Der Verein IG Reiherstieg will Impulse von Gartenschau und IBA nutzen, um das Reiherstiegviertel in Wilhelmsburg weiter aufzuwerten. Dafür sollen die Geschäfte besser gemischt werden.

Wilhelmsburg. Peter Flecke ist seit vier Jahrzehnten Geschäftsmann im Reiherstiegviertel, Ludwig Greven seit anderthalb Jahren. Ihr gemeinsames Ziel: Die neuen Vorsitzenden des Vereins IG Reiherstieg wollen das Quartier attraktiver machen. „Bauausstellung und Gartenschau haben wichtige Impulse für die Entwicklung von Wilhelmsburg gegeben; die müssen wir jetzt fortsetzen“, sagt Ludwig Greven.

Doch das ist gar nicht so einfach. „Wir möchten uns als Einkaufsviertel präsentieren, aber der Mix der Geschäfte müsste abwechslungsreicher sein“, sagt Peter Flecke. Der 72-Jährige hatte früher ein Speiselokal und betreibt seit 25 Jahren den Baguetteladen an der Veringstraße. Er hat den Abstieg des Stadtteils vom beliebten Arbeiterquartier zur „Bronx von Hamburg“, wie manche sagen, miterlebt. Es geht wieder aufwärts: Dazu hat Flecke beigetragen – mit seinem Engagement in mehreren Wilhelmsburger Gremien und mit der IG Reiherstieg, die er vor zehn Jahren mit anderen Geschäftsleuten gegründet hat.

Viele Geschäfte von damals wurden geschlossen, es eröffneten Spielhallen, Dönerläden und Friseure. Durch IBA und igs kamen kleine individuelle Läden dazu: „Die bessere Hälfte“ (belegte Brötchen), der Plattenladen (Crêpes), die Boutique Wilhelmine oder das Café Mittenmang, das Journalist Ludwig Grewen mit seinem Sohn Felix betreibt. Doch für den Fischhändler, den Bäcker oder den Drogeriemarkt, die alle im vergangenen Jahr geschlossen haben, gab es keinen Ersatz. Derzeit engagiert sich die Interessengemeinschaft dafür, wenigstens die Post zu erhalten, die im März schließen soll.

„Wir brauchen jetzt das Engagement der Stadt, damit sich das Viertel weiterentwickeln kann“, sagen Peter Flecke und Ludwig Grewen. Sie wünschen sich einen runden Tisch zur Belebung des Einzelhandelsangebots im Reiherstiegviertel. Ähnliches hatte Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) für die Lange Reihe ins Leben gerufen. Dort hatten sich die Grundeigentümer mit einem „Letter of Intend“ dazu verpflichtet, für einen abwechslungsreichen Gewerbemix zu sorgen. Das städtische Wohnungsunternehmen Saga, das ebenfalls unterzeichnet hatte, hat auch Gewerbeflächen im Reiherstiegviertel. Auch hier vermietet die Saga nicht an jeden. „Wir achten bei Neuvermietungen auf einen Mix, der im Sinne der Nachbarn ist“, sagt Sprecher Michael Ahrens. Da kann ein Laden auch schon mal Monate lang leer stehen; im Reiherstiegviertel sind es gleich mehrere.

Früher kamen die Leute sogar aus Kirchdorf zum Einkaufen ins Viertel, heute ist die Kaufkraft hier eher schwach. Daher wünschen sich die Vereinsvorsitzenden, dass nicht nur Sozialwohnungen im Reiherstiegviertel gebaut werden. Ludwig Grewen hat schon Wohnungsgesuche an Laternenpfählen kleben sehen. Was andere als erstes Anzeichen von Gentrifizierung sehen, betrachtet er als willkommenes Interesse an dem Viertel als Wohnort. „Gentrifizierung ist ja nicht per se böse“, sagt er. „Man kann sie nicht stoppen. Aber man kann sie begleiten und gestalten.“

Etwa, indem vonseiten der Stadt für Sauberkeit im Viertel und eine gute Verkehrsführung gesorgt werde, aber eben auch für einen abwechslungsreichen Mix von Einzelhandel und Gastronomie.