Eine Glosse von Friederike Ullrich

Der Strandbummel am Blankeneser Elbufer führt vorbei an schnuckeligen Fischer- und Lotsenhäusern und mondänen Villen. Auch das idyllische Strohdachhaus am Falkensteiner Ufer liegt so privilegiert, dass man sofort einziehen möchte. Allerdings nicht im Frühjahr. Denn da steht es regelmäßig mitten im Froschregen. So nennen es die Naturschützer, wenn Amphibien zwar nicht vom Himmel plumpsen, sondern invasionsweise zu ihren Laichplätzen und zurückwandern. Der von dichten Hecken umgebene Garten des Strohdachhauses trennt die Blankeneser Erdkröten nämlich von ihrem Lieblingslaichplatz, dem ehemaligen Rückhaltebecken der Wasserwerke auf der anderen Straßenseite, direkt an der Elbe. Wenn die Babykröten geschlüpft sind, geht der Froschregen erst richtig los: Dann hüpfen die Kleinen wieder zurück – über die Straße und durch den Garten.

Doch der Krötenzaun, der dort gerade von Naturschützern angelegt wurde, dient mitnichten dazu, die Hausbewohner vor den Kröten zu schützen. Er schützt die Kröten, die an der Barriere entlangirren, in die im Boden versenkten Eimer fallen und darin über die Straße zum Laichplatz getragen werden. Denn die wirklichen Feinde sind die Autos: Auf der übersichtlichen Fahrbahn lauern die Krötenmännchen den Weibchen auf, um sich von ihnen huckepack zum Laichgewässer tragen zu lassen. Im Garten selber sind die Kröten willkommen. Denn das Strohdachhaus gehört dem Naturschutzbund – dessen Mitglieder wahrscheinlich die einzigen Menschen sind, die es nicht stört, wenn ihnen beim Kaffeetrinken auf der Terrasse dauernd Kröten über die Füße hüpfen.