Afrikaner aus St. Pauli Kirche nehmen Senatsangebot an. Andere Gruppe lehnt es ab

Hamburg. Im Streit um die Zukunft der sogenannten Lampedusa-Flüchtlinge in Hamburg gibt es eine überraschende Wendung. Die 80 Männer, die seit fünf Monaten in der St. Pauli Kirche untergekommen sind, erklärten am Dienstag, jetzt doch einen Aufenthaltsantrag stellen und ihre Identitäten offenlegen zu wollen. Nur Stunden zuvor hatte ein anderer Sprecher der Flüchtlinge dem Senat eine Absage erteilt und das angebotene Verfahren einer Duldung bis zur Klärung der jeweiligen Einzelfälle abgelehnt. Somit gibt es jetzt erstmals eine Spaltung unter den 300 über Lampedusa nach Hamburg geflohenen Afrikanern.

Die 80 Flüchtlinge aus der St. Pauli Kirche wollen sich zunächst bei ihren Anwälten und anschließend bei den Behörden melden, hieß es in einer Nachricht der Gemeinde. „Es geht um das Leben eines jeden Einzelnen von uns. Da kann nur jeder seine eigene Entscheidung fällen“, wird ein Sprecher zitiert. Der Kirchengemeinderat und die beiden Pastoren der St. Pauli Kirche begrüßten ausdrücklich das Angebot des Senats. „Wir raten den Flüchtlingen, sich darauf einzulassen“, sagt Pastor Sieghard Wilm. Jetzt sei es Zeit für zukunftsweisende Entscheidungen.

Die andere Gruppe will ihr Schicksal in einer Kommission mit Vertretern aller Beteiligten klären. „Wenn die Bereitschaft signalisiert werden würde, dass uns geholfen werden soll, dann sind wir jederzeit bereit, unsere Identität zu zeigen“, sagte Sprecher Anane Kofi Mark bei einer Pressekonferenz. Ziel bleibe ein Gruppen-Aufenthaltsrecht als politische Lösung. „Die Lampedusa-Gruppe in Hamburg ist der Beweis, dass die europäische Flüchtlingspolitik gescheitert ist“, hieß es.

Innensenator Michael Neumann (SPD) sagte am Abend im Innenausschuss der Bürgerschaft, dass er sich über die Entwicklung in der St. Pauli Kirche freue: „Ich bin froh, das will ich nicht verhehlen.“ Vor der Sitzung hatte er die Unterstützergruppen davor gewarnt, die Flüchtlinge für die Durchsetzung eigener politischer Ziele zu missbrauchen. „Rechtsstaatliche Grundsätze sind nicht verhandelbar, auch Kommissionen helfen da nicht weiter“, sagte der Senator. Der Senat lehnt ein pauschales Bleiberecht ab, verspricht aber ein „faires und transparentes Verfahren“. Jeder Fall werde einzeln geprüft. Bedingung sei, dass die Männer Namen und Fluchtgeschichten offenlegen.

Die Auseinandersetzung war zuletzt eskaliert, nachdem die Polizei die Flüchtlinge verstärkt kontrolliert hatte. Nach Vermittlungsgesprächen mit der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs wurden die Polizeikontrollen zunächst ausgesetzt. „Zu den Angeboten des Innensenators, die auch die Unterbringung in Hamburg und sogar die Chance auf eine Arbeitserlaubnis beinhalten, gibt es aus unserer Sicht in absehbarer Zeit keine bessere Alternative“, erklärte der stellvertretende Sprecher der Nordkirche, Mathias Benckert.

Unterdessen diskutiert die SPD intern die künftige Flüchtlingspolitik. In einem Antragsentwurf für den Landesparteitag am Freitag fordern Politiker bessere Perspektiven für Flüchtlinge. Asylsuchende müssten schneller als bisher das Recht erhalten, einen Job anzunehmen. Gleichzeitig stellten die Antragsteller sich hinter Senator Neumann und pochen in dem Papier weiter auf die Einzelfall-Prüfung. Für Dienstagabend waren erneut Demonstrationen angekündigt.