Der ehemalige Schwimmstar Sandra Völker musste Privatinsolvenz anmelden und versteigert nun sogar ihre Olympia-Medaillen. „So ist es nun mal“, sagt die 39-Jährige.

Hamburg/Lübeck. Ihr Name steht für sportliche Höchstleistungen, sie war eine Ausnahme-Athletin, heute gilt sie als Schwimmer-Legende. Sandra Völker hat mehr als 60 Medaillen gewonnen und Dutzende Rekorde gebrochen. Doch nach ihrer Sportkarriere lief es nicht mehr so gut: Die 39-Jährige ist pleite, rutschte 2013 in Hartz IV und leistete im gleichen Jahr einen Offenbarungseid. Wie das Abendblatt erfuhr, hat Völker praktisch nichts mehr, was sich zu Geld machen ließe – außer ihren Medaillen. Und die sollen schon bald versteigert werden.

Wenn es nach Sandra Völker geht, würde sie ihr Silber gern in Gold verwandeln, und zwar buchstäblich. Von Mai an versteigert das Hamburger Online-Auktionshaus b.i.s. unter anderem ihre Silbermedaille, die sie über 100 Meter Freistil bei den Olympischen Sommerspielen in Atlanta gewonnen hatte, und ihre zwei olympischen Bronze-Medaillen im Internet. Die mehrfache Schwimmweltmeisterin, 45-malige Deutsche Meisterin und Olympia-Zweite braucht das Geld dringend, um die Schulden bei ihren Gläubigern abzustottern. Gegenüber dem Abendblatt spricht Völker von „100.000 Euro“.

Bereits im August 2013 hat Sandra Völker, die in den 90er-Jahren in Hamburg lebte, einen Antrag auf ein „Regelinsolvenzverfahren“ gestellt, das im November vom Amtsgericht Lübeck (AZ: 53b IN 215/13) eröffnet worden ist. Als Insolvenzverwalterin hat das Gericht die Hamburger Rechtsanwältin Verena Vogt eingesetzt. Sechs Jahre lang muss sich Völker nun an die Spielregeln des Verfahrens halten, danach wäre sie schuldenfrei. In der ersten Phase der Insolvenz hat sie ihr gesamtes Vermögen zur Verwertung durch die Gläubiger bereits offengelegt. In der anschließenden sogenannten Wohlverhaltensphase muss Völker ihr pfändbares Einkommen abgeben und ist angehalten, so viel Geld wie möglich zu verdienen. Aktuell arbeitet die 39-Jährige als Büroangestellte bei Regenbogenkreis, einem Lübecker Online-Shop für vegane Produkte und Urwaldkräuter. „Natürlich kann das Insolvenzverfahren vor Ablauf der sechs Jahre beendet werden, wenn alle Schulden früher getilgt sind“, sagt Verena Vogt dem Abendblatt.

Gemeinsam mit Vogt hat die Ex-Profisportlerin eine Liste mit den Sachen zusammengestellt, die sie versteigern will. Allein die Sieger- und Teilnehmermedaillen füllen „zwei bis drei Kartons“, sagt Vogt. Außerdem geht es um Völkers Olympia-Sieger- und Rekordurkunden, mehrere von ihr signierte Schwimmanzüge und Badekappen, Kleidungsstücke und einen „extravaganten Kleiderschrank“.

Dass sie sich von ihrem Edelmetall trennen muss, belaste sie nicht sonderlich, sagt Völker. „So ist die Situation nun mal.“ Der Vorschlag sei schließlich von ihr selbst gekommen. „Klar sind die Medaillen für mich etwas Besonderes, aber selbst wenn sie weg sind – die Erfahrungen, Erfolge und Erinnerungen kann mir niemand nehmen“, sagt sie. „Und wenn die Medaillen ein Mensch ersteigert, für den sie wirklich etwas Besonderes sind, gebe ich sie gern her.“ Im Übrigen hoffe sie auf einen „tollen Versteigerungserlös“.

Finanznot nach dem Karriereende

Völker hat ihre aktive Laufbahn 2006 beendet. Bis dahin soll sie rund 1,5 Millionen Euro verdient haben. Einen fatalen Fehlgriff tätigte sie vor 13 Jahren, damals hatte sie sich beim Kauf einer Eigentumswohnung in Winterhude finanziell überhoben. Nachdem ihr Hauptsponsor abgesprungen sei, habe sie die Kredite nicht mehr bedienen können, sagt sie. Weitere 50.000 Euro habe sie in einen dubiosen Filmfonds investiert. Als dann auch noch die lukrativen Werbeverträge ausblieben, war Völker nach Abendblatt-Informationen trotzdem nicht in der Lage, ihren eher luxuriösen Lebensstil den geänderten Bedingungen anzupassen. Folge: Die Verbindlichkeiten, darunter auch Steuerschulden, türmten sich immer weiter auf. „Eins kam zum anderen. Mangelnde Lebensplanung, eine persönliche Krise mit Depressionen, eine Stiftung für asthmakranke Kinder, die ich sehr wollte, aber mit der ich mich einfach übernommen habe. Schwimmseminare, von denen ich eigentlich später leben wollte und in die ich erst mal investieren musste. Und, aber das soll keine Entschuldigung sein, aber es stimmt: Ich hatte Pech“, sagte Völker dem „Stern“.

Mit ihrer siebenjährigen Tochter, die aus der Beziehung mit Handball-Manager Sascha Schlichte hervorging, lebt die 39-Jährige in einer Wohnung in Lübeck. Völker war eine der erfolgreichsten deutschen Schwimmerinnen der vergangenen 20 Jahre. Neben den Erfolgen, die sie bei den olympischen Spielen feierte, wurde sie viermal Weltmeisterin und holte den Weltrekord über 50 Meter Rücken. Nachdem bei ihr im Sommer 2000 Asthma diagnostiziert wurde, gründete sie die Sandra Völker Stiftung, in deren Fokus die Behandlung asthmakranker Kinder steht.

Wann Interessenten auf die Medaillen bieten können, ist noch unklar. „Auf den Tag genau können wir das noch nicht sagen, aber sicher ist, dass die Versteigerung im Mai stattfindet“, sagt eine Sprecherin des Auktionators.