Das umgestaltete und erweiterte Wassermuseum in Rothenburgsort bietet viel Wissenswertes – vom Saugspülwagen bis zum Glimmerschluff

Rothenburgsort. Ganz tief unten, wo man viel trübe Brühe und noch mehr olfaktorische Zumutungen erwartet, gibt es auch positive Überraschungen. Die wundersamsten und schönsten Wörter zum Beispiel. Denn es sind Begriffe wie Schlammflocken, Saugspülwagen und ganz besonders der geheimnisvolle Glimmerschluff, die das Herz eines jeden Scrabblespielers höher schlagen lassen. Doch die Begriffe erweitern nicht nur den aktiven Wortschatz, sie sind auch Bestandteil der neuesten Attraktion in Rothenburgsort: dem Abwassermuseum.

Drei Jahre haben Planung und Bau der neuen, 520.000 Euro teuren Ausstellungserweiterung im „WasserForum“ gedauert. Nun, rechtzeitig zur langen Nacht der Museen, präsentiert Hamburg Wasser das ansonsten eher nachrangig behandelte Thema Entsorgung auf einer ganzen Etage im hauseigenen Museum. Denn während Abwasser für gewöhnlich beim Betätigen der Klospülung das Höchstmaß an Aufmerksamkeit genießt, steht es hier auf 150 Quadratmetern im Mittelpunkt. Das unappetitliche Kapitel der Wasserentsorgung wird in Form leicht verdaulicher Wissenshäppchen serviert.

Im neuen Ausstellungsbereich werden die Geschichte und der Weg des Hamburger Abwassers plastisch nachgezeichnet. Von den Anfängen der Kanalisation in der Mitte des 19. Jahrhunderts unter Ingenieurlegende William Lindley bis zur gegenwärtigen Komplettverwertung des Klärschlamms. Besucher können durch zwei Meter hohe Siele gehen, die Perspektive einer Kanalratte im Angesicht eines Kamerawagens einnehmen und die Funktionsweise eines Saugspülwagens am Modell verstehen. Wie weit reicht der Saugrüssel? Warum braucht man unterschiedliche Spüldüsen? Und wie entsteht eigentlich ein Rohrbruch? Fragen wie diese werden sehr zugänglich beantwortet. Unterm Strich ist mit der Erweiterung des „WasserForums“ am Billhorner Deich auf 600 Quadratmetern das größtes Trink- und Abwassermuseum Deutschlands entstanden. Der Eintritt ist frei.

„Wir wollen die selbstverständliche Dienstleistung der Abwasserentsorgung im Grundwissen der Hamburger verankern“, sagte Unternehmenssprecher Ole Brauckmann bei der Eröffnung. Mit einfachen Sachfragen soll ein persönlicher Bezug hergestellt, das Bewusstsein für das Thema geschärft werden. Hauptzielgruppe seien Kinder und Jugendliche. Sie können für den Wissensgewinn allerhand Knöpfchen drücken, Kurbeln drehen und Bildschirme bedienen. Irgendwo rieselt dann entweder ein Klärschlammteilchen nach unten oder es huscht ein Pantoffeltierchen durchs Bild. Letztere sind etwa in Kläranlagen wichtig, um den Sauerstoffgehalt des Wassers zu bestimmen. Zugegeben: Spezialwissen. Aber das ist durchaus auch für Erwachsene interessant. 15 Themengebiete lassen zumindest jeden Vertiefungsgrad zu.

Der Lerneffekt stellt sich im Angesicht von fünf Kloschüsseln schnell ein

Die ersten Besucher, Auszubildende der Berufsschule William Lindley, waren jedenfalls angetan. Ihr Interesse galt vor allem dem Ausstellungsbereich, in dem fünf nebeneinander platzierte Kloschüsseln veranschaulichen sollen, was nicht in die Toilette gehört. Im Porzellanschlund fanden sich originalgetreue Medikamente oder Essenreste. „Fett ist auch ein großes Problem“, sagt Ausstellungskuratorin Silvia Hartel. In Kombination mit Toilettenpapier können sich gewaltige Fettklumpen bilden, die eine der Hauptursachen für Rohrverstopfungen sind. „Man lernt eine Menge“, sagte Anlagenmechaniker Sven Raubenheimer nach der ersten Inaugenscheinnahme. „Wann bekommt man schon mal Einblick in den Untergrund, um zu erfahren, was da mit dem Wasser passiert?“ Im Abwassermuseum ist diese Erfahrung im Übrigen geruchlos, was empfindlichen Nasen den Zugang erleichtern dürfte.

Das WasserForum im Stadtteil Rothenburgsort gilt als umfassendste und modernste Sammlung zum Thema Wasser der Republik. In vier Themenbereichen werden die Historie, die Moderne, die Rahmenbedingungen der Wassergewinnung und nun auch die Entsorgung behandelt. Die Relevanz zeigt sich schon beim Blick auf die Zahlen: Hamburg produziert täglich 300.000 bis 400.000 Kubikmeter Abwasser, die durch fast 6000 Kilometer Sielnetz in die Klärwerke Köhlbrandhöft und Dradenau gelangen. Wie sauber das Wasser dann in die Elbe, den liebsten Fluss der Hamburger, geleitet wird, ist deshalb gewissermaßen von gesamtgesellschaftlichem Interesse.

Vor diesem Hintergrund ist der Bereich besonders eindrücklich, der zeigt, was in Klärwerken mitunter aus dem Abwasser gezogen wird. All die Gebisse, Turnschuhe, Ausweise, Löffel und Brillengestelle würden sich nämlich ohne moderne Filtertechnik irgendwo im Flussbett ablagern. Nun sind sie Teil einer Ausstellung und dort wesentlich besser aufgehoben.