Die CDU-Bürgerschaftsfraktion kritisiert Umgang des Innensenators mit den Attacken auf Polizisten und stellt Forderungskatalog für Beamte vor

Hamburg. Die CDU-Fraktion hat nach den Ausschreitungen gegen Polizisten einen Forderungskatalog vorgelegt und dabei den SPD-geführten Senat scharf kritisiert. „In der Hamburger Polizei ist manches nicht in Ordnung“, sagte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich. Es müsse überprüft werden, ob die Beamten die notwendigen Rahmenbedingungen für ihre Arbeit hätten. „Die Eskalation der Gewalt hat sich auf dem Boden der Verharmlosung des Linksextremismus entwickelt“, so Wersich. Daran seien der Senat und vor allem Innensenator Michael Neumann (SPD) „nicht unschuldig“.

Neumann agiere zwischen „Kraftmeierei und Hilflosigkeit“, so Wersich

Wersich warf Neumann vor, zwischen „Kraftmeierei und Hilflosigkeit“ zu schwanken. „Neumann hat die Führung der Innenbehörde nicht im Griff.“ Als Beispiel nannte der Oppositionsführer das Verhalten in der Flüchtlingsfrage. „Da hat die SPD anfangs während der Bundestagswahl aus parteitaktischen Gründen nicht gehandelt.“ Und als sich das Unglück vor der Mittelmeerinsel Lampedusa ereignet hatte, habe Neumann die Polizei losgeschickt, um die Personalien der Hamburger Flüchtlingsgruppe festzustellen. „Das war unsensibel.“ Übel nahm Wersich auch, dass Neumann bei der Demonstration am 21. Dezember im HSV-Stadion war und nicht bei seinen Leuten, die auf der Straße gekämpft hätten. Zwar hatte Neumann einen dienstlichen Termin und verließ das Stadion in dem Moment, als die Lage im Schanzenviertel eskalierte. Aber dennoch wirft Wersich ihm vor, lieber als Sport- denn als Innensenator zu agieren.

Hauptkritikpunkt der CDU ist der Umgang der Innenbehörde mit der Einführung des Gefahrengebietes. Im Abendblatt-Interview am Wochenende hatte Neumann das Gefahrengebiet mit Alkohol- und Geschwindigkeitskontrollen bei Autofahrern verglichen. Auch diese Kontrollen würden durchgeführt, ohne dass es einen Anlass gebe und es deshalb Aufregung gebe. „Diese Aussage zeugt von einer hohen Unsensibilität“, kritisiert Wersich.

Gefahrengebiete seien ein schwerer Eingriff in die Freiheitsrechte, „für die es gute Gründe geben kann“. Aber ein Vergleich zu Alkoholkontrollen zeuge von einem mangelndem Gespür für die Schwere der Maßnahme. „Außerdem trägt das zur Verschärfung bei. Neumann gießt Öl ins Feuer.“ Wersich warnte davor, dass sich in Hamburg die Anziehungskraft für linksextreme Gewalttäter erhöhe.

Kai Voet van Vormizeele, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, monierte, dass bislang nicht bekannt sei, wer an der Entscheidung über die Errichtung des Gefahrengebietes beteiligt war. „Darüber gibt es zutiefst widersprüchliche Aussagen.“ Neumann selbst hatte im Abendblatt-Interview gesagt, dass die Polizei die Entscheidung getroffen habe, er anschließend informiert worden sei, und diese Entscheidung politisch unterstütze. „Neumann tut so, als wäre die Einrichtung dieser Maßnahme lediglich ein Verwaltungsakt“, sagt Voet van Vormizeele. Aus seiner Sicht sei es unvorstellbar, dass eine derart schwerwiegende Entscheidung ohne eine enge Abstimmung zwischen Innenbehörde und Polizei falle.

Die politische Führung der Polizei agiere nicht gemeinsam

Bedenklich sei weiter, dass Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch bei der Entscheidung für das Gefahrengebiet dienstfrei hatte. Laut Neumann sei Kopitzsch informiert gewesen, der Vizepräsident habe die Maßnahme aber in der Behörde vorgestellt. Für den CDU-Innenpolitiker ist das aber ein Zeichen für einen Bruch zwischen Polizeipräsident und Innensenator. „Die politische Führung der Polizei agiert nicht gemeinsam“, konstatiert Voet van Vormizeele. Er gehe davon aus, dass Kopitzsch, der in den kommenden Tagen 65 Jahre alt wird, wohl zügig in den Ruhestand gehen werde.

Die beiden CDU-Politiker machten klar, dass die Solidarität und der Zuspruch, welche der Polizei nach den Übergriffen zuteil wurden, sich nicht allein in Gesten seitens der Innenbehörde erschöpfen dürfe. Sie stellten deshalb einen Forderungskatalog mit 14konkreten Punkten vor.

So solle etwa geprüft werden, ob und welche weiteren „Einsatzmittel“ geeignet sind, Gewalttäter auf Distanz zu halten. Voet van Vormizeele sagte in diesem Zusammenhang aber, dass er Gummigeschosse ausdrücklich ablehne. Diese Forderung hatten bereits Vertreter der Deutschen Polizeigewerkschaft erhoben. „Es kommt darauf an, passive Mittel zu finden, um eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern.“

Es müsse auch untersucht werden, wie Wachen besser geschützt werden können, etwa mit bruchfesten Fenstern und Videoüberwachung. So gibt es etwa von der Attacke auf die Davidwache kein Filmmaterial. Voet van Vormizeele forderte weiter, dass die Polizei alle frei werdenden Stellen ohne Verzögerung nachbesetzen solle. Die psychologische Betreuung von Polizisten nach belastenden Einsätzen sei nur unzureichend gesichert. Lediglich zwei Mitarbeiter stünden bei der Polizei für derartige Aufgaben zur Verfügung.

Als besonders gravierend empfand der Innenexperte die Situation bei den Polizeibeamten auf Probe. Würden diese bei Einsätzen verletzt und anschließend dienstuntauglich, seien sie nicht abgesichert. „Diese Mitarbeiter müssen künftig sozial angemessen versorgt werden.“