Hapag-Lloyd liefert keine Rüstungsgüter in Krisenländer. Die Debatte über die Rolle des Hafens als Drehscheibe geht weiter. Sollte Hamburg Rüstungs- und Waffenexporte über den Hafen verbieten?

Hamburg . Was wird aus der sichergestellten Rüstungslieferung, die sich im Hamburger Hafen unter zollamtlicher Überwachung befindet? Am Dienstag war bekannt geworden, dass es sich bei dem Waffentransport, der von Polen nach Ägypten exportiert werden sollte, um Panzerteile handelt, die für militärische Zwecke der ägyptischen Armee benutzt werden sollten. „Die Aufklärung der technischen Verwendbarkeit und Bestimmung ist derzeit noch nicht abgeschlossen“, heißt es aus dem Bundesfinanzministerium.

Unterdessen gibt es Forderungen, dass Hamburg die Rüstungs- und Waffenexporte über den Hafen strikt verbieten oder zumindest begrenzen sollte. Die Befürworter eines solchen Vorgehens verweisen auf eine Entscheidung der Bremer Bürgerschaft, die Vorbildcharakter haben könnte. Das Bundesland hatte 2012 festgelegt, den Umschlag von Kernbrennstoffen nur noch in Ausnahmen zu erlauben – eine Entscheidung, die bis heute Bestand hat. Die Bremer Regierung argumentierte, Entscheidungen über die Häfen seien Ländersache. Inzwischen wurde sie in dieser Position vom Bremer Staatsgerichtshof bestätigt.

Könnte eine solche Rechtsauffassung auch bei einem Verbot für Waffenexporte in Hamburg gelten? Ganz auszuschließen ist das offenbar nicht. Zwar unterliegt die Ausfuhr von Rüstungsgütern und Waffen dem Bundesrecht, sagt Professor Michael Brzoska, Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. Aber er fügt auch hinzu: „Anders ist es bei Waffen und Munition, die als Gefahrgut eingestuft ist. Hier kann Hamburg als für den Katastrophenschutz zuständige Institution Beschränkungen und Verbote erteilen.“ Allerdings dürfe das nicht willkürlich geschehen, sondern mit dem Argument der Sicherheit. „Relevantes Gefahrgut ist alles, was leicht explodieren kann – wie zum Beispiel Munition“, sagt der Friedensforscher.

Der Staatsrechtler Professor Ulrich Karpen bewertet die Rechtslage anders. „Das Ganze erinnert mich an die Diskussion in den 1980er-Jahren, in denen sich Gemeinden zu ,atomwaffenfreien Zonen‘ erklärten. Dem wurde aber vom Bundesverwaltungsgericht 1990 ein Ende gemacht.“ Karpen betont, dass Fragen des freien Warenverkehrs „eher Bundesangelegenheiten als Landesangelegenheiten sind und damit mehr und mehr ein EU-Geschäft“.

Eine weitere Forderung des Hamburger Bündnisses gegen Waffenexporte ist Transparenz. Professor Brzoska hält es für rechtlich möglich, dass der Senat Zahlen zu relevanten Gefahrgütern und zum Export von Rüstungsgütern aus Hamburg veröffentlichen könnte, „solange dadurch keine Rückschlüsse auf einzelne Firmen gemacht werden können“. Nach wie vor sei die Informationslage bei Munition besonders dünn. „Wenn die deutsche Rüstungspolitik so restriktiv ist, wie von der Bundesregierung behauptet, sollte niemand – einschließlich der Senat – Angst vor einer besser fundierten Diskussion über die deutschen Rüstungsexporte haben.“

Bei Hapag-Lloyd werden alle weltweiten Anfragen zentral in Hamburg geprüft

Nach Ansicht von Professor Wolfram Weiße, Direktor der Akademie der Weltreligionen, ist nun eine öffentliche Diskussion darüber notwendig, wie ein Export von Waffen über den Hafen sowie weltweit gestoppt werden kann. „Das ist nicht nur eine politische, gesellschaftliche oder wirtschaftliche, sondern auch eine religiöse Frage: Das Verbot des Tötens gilt in allen Religionen.“

Dieser Diskussion müssen sich auch die Reeder stellen, schließlich profitieren auch sie von den Rüstungstransporten. „Für den Export von Kriegswaffen und Munition gelten nicht nur in Deutschland strenge Regeln“, sagt Christof Schwaner vom Verband Deutscher Reeder. „Wer solche Güter mit dem Seeschiff versenden möchte, muss die vorgeschriebenen Genehmigungen dafür besitzen.“ Die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd geht einen Schritt weiter. „Wir haben neben den gesetzlichen Vorschriften sehr restriktive interne Vorgaben, die wir uns freiwillig selbst auferlegt haben“, sagt Unternehmenssprecher Rainer Horn. „Wir lehnen Anfragen für Waffentransporte in Krisenländer und einige andere Länder und Regionen ab.“ Dazu gehörten zum Beispiel Saudi-Arabien, die gesamte Golfregion oder Nordafrika. „Wir haben auch schon Transporte in diese Länder abgelehnt, die nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz von der zuständigen Bundesstelle genehmigt worden waren. Auch die Transportanfrage eines Kunden für Waffen nach Thailand, die nicht dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterlagen, wurde wegen der Bürgerunruhen dort erst kürzlich von uns abgelehnt.“ Waffentransporte nach Venezuela würden derzeit auch aus diesem Grund abgelehnt werden.

Bei Hapag-Lloyd werden alle weltweiten Anfragen für Waffentransporte zentral in Hamburg einzeln geprüft und freigegeben. „So können schwarze Schafe nicht versuchen, ihren Transport über ein Hapag-Lloyd-Büro in einem anderen Land zu buchen, wenn er zum Beispiel von Hapag-Lloyd Deutschland abgelehnt wurde“, sagt Rainer Horn. Jede Kundenanfrage sei eine Einzelfallprüfung, bei der auch der Empfänger geprüft wird. „Wenn ein Kunde offensichtlich keine Expertise besitzt oder uns etwas unschlüssig erscheint, lehnen wir ab.“ Um verbotene Güter aus bereits gebuchten Verladungen herauszufiltern, nutze man ein selbst entwickeltes Kontrollprogramm, das die Ladungsdaten weltweit laufend nach bestimmten Mustern und Stichworten durchsucht. Dabei gehe es auch um falsch oder nicht deklariertes Gefahrgut. „Die Software ist komplex, arbeitet aber sehr zuverlässig“, sagt Rainer Horn.