Branche erwartet in Metropolregion Hamburg Anstieg der Stellen um 40 Prozent bis 2015. Hamburgs Wirtschaftssenator: „Hamburg ist die Metropole für erneuerbare Energien in Norddeutschland – mit weiter steigender Tendenz.“

Hamburg. Vor dem Hintergrund der Regierungsbildung in Berlin präsentiert sich die Metropolregion Hamburg als Vorreiter der deutschen Energiewende. Eine künftige Große Koalition aus Union und SPD im Bund will bis zum Sommer 2014 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) reformieren. Der Koalitionsvertrag muss noch von den Mitgliedern der SPD bestätigt werden. Der Norden macht unterdessen deutlich, dass die Energieerzeugung aus Wind-, Sonnenkraft und Biomasse und der Ausbau von Speichermedien und modernen Stromnetzen vorangetrieben werden soll. „Hamburg ist die Metropole für erneuerbare Energien in Norddeutschland – mit weiter steigender Tendenz“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) am Mittwoch in Hamburg. „Ohne den Norden wird die Energiewende in Deutschland nicht gelingen.“

Horch präsentierte gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft eine Zwischenbilanz des Clusters Erneuerbare Energien Hamburg (EEHH), das vor drei Jahren gegründet worden war. Die Hansestadt konzentriert die Entwicklung und Kommunikation strategisch wichtiger Branchen in sogenannten Clustern, Interessenverbünden für einzelne Wirtschaftszweige. Deren Ziel ist es, Unternehmen, Politik und die Forschung der städtischen Hochschulen zu bestimmten Themen eng miteinander zu vernetzen. Das jüngste dieser Cluster bildet in Hamburg die Branche der erneuerbaren Energien. „Die Metropolregion Hamburg ist innerhalb kürzester Zeit zu einem der wichtigsten europäischen Zentren der erneuerbaren Energien geworden“, sagte Michael Westhagemann, Leiter der Siemens Region Nord mit Sitz in Hamburg und Vorstandsvorsitzender des Fördervereins EEHH. „Wenn wir den Klimawandel ernst nehmen, müssen wir die Technologien der erneuerbaren Energien entsprechend fördern. Norddeutschland hat die einmalige Chance, einen neuen industriellen Sektor zu entwickeln.“

Die Branche schaut gespannt auf die künftige Förderung des Bundes

Nach Angaben von EEHH-Geschäftsführer Jan Rispens hat das Cluster erneuerbare Energien mittlerweile in der Metropolregion Hamburg 185 Mitgliedsunternehmen, 57 waren es im Herbst 2010. Rund 1500 Unternehmen in Hamburg und in der Metropolregion beschäftigen derzeit etwa 25.000 Menschen beim Ausbau der erneuerbaren Energien, davon 15.000 in Hamburg. Zwischen 2008 und 2012 sei in der Hansestadt die Zahl dieser Arbeitsplätze um 5000 gewachsen. Insgesamt rechnet die Branche für die Metropolregion bis 2015 mit einer Zunahme der Arbeitsplätze bei den erneuerbaren Energien um etwa 40 Prozent, also 10.000 Jobs.

Viel hängt davon ab, wie die künftige Regierung die Förderung der erneuerbaren Energien im Detail neu gestalten wird. Für den Norden sind vor allem der Ausbau der Windkraft an Land und in Offshore-Windparks auf der Nord- und Ostsee von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Laut Koalitionsvertrag sollen die Förderbedingungen für die Offshore-Industrie über die bisher geltende Frist des Jahres 2017 hinaus fortgeführt werden. Vattenfall mit Sitz in Hamburg baut derzeit vor Sylt den Offshore-Windpark Dan Tysk mit einem Investitionsvolumen von mehr als einer Milliarde Euro. Das dänische Unternehmen Dong, dessen Deutschlandzentrale ebenfalls in Hamburg sitzt, gab kürzlich den Start des Doppelprojekts „Godewind 1“ und „Godewind 2“ bekannt. Mit einer Gesamtinvestition von 2,2 Milliarden Euro soll gut 33 Kilometer nördlich von Norderney der einstweilen größte deutsche Offshore-Windpark entstehen. „Es gibt keinen anderen Ort in Deutschland, an dem man sich so intensiv wie in Hamburg mit der Energiewende beschäftigt“, sagte Vattenfall-Regionalchef Pieter Wasmuth.

Aber auch Schleswig-Holstein zählt zu den Vorreitern beim Ausbau vor allem der Windkraft in Deutschland. In Lübeck tagten am Mittwoch 350 Teilnehmer einer Fachkonferenz mit dem Titel „Was wird aus der Energiewende?“. Veranstalter war die Metropolregion Hamburg. Im Vordergrund stand die künftige Vernetzung von Energieangebot, Speicherung und Nachfrage. Der Verkehr war dabei ebenso Thema wie die Entwicklung von Gebäuden und mehr Energieeffizienz.

„Die Energiewende braucht den Gestaltungswillen der Politik und den Willen, über die Landesgrenze hinauszudenken“, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD). „Sie braucht die enge Zusammenarbeit zwischen den Ländern, wie Hamburg und Schleswig-Holstein sie schon lange verwirklichen und wie die Metropolregion Hamburg auch Teile von Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein in die Planung einbindet.“ Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) hob die Bedeutung der Regionen beim Neuaufbau der Energieversorgung hervor: „Angesichts der Schwierigkeiten bei der Energiewende auf Bundesebene muss die Zielrichtung sein: Energie aus der Region für die Region. Die Stadtwerke werden hier zu Motoren der Energiewende.“