Werbedreh-Unfall, Führerschein-Entzug, Pinkel-Affäre: Löws Vorbereitung läuft nicht rund

Am Donnerstag kam dann doch mal frohe Kunde aus dem deutschen WM-Vorbereitungsquartier in Südtirol. Teamarzt Tim Meyer bescheinigte den Nationalspielern einen „ausgesprochen guten Fitnesszustand“. Man könne „sehr zufrieden“ sein.

Auf weitere Hiobsbotschaften kann Bundestrainer Joachim Löw derzeit auch gut verzichten. Schon der Start des Trainingslagers im idyllischen St. Leonhard verlief alles andere als optimal, da sich beim DFB-Pokalfinale gleich zwei Führungsspieler verletzten. Torwart Manuel Neuer und Kapitän Philipp Lahm können weiter genau wie der schon länger malade Bastian Schweinsteiger nur eingeschränkt üben.

Nun gehören Verletzungssorgen zum Alltag eines Fußballtrainers wie Ärger über Schiedsrichter oder Zorn über vergebene Torchancen. Gravierender für die Außendarstellung sind die hausgemachten Probleme aus dem DFB-Lager. Für unerfreuliche Schlagzeilen sorgte die unappetitliche Affäre des Dortmunders Kevin Großkreutz, der nach der Pokalniederlage gegen den FC Bayern im Vollrausch in einer Berliner Hotellobby uriniert hatte. Löw und Teammanager Oliver Bierhoff, sonst stets um ein skandalfreies Klima im Team bemüht, beließen es bei einer ernsten Ermahnung. Schließlich sei der Vorfall nicht bei einer Länderspielreise passiert.

Womöglich ahnte Löw schon zu diesem Zeitpunkt, dass er alsbald selbst ins mediale Kreuzfeuer geraten sollte. Ausgerechnet der Bundestrainer, wegen seiner sympathischen Ausstrahlung Liebling der Werbeindustrie, muss für ein halbes Jahr seinen Führerschein abgeben. Zu oft gerast, zu viel am Steuer telefoniert. Bierhoffs widersprüchliche kommunikative Krisenstrategie – zunächst sagte er, dass Löw „immer sehr vorsichtig fahre“, dann, dass ein erhöhtes Flensburg-Konto angesichts der vielen Dienstfahrten schon mal passieren könne – war wenig hilfreich. Das Saubermann-Image des Bundestrainers hat empfindlich gelitten.

Seit dem schlimmen Unfall beim Werbedreh für Sponsor Mercedes, bei dem ein deutscher Urlauber schwer verletzt wurde, steht die deutsche WM-Vorbereitung endgültig unter einem schlechten Stern. Ob beim Crash die Absperrungen der Strecke unzureichend waren, muss nun die Staatsanwaltschaft ermitteln. Schon jetzt muss sich der DFB fragen, ob es wirklich eine gute Idee war, Nationalspieler von Motorsportlern in aufgemotzten Serienfahrzeugen mit entsprechendem Tempo durch ein enges Tal chauffieren zu lassen. Wieder war der Hinweis von Bierhoff, auch beim Radfahren gebe es nun mal ein Restrisiko, nicht klug.

Nun wäre es absurd, aus Werbedreh-Unfall, Pinkel-Affäre und Führerschein-Entzug eine Kausalkette zu schmieden. Kein Vorfall hat mit dem anderen irgendetwas zu tun. Die Gesamtgemengelage ist dennoch höchst unerfreulich. Statt sich ganz auf den Start der WM in knapp zwei Wochen zu konzentrieren, steht die Chefetage massiv unter Druck. Und gerade die deutsche Mannschaft braucht den totalen Fokus auf ein solches Turnier; bei der vergangenen WM in Südafrika war dies der Schlüssel für beeindruckende Siege über England (4:1) und Argentinien (4:0).

Niemand muss nun mehr hoffen als Bierhoff, dass zumindest seine riskante Rechnung mit dem WM-Quartier aufgeht. Bierhoff entschied sich für eine noch im Bau befindliche Luxusapartmentanlage im brasilianischen Norden. Derzeit schuften Handwerker in Santo André in Schichten rund um die Uhr, damit bis zum Eintreffen des deutschen Trosses am 8. Juni alles fertig wird. Sollten die Nationalspieler dennoch auf einer Baustelle logieren müssen, hätte nicht nur Bierhoff ein echtes Problem.