Joachim Lenders von der Deutschen Polizeigewerkschaft fordert vom Senat einen Neun-Punkte-Plan und will auch über Elektroschockwaffen reden.

Hamburg. Ein Aussteigerprogramm für Linksextremisten, mehr Personal bei Polizei und Justiz, bessere Ausrüstung, aber auch Verbesserungen, die sich für die Beamten auf dem Gehaltszettel und bei Beförderungen bemerkbar machen: Das sind die Kernpunkte eines Forderungskataloges, den die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) jetzt an den Senat richtet.

„Der neun Punkte umfassende Aktionsplan soll die Grundlage für die Gespräche mit dem Bürgermeister bilden, die er anlässlich der Mahnwache am Neujahrstag vor dem Hamburger Rathaus angeboten hat“, sagt DPolG-Chef Joachim Lenders. „Die neun Punkte fassen für uns die drängendsten Probleme zum Thema Innere Sicherheit in dieser Stadt zusammen.“ Die Gewerkschaft nutzt die derzeitige Situation auch, um beispielsweise eine Verbesserung der Freien Heilfürsorge oder mehr Beförderungen einzufordern.

„Das steht natürlich auf der Agenda einer Gewerkschaft“, sagt Lenders. „Am Ende tragen soziale Leistungen des Dienstherren aber auch zu einer höheren Berufszufriedenheit und Motivation bei – gerade in schwierigen Phasen.“

Einige der Forderungen können aber weder Gewerkschaft noch Politik direkt beeinflussen. Gleich an erster Stelle fordert Lenders eine „nachhaltige Ächtung“ von Gewalt gegen Polizeibeamte von allen „verantwortungsbewussten gesellschaftlichen Gruppen“.

„Dazu ist es aus unserer Sicht erforderlich, einen Präventionsrat zu bilden“, sagt Lenders. Zudem fordert er die Justiz auf, gewaltorientierte Täter härter zu bestrafen. „Wir wollen nicht die Unabhängigkeit der Richter infrage stellen und sind auch nicht für neue Gesetze oder für die Verschärfung der bestehenden“, sagt Lenders. „Es geht um die konsequente Ausschöpfung des Strafrahmens.“ Die Verurteilung müsse zudem möglichst zeitnah erfolgen. Lenders: „Aus diesem Grunde ist es aus unserer Sicht zwingend notwendig, Staatsanwaltschaft und Gerichte mit ausreichend Personal auszustatten.“

Bei der Ausstattung der Polizisten bestehe angesichts der gezielten Angriffe auf Beamte auch außerhalb von Demonstrationen dringender Handlungsbedarf. „Die Polizei muss mit allen technisch zur Verfügung stehenden Mittlen ausgerüstet werden, um die Gefahr für Leib und Leben zu minimieren. In letzter Konsequenz – darüber muss man sich klar sein – müssen Polizisten die Schusswaffe einsetzen. Die Hemmschwelle ist bei den Polizisten enorm hoch, was grundsätzlich auch richtig ist. Von daher regen wir eine Diskussion über Einsatzmittel an, die deutlich unterhalb des Einsatzes von Schusswaffen liegen, als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt.“ Deshalb fordert Lenders eine Diskussion um die Einführung von Tasern – Elektroschockwaffen, die einen Angreifer auf Distanz ausschalten.

„Ob jeder Beamte einen Taser am Gürtel als persönliche Ausrüstung trägt, oder ob solche Geräte auf dem Streifenwagen mitgeführt werden, sollten am Ende die Beamten in der Praxis entscheiden“, sagt Lenders. „Es ist aber ein adäquates Einsatzmittel, das eine gefährliche Lücke in der Eigensicherung schließt.“

Am Ende geht es auch um Geld. „Die ursprünglich vorgesehenen Finanzmittel von jährlich durchschnittlich 3,8 Millionen Euro im gestoppten Laufbahnverlaufsmodell, die eingespart wurden, müssen für ein zukunftsfähiges, sozial ausgewogenes und transparentes Beförderungsmodell investiert werden“, sagt der Polizeigewerkschafter. „In einem ersten Schritt müssen ab sofort alle freiwerdenden Beförderungsstellen vollständig und unverzüglich ausgeschrieben und besetzt werden.“

Der Schichtdienst, der vorwiegend von den Streifenwagenbesatzungen der Wachen und der Bereitschaftspolizei geleistet wird, müsse aufgewertet werden. „Dazu sind eine Erhöhung der Zahlung ‚Dienst zu ungünstigen Zeiten’ und eine Erhöhung der Wechselschichtdienstzulage geboten“, sagt Joachim Lenders. Gleichzeitig müssten Mehrbelastungen des Vollzugsdienstes gestoppt werden. „Es geht um die Belastungen, die im Rahmen der Neuorganisation ProMod, beabsichtigt sind“, sagt Lenders. „Dazu gehören beispielsweise die Verlagerung der Aufgaben des Erkennungsdienstes oder des Gefangenentransportkommandos in Richtung Polizeiwachen. Solche Pläne müssen unverzüglich gestoppt werden.“

Lenders erwartet richtungsweisende Entscheidungen schon in den kommenden Wochen. Während der Mahnwache vor dem Hamburger Rathaus am Neujahrstag hatte Bürgermeister Olaf Scholz direkt mit den Landesvorsitzenden der Polizeigewerkschaften gesprochen. „Er hat dabei direkte Gespräche noch im Januar zugesagt“, sagt Joachim Lenders. „Wir gehen davon aus, dass Olaf Scholz das Thema zur Chefsache macht und den Worten Taten folgen lässt.“