Urlaubs vor den Kopf gestoßen hatte.

Umstritten war auch die „neutrale“ Haltung der Gewerkschaft zum Volksentscheid über die Verstaatlichung der Energienetze. Ein Teil der Ver.di-Funktionäre plädierte dafür, ein anderer stand eher den Mitarbeitern der Energiekonzerne nah, die sich um ihre Jobs sorgten. Das Fass zum Überlaufen brachte aus Abels Sicht der Beschluss des Landesvorstands im Februar 2014, einen Kongress zu unterstützen, bei dem es um die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich ging – auch das gegen Abels Votum.

Nach dessen Rücktrittsankündigung im April wurde eine Findungskommission eingesetzt, die einen Nachfolger suchen sollte – und schließlich im eigenen Haus fündig wurde. Bose wird von Kollegen als sehr besonnen und sachlich beschrieben. „Er ist kein Lautsprecher“, heißt es. Daher genieße er sowohl den Rückhalt des ehrenamtlichen Präsidiums als auch der hauptamtlichen Fachbereichsleiter.

Bose, der sich bereits im Februar 2015 einer regulären Wahl stellen muss, appellierte vor den Delegierten daran, die Vergangenheit aufzuarbeiten und verlorenes Vertrauen der Mitglieder in ihre Gewerkschaft wiederherzustellen: „Es gilt, dass wir gemeinsam daran arbeiten, wieder eine Mannschaft im Interesse unserer Mitglieder zu werden.“