Stiftung Europa-Kolleg gibt 6400 Quadratmeter in Groß Flottbek an Wohnungsunternehmen ab, das in Rotherbaum ein Haus für Studierende errichtet

Rotherbaum. Das Europa-Kolleg plant den Umzug von Groß Flottbek in die unmittelbare Nähe der Universität Hamburg in Rotherbaum. Auf einem Parkplatz an der Moorweidenstraße soll zwischen Logenhaus und Staatsbibliothek ein sechsgeschossiger Neubau entstehen. Das bestätigte Jürgen Lüthje, Präsident der Stiftung Europa-Kolleg Hamburg und bis 2006 Universitätspräsident, auf Abendblatt-Anfrage. Er sagt: „Eine Verlagerung ist notwendig, um auf Dauer die Attraktivität des Studienangebots und des Europa-Kollegs sichern zu können.“

Die Wissenschaftsbehörde würde die stadteigene Fläche gerne der Stiftung überlassen: „Ein neuer Standort des Europa-Kollegs am zentralen Campus der Universität wäre aus Sicht der Wissenschaftsbehörde ein guter Beitrag, um die Zusammenarbeit zu verbessern und das internationale Profil der Universität zu schärfen“, sagt Behördensprecher Alexander von Vogel.

Das Europa-Kolleg ist eine international anerkannte, interdisziplinäre Studien- und Forschungseinrichtung mit Sitz am Windmühlenweg. Es arbeitet eng mit der Universität zusammen, deren Präsident Dieter Lenzen auch im Kuratorium der Stiftung sitzt. In dem Neubau an der Moorweidenstraße sollen rund 70 Appartements für Studierende, aber auch Gastdozenten der Uni entstehen. Außerdem ein Veranstaltungssaal für bis zu 200 Personen und Räume für Vorlesungen.

Interessant ist, wie der Neubau finanziert werden soll. Die Kosten schätzt Jürgen Lüthje auf mindestens zwölf Millionen Euro. „Ein Hamburger Wohnungsunternehmen hat angeboten, den Neubau für das Europa-Kolleg auf eigene Kosten zu errichten und es danach in unser Eigentum zu übergeben“, sagte Lüthje. Dabei handelt es sich nach Abendblatt-Informationen um Behrendt Wohnungsbau. Das Unternehmen soll im Gegenzug das attraktive rund 6400 Quadratmeter große Stiftungs-Grundstück am Windmühlenweg erhalten. Der Investor plane dort Wohnungsbau, sagt Lüthje. Die Fläche ist als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Allerdings gibt es noch eine kleine Hürde. Die Gebäude des Europa-Kollegs stehen unter Denkmalschutz, worüber Kulturbehörde und Wissenschaftsbehörde bereits verhandeln.

Eine Entscheidung, ob ein Abriss möglich ist, soll in den kommenden Wochen fallen. Jan Behrendt, Geschäftsführer von Behrendt Wohnungsbau, hält sich bedeckt: „Wir werden uns zu diesem Zeitpunkt dazu nicht äußern.“ Damit ist auch unklar, wie viele Wohnungen in Flottbek geplant sind. Für Immobilienexperten steht fest: „Groß Flottbek ist ein ruhiges, grünes Wohngebiet mit einer ausgeprägten Einfamilienhausbebauung und damit insbesondere bei Familien ein sehr begehrter Stadtteil“, sagt Frank Stolz, Leiter Neubau beim Immobiliendienstleister Grossmann & Berger. Stolz hält Quadratmeterpreise von bis zu 5000 Euro pro Quadratmeter für realistisch.

Lüthje hat auch schon einen ehrgeizigen Zeitplan für den Neubau an der Moorweidenstraße. Der erste Spatenstich soll noch in diesem Jahr erfolgen. Fertigstellung: bis 2016. Der Bauantrag muss beim Bezirksamt Eimsbüttel eingereicht werden: „Wir sind über das Bauvorhaben informiert und halten dieses für grundsätzlich genehmigungsfähig, da der Parkplatz als universitäre Erweiterungsfläche vorgesehen ist“, sagte Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD). Früher wollte bereits das Ehepaar Hannelore und Helmut Greve an dieser Stelle ein Gebäude errichten und dieses der Universität schenken. Die Pläne scheiterten, es gab Differenzen mit dem benachbarten Logenhaus.

Das neue Projekt sei mit den benachbarten Freimaurerlogen abgestimmt, sagte Lüthje. Der Politik und der Öffentlichkeit hatte Stiftungs-Präsident Lüthje das Projekt bereits im Dezember im Kerngebietsausschuss der Bezirksversammlung Eimsbüttel vorgestellt. CDU-Vize-Fraktionschef Michael Westenberger kritisiert: „Die Stiftung spielt hier nicht mit offenen Karten. Weder die Bezirkspolitik noch die Nachbarn wurden transparent über das Bauvorhaben informiert. Es wurde auch nicht kommuniziert, wer das Gebäude bauen und finanzieren soll“, sagt Westenberger. Und Dieter Uentzelmann von der Bürgerinitiative Schlüterstraße sagt: „Wir haben erst auf Nachfrage Details zu den Plänen erhalten. Wir hätten uns vonseiten der Universität mehr Transparenz gewünscht.“