Angeklagter soll 40.000 Euro zahlen und lässt Bestechungsversuch auffliegen. Jetzt ermittelt der Staatsanwalt gegen den Laienrichter

Neustadt. Sie sind wichtige Stützen für die Justiz: die ehrenamtlichen Richter. Und sie schwören bei ihrer Vereidigung, dass sie „nur der Wahrheit und Gerechtigkeit dienen“ werden. Doch jetzt hat ein Schöffe beim Landgericht diese Verpflichtung offenbar auf beispiellose Weise missachtet: In einem Korruptionsprozess bei einer Wirtschaftsstrafkammer soll der Mann nach Abendblatt-Informationen einem der Angeklagten angeboten haben, er wolle für dessen Freispruch sorgen – vorausgesetzt, der Angeklagte zahlt ihm ein hohes Bestechungsgeld. Angeblich ging es um 40.000 Euro. Dieser ungeheure Vorgang flog auf; der Prozess ist mittlerweile geplatzt.

Gegen den Schöffen ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft. „Es geht um den Vorwurf der Bestechlichkeit“, sagte Oberstaatsanwältin Nana Frombach auf Anfrage. Ferner wird auch wegen Verabredung zu einem Verbrechen gegen den Laienrichter ermittelt. Erhärten sich die Vorwürfe gegen den 30-jährigen Mann, droht ihm mindestens ein Jahr Haft.

„Ein solcher Vorgang ist mir in meiner ganzen Laufbahn noch nicht vorgekommen“, sagte ein erfahrener Jurist dazu. In dem betreffenden Prozess vor dem Landgericht müssen sich drei Angeklagte wegen Korruption verantworten. Laut Anklage hat einer der Männer, ein Handwerker, Geld an den Projektleiter eines großen Unternehmens gezahlt, um an Aufträge zu kommen. Der Projektleiter schusterte ihm demnach auch Aufträge zu - und das, obwohl den Ermittlungen zufolge die Arbeiten teilweise gar nicht erforderlich waren. Der dritte Verdächtige soll bei der Abwicklung der Bestechung geholfen haben. Die Staatsanwaltschaft hatte für die Angeklagten Haftstrafen gefordert.

Schöffen haben das gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter. Für eine Verurteilung ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. In einer mit drei Berufs- und zwei Laienrichtern besetzten Kammer reicht es, dass zwei Richter für einen Freispruch votieren, um eine Verurteilung zu verhindern. Nach Abendblatt-Informationen soll der Schöffe einem der Hauptangeklagten angeboten haben, er werde für dessen Freispruch stimmen und auch den anderen Laienrichter dazu überreden. Für diesen Betrug habe der 30-Jährige das Bestechungsgeld verlangt. Der Angeklagte soll dies seinem Verteidiger berichtet haben. Am 16. Prozesstag, als das Urteil verkündet werden sollte, kam alles heraus. „Es gab einen Ablehnungsantrag gegen den Schöffen sowie gegen den Vorsitzenden Richter der Kammer“, sagte Gerichtssprecherin Ruth Hütteroth auf Anfrage. Das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden wurde später zurückgenommen, der Befangenheitsantrag gegen den Schöffen als begründet angesehen. Damit muss das Verfahren neu aufgerollt werden. Neben einer drohenden Strafe könnten hohe Kosten auf den Schöffen zukommen. Möglich ist, dass er für den geplatzten Prozess bezahlen muss.