Aber Absage an offene Grenzen. Auftritt des Bürgermeisters im Thalia Theater von Lampedusa-Gruppe behindert. In seiner Rede machte Scholz klar, dass für ihn die Anpassungsbereitschaft von Flüchtlingen entscheidend sei.

Hamburg. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat sich in einer Grundsatzrede im Hamburger Thalia Theater dafür ausgesprochen, dass gut integrierte Flüchtlinge in Deutschland bleiben dürfen. „Wer einen Schulabschluss macht, soll damit auch einen sicheren Aufenthaltsstatus erwerben können“, sagte Scholz vor dem mit rund 900 Zuschauern fast ausverkauften Haus. „Gelungene Integration sollte – unabhängig vom Ausgang des Asylverfahrens – einen sicheren Aufenthalt in Deutschland ermöglichen.“

Vor der Rede hatten Demonstranten aus dem Unterstützerkreis der Lampedusa-Flüchtlinge die Vorfahrt des Bürgermeisters massiv behindert. Die Protestgruppe blockierte Haupt- und Nebeneingang des Theaters, sodass Scholz zunächst nicht aus seinem Auto aussteigen konnte. Unter Polizeischutz sowie Gerangel der Demonstranten verschaffte sich Scholz doch noch Zutritt. Die Veranstaltung begann mit 30 Minuten Verspätung.

In seiner Rede ging Scholz auf das Schicksal der Lampedusa-Flüchtlinge nicht direkt ein. Er machte klar, dass für ihn das persönliche Verhalten und die Anpassungsbereitschaft von Flüchtlingen der Schlüssel für ein Bleiberecht seien, unabhängig davon, ob die Einreise legal oder illegal war. „Wer also eine existenzsichernde Arbeit hat, die Schule oder eine Ausbildung erfolgreich beendet, sollte davon profitieren“, sagte der Bürgermeister. Gleichzeitig aber sprach sich Scholz klar gegen eine „bedingungslose Öffnung der Grenzen für alle“ aus. Er warnte, dass Deutschland sonst kein Sozialstaat mehr sein und Europa keiner werden könne – „weil der Sozialstaat nicht grenzenlos jedermann unterstützen kann, und schon gar nicht auf dem heutigen Niveau“.

Alle EU-Staaten hätten eine gemeinsame Verantwortung, eine Antwort auf die Flüchtlingsströme zu finden, sagte der Bürgermeister. Er unterstützte die Idee eines Quotenmodells, nach dem jeder EU-Staat je nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft eine bestimmte Anzahl von Flüchtlingen aufnimmt. Dieses Modell stünde im Gegensatz zur bisherigen Praxis, wonach die Flüchtlinge in jenem Land verbleiben, in dem sie zuerst Boden der EU betreten haben. Nach dem Quotenmodell müsste Deutschland in etwa so viele Flüchtlinge aufnehmen, wie es derzeit der Fall ist – rund 16 Prozent aller nach Europa flüchtenden Menschen. „Etwa 20 Länder, darunter Großbritannien und Italien, müssten mehr Flüchtlinge aufnehmen“, mahnte Scholz.