Hockeyherren des HTHC gewinnen alle wichtigen Titel und werden mit einem Senatsempfang im Rathaus geehrt

Altstadt. Als am Freitag um 17Uhr lautstarke „HTHC“-Rufe durch die Hamburger Innenstadt schallten, strömten immer mehr Menschen zum Rathausmarkt. 500 Fans des frisch gebackenen Deutschen Hockey-Meisters hatten sich dort trotz des Dauerregens am Nachmittag versammelt, um ihre Mannschaft zu feiern. Schunkelnd und Arm in Arm standen Spieler, Trainer und Verantwortliche auf dem Rathausbalkon und stimmten gemeinsam mit den Fans „Oh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht gesehen“ an.

Richtig wäre gewesen: So etwas hat Hamburg noch nie gesehen: Drei große Pokale – neben der Meisterschaft gewann der HTHC auch die Europapokale der Landesmeister in der Halle und auf dem Feld – präsentierten Kapitän Christopher Borchard und sein Team den Fans am Rathaus. In Hamburg ein bislang einmaliges Ereignis. „Viele Sportler in Hamburg träumen davon, hier einmal zu stehen. Für uns ist das eine große Ehre, sensationell“, sagte der 29-jährige Borchard.

Sportsenator Michael Neumann gratulierte der Mannschaft im Namen des Senats und des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz, der zeitgleich den Hafengeburtstag eröffnete. „Sie haben Hamburg eine Ehre erwiesen“, sagte Neumann, der am Sonnabend neben Scholz auf der Tribüne in Mainz sitzt, um den HSV zu unterstützen. Während der Fußball-Bundesligist von einem Rathausempfang derzeit nur träumen kann, eilt der HTHC von Erfolg zu Erfolg. „Der HTHC gibt der Stadt Hamburg unglaublich viel und das in Lichtgeschwindigkeit“, sagte Präsident Cito Aufenacker, der sich darüber freute, dass trotz des schlechten Wetters so viele Fans zum Rathaus kamen. So wie Michael Galle, der seinen Regenschirm in den schwarz-gelben Vereinsfarben mitgebracht hatte. „Drei Titel in einer Saison, mehr geht nicht“, sagte der 73-Jährige, der jedes Heimspiel besucht und seit 44 Jahren Vereinsmitglied ist. „Die Jungs sind für mich wie Enkel geworden. Ich bin sehr stolz“, so Galle.

Die Ehre, vom Rathausbalkon grüßen zu dürfen, hatte sich die Mannschaft von Cheftrainer Christoph Bechmann durch einen historischen Triumph verdient. Nie zuvor in der Geschichte des deutschen Hockeys hatte eine Mannschaft innerhalb einer Saison die Europapokale der Landesmeister auf dem Feld und in der Halle gewonnen, wie es dem HTHC im Februar in England (Halle) und am Ostermontag in den Niederlanden gelungen war. Dass das Team zusätzlich am vergangenen Sonntag auch den ersten Feldmeistertitel seit 14 Jahren holte und sich damit zum ersten Triple-Sieger der Hockeyhistorie krönte, war eine kaum für möglich gehaltene Zugabe.

Dass einem Hamburger Verein dieser Triumph gelingen würde, ist indes keine große Überraschung, gilt die Stadt doch seit vielen Jahren als Hochburg der erfolgreichsten olympischen Teamsportart Deutschlands, die bei den vergangenen drei Sommerspielen jeweils eine Goldmedaille beisteuerte (2004 in Athen die Damen, 2008 in Peking und 2012 in London die Herren). Mit dem Uhlenhorster HC, dem Club an der Alster und dem HTHC war ein Viertel der zwölf Teilnehmer umfassenden Herren-Bundesliga in der gerade abgelaufenen Saison 2013/14 in Hamburg ansässig, bei den Damen war es zuzüglich des – leider abgestiegenen – Klipper THC sogar ein Drittel. Als 1908 in London erstmals eine deutsche Hockeymannschaft an Olympischen Spielen teilnahm, kamen alle Teammitglieder aus Hamburg. Im 18-köpfigen Kader der London-Olympiasieger standen fünf Spieler aus Hamburger Clubs, mit Moritz Fürste vom Uhlenhorster HC (2012) und HTHC-Star Tobias Hauke (2013) kommen die letzten beiden Welthockeyspieler ebenso aus Hamburg wie der aktuelle Herren-Bundestrainer Markus Weise.

Die ersten Hockeyspiele unter Wettkampfbedingungen mit Hamburger Beteiligung gab es 1898, als der 1. Hamburger Hockey-Club sich mit dem Berliner Hockey- und Radpolo-Club maß. Durch die kaufmännischen Beziehungen zum Mutterland England war Hamburg die erste Stadt in Deutschland, in der sich der Akademikersport, der das Hockey bis heute geblieben ist, etablieren konnte. Aktuell sind 27 Vereine im Hamburger Hockeyverband organisiert.

Markku Slawyk ist seit 2007 Hamburger Landestrainer. Der 52-Jährige hat zwei Hauptgründe dafür ausgemacht, warum Hockey in der Stadt so erfolgreich ist. „Zum einen ist Hamburg attraktiv für auswärtige Sportler, weil die Stadt mit ihrer großen Auswahl an Spitzenvereinen nicht nur sportliche, sondern auch berufliche und kulturelle Vielfalt bietet. Zum anderen funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Clubs und dem Landesverband so gut, dass die Förderung effektiv ist“, sagt er.

Dennoch ist Hockey weiterhin ein reiner Amateursport, der allerdings von den Spitzenspielern, die neben der Sporthilfe nicht mehr als eine Aufwandsentschädigung kassieren, im Trainingsbetrieb auf Profiniveau betrieben wird. Dass diese Elite nach Indien reisen muss, um in der dortigen Profiliga während der Pause zwischen Hallen- und Feldbundesliga im Februar Geld zu verdienen, ist der Tatsache geschuldet, dass dem Hockey in Deutschland zweierlei fehlt: Sponsoren und Fernsehpräsenz.

Trotz aller Erfolge deutscher Teams finden sich kaum Sponsoren

Der Sport ist durch die komplizierten Regeln zu wenig TV-kompatibel, zudem muss der Deutsche Hockey-Bund in einem ausgeklügelten Terminsystem mit den Varianten in der Halle und auf dem Feld zwei Sportartarten unter einem Dach vereinen. Während beispielsweise im Nachbarland Niederlande Hockey dank großer Sponsoren und einer strafferen Organisation des Spielbetriebs Volkssport ist, kämpfen die deutschen Clubs noch immer um Beachtung durch Medien, Wirtschaft und Fans. Der Europapokalsieg des HTHC beispielsweise war den nationalen Medien teilweise nicht mal eine Kurzmeldung wert.

HTHC-Präsident Cito Aufenacker hofft, dass der Triple-Sieg wenigstens ein Stück mehr Aufmerksamkeit generiert. „Es wird deswegen keinen Hockeyboom geben“, sagt er, „aber wenn wir potenziellen Sponsoren jetzt nicht deutlich machen können, dass wir ein Qualitätsprodukt bieten, wann dann?“