Eine Glosse von Alexander Schuller

Es wurde die eine oder andere Träne verdrückt, als das Ehepaar S. vor den Splittern seines 60 Jahre alten Melitta-Kaffeefilters aus weißem Porzellan stand, der dem Hausherrn beim Abwasch aufgrund einer tapsigen Ungeschicklichkeit aus der Hand geglitten und auf den Küchenfliesen zerschellt war. Es war ein Erbstück gewesen. Von Oma. Erstaunlicherweise zauberte Herr S. jedoch bereits zehn Minuten später einen nagelneuen Kaffeevollautomaten aus dem Kofferraum seines Autos, was bei seiner Ehefrau den Verdacht aufkeimen ließ, dass es sich bei dem vorausgegangenen Filtercrash um eine Absichtlichkeit gehandelt hatte. Danach war nichts mehr so wie früher.

Die folgenden vier Tage und Nächte verbrachte Herr S. im Schneidersitz auf dem Fußboden, vor sich den neuen Kaffeevollautomaten, auf den Knien die 230-seitige Gebrauchsanleitung, neben sich eine Gießkanne mit Frischwasser nebst einer Auswahl handelsüblicher Espressokaffees. „Am fünften Tag murmelte Helmut noch was von Feinjustierung und ausgewogenem Mischungsverhältnis“, erzählt Erika S., „dann fing er an zu zittern. Na ja, er hatte bis dahin etwa 450 Tassen Espresso, Ristretto, Cappuccino und Latte macchiato getrunken, bevor ihm die jeweilige Kaffeespezialität auch wirklich schmeckte!“ Dann hätten an dem Ding plötzlich zeitgleich alle Lämpchen aufgeblinkt: „‚Wasser nachfüllen!‘ ‚Filter wechseln!‘ ‚Entkalken!‘ ‚Abtropfschale voll!‘ ‚Kaffeesatz entleeren!‘ ‚Maschine reinigen!‘“ In diesem Moment, so Erika S., habe ihr Mann halluziniert. Er müsse aber voraussichtlich nur noch zehn Tage in der psychosomatischen Klinik bleiben.