Polizei sperrt Gewerkschaftshaus. DGB will höheren Mindestlohn

St. Georg. Als Katja Karger, Vorsitzende des DGB Hamburg, am Donnerstag auf den Balkon des Gewerkschaftshauses am Besenbinderhof trat, kehrte auch unter den aufgebrachten Unterstützern der Lampedusa-Flüchtlinge Ruhe ein. Zuvor hatten die Demonstranten Anti-Olaf-Scholz-Parolen gebrüllt. Jedoch nur kurzzeitig. Da die Lampedusa-Unterstützer Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) mit Sprechchören wie „Olaf Scholz genug gehetzt, Bleiberecht wird durchgesetzt“ lautstark bedrängten, sperrte die Polizei noch während der Kundgebung den Zugang zum Gewerkschaftshaus und bildete einen Schutzring um Scholz. Der Bürgermeister konnte das Gewerkschaftshaus erst mit Verzögerung betreten.

Diesen Zwischenfall bekamen jedoch nur die wenigsten der rund 5600 Demonstranten mit, die sich mit Spruchbändern, Trillerpfeifen und Trommeln zur Mai-Kundgebung am Besenbinderhof in St. Georg, versammelt hatten und aufmerksam Katja Kargers Rede verfolgten. Schon nach wenigen Sätzen ihrer ersten Rede zum Tag der Arbeit brauste Jubel auf. „Wir sind eine kraftvolle Gemeinschaft, die ein gemeinsames Ziel verfolgt: die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Tausenden Beschäftigten“, sagte Karger. „Wir demonstrieren heute für die Würde und die Rechte der arbeitenden Menschen. Denn sie werden mit Füßen getreten.“ Tosender Beifall.

Unter dem Motto „Gute Arbeit. Soziales Europa“ forderte der DGB, dass die Menschen wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Als einen „Riesenerfolg“ hob Katja Karger den geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro hervor. „Das können wir gar nicht genug feiern“, sagte sie. Nach Jahren der Deregulierung machten sich Politik und Gesellschaft endlich auf den Weg zu mehr Gerechtigkeit.

„Allerdings darf es beim Mindestlohn keine Ausnahmen geben“, sagte die DGB-Vorsitzende. Der Mindestlohn müsse für alle Arbeitnehmer gelten, ungeachtet ihres Alters, ihrer Ausbildung oder der Dauer von Arbeitslosigkeit. Karger kündigte an, dass sich der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften noch vor dem Jahr 2018 für eine Erhöhung des Mindestlohns einsetzen werden.

Karger, die seit sechs Monaten an der Spitze des DGB steht, rief in der Mai-Kundgebung dazu auf, dass nun die prekären Arbeitsverhältnisse bekämpft werden müssten: „In Hamburg müssen 30.000 Menschen ihr Geld durch Leiharbeit verdienen. Und auch die Zahl der Mini-Jobber nimmt weiter zu.“ Allein in der Hansestadt seien es 170.000 Menschen, davon 60 Prozent Frauen. Katja Karger: „Dieser extreme Niedriglohnsektor bietet keine Brücke in den Arbeitsmarkt, wie immer behauptet wird.“