Eine Glosse von Sven Kummereincke

Dies ist eine Warnung. Die vor uns liegenden Wochen können zu schweren Belastungen des menschlichen Miteinanders führen. Es ist mit dem vermehrten Aufkommen von Aggressionsschüben bei einer großen Bevölkerungsgruppe zu rechnen. Dies betrifft vor allem den Arbeitsplatz, aber auch das familiäre Umfeld und den Freundeskreis jedes Einzelnen. Um diese Zeit schadlos überstehen, sollten Sie unbedingt eine erhöhte Sensibilität an den Tag legen. Das Abendblatt hilft dabei mit einem kleinen Leitfaden: „Der gefahrlose Umgang mit HSV-Fans“.

Teil 1: Tipps für Fußball-Desinteressierte. Fragen Sie niemals, wie denn der HSV am Wochenende eigentlich gespielt habe. Sprechen Sie grundsätzlich gar nicht über Fußball. Vermeiden Sie in der Konversation folgende Städtenamen: Augsburg, München, Mainz. Am besten auch Braunschweig, Nürnberg und Stuttgart. Sprechen Sie nicht über Dinosaurier, schon gar nicht im Zusammenhang mit Aussterben. Reden Sie auch nicht über Sylvie van der Vaart (alias Meis), selbst wenn es um „Let’s Dance“, „Das Supertalent“ oder Zahnzwischenraumreinigung geht. Holland generell ist kein gutes Thema.

Teil 2: Tipps für Fußball-Fans, die keine HSV-Anhänger sind. Äußern Sie auf gar keinen Fall Verständnis für die Situation, etwa mit Sätzen wie „Mein BVB hat vor zehn Jahren auch ne schwere Zeit durchgemacht“ oder, noch schlimmer: „Ich weiß, was Leiden heißt – als wir das Finale gegen Chelsea verloren haben, war ich auch völlig fertig.“ Reden Sie auf gar keinen Fall von „Krise als Chance“ oder Neuaufbau und schon gar nicht darüber, dass man auf die Jugend setzen solle. Sätze wie „Nürnberg hat auch ein schweres Restprogramm“ sind ebenfalls zu vermeiden.

Teil 3: Tipps für Fußballfans, die Anhänger des FC St. Pauli oder von Werder Bremen sind. Sprechen Sie gar nicht. Lächeln Sie nicht, auf gar keinen Fall grinsen. Meiden Sie jeglichen Blickkontakt. Und zeigen Sie auf gar keinen Fall Mitgefühl! Jede Form des Mitleids, selbst wenn es ehrlich gemeint sein sollte, wird als die schlimmste Form der Demütigung und Erniedrigung aufgefasst werden. Und selbstverständlich dürfen Sie keine HSV-Witze verbreiten. Auch nicht den vom Scheidungskind, das nicht zum Vater will, weil es da immer geschlagen wird, und nicht zur Mutter will, weil es da immer geschlagen wird, sondern lieber zum HSV – denn da werde zu Hause grundsätzlich niemand geschlagen.