Eltern der in Kita missbrauchten Mädchen und Jungen schildern Albträume und Aggressionen. Der Angeklagte: „Es tut mir leid“

Neustadt. Das kleine Mädchen leidet zutiefst. Die Albträume, aus denen die Vierjährige nachts hochschreckt, die Aggressionen, die Ängste, die sie durchstehen muss – das Leben von Anna (Name geändert) ist schwerst beeinträchtigt. Und mit ihr das ihrer Angehörigen. „Unsere Familie ist ziemlich zerstört“, sagt die Mutter der Vierjährigen im Prozess vor dem Landgericht. Zerstört durch den Erzieher der Tochter, der das Kind sexuell missbrauchte und es dadurch schwer traumatisierte. Stefan H. hat diese Tat und etliche weitere gestanden, bei denen der 30-Jährige sich immer wieder an kleinen Mädchen und Jungen verging, in der Kita, dort im sogenannten Gruselkeller, und an Anna auch bei sich zu Hause, wo er versprochen hatte, sich liebevoll und vertrauenswürdig um das Kind zu kümmern. Und ihm tatsächlich schweren Schaden zufügte.

„Männer kann sie nicht mehr ertragen“, schildert die Mutter der Vierjährigen weiter. „Sie schreit und rennt weg. Papa, Opa, da ist nichts mehr mit Kuscheln oder so“, sagt die Mutter mit belegter Stimme. Ihre Tochter sei auch aggressiv, mache Fotos von ihrem Intimbereich, „so wie Stefan es mir gezeigt hat“, sage die Kleine dann. Auch die Mutter verfolgen mittlerweile Albträume. „Ich träume, dass mein Kind aus der Wohnung geklaut wird, ich laufe überall rum und muss sie aus irgendwelchen Rucksäcken rausholen.“ „Ich kenne mein Kind nicht wieder“, erzählt eine andere Mutter, an deren neunjährigem Sohn sich Stefan H. ebenfalls verging. „Der Junge ist schwer traumatisiert, ängstlich und hat total den Halt verloren. Er hat ein Selbstbild, dass er schlecht und dumm sei.“ Ihr Sohn müsse seine „ganze Freizeit opfern, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen“, unter anderem mit Therapie, sei zudem aggressiv.

Auch eine weitere Mutter schildert, dass sich das „ganze Familienleben geändert“ habe. „Ich habe ein fröhliches Kind in den Kindergarten gebracht, jetzt ist es das Gegenteil.“ Der Angeklagte habe „nicht nur meinen Sohn gebrochen, sondern auch uns“, sagt die 37-Jährige erschüttert. Eine weitere Mutter berichtet von der Aggressivität, die ihr vierjähriger Sohn seit dem Missbrauch zeige. „Dabei war er früher nie gewalttätig.“ Sogar das Spiel ihres Jungen sei beeinträchtigt, schildert die 26-Jährige. „Es ist sehr auf seine Genitalien fixiert.“ Auch sonst habe sich sein Verhalten beim Spielen sehr geändert: „Dinosaurier greifen an, und der Retter ist nicht rechtzeitig da. Die Retter sind nie rechtzeitig da.“

Es scheint, als hätten diese Schilderungen bei Stefan H. etwas bewirkt. Er, der am ersten Verhandlungstag die Taten eher zögerlich gestanden hatte, wirkt nun wirklich erschüttert. Von seiner distanzierten Schutzhaltung, einem eher sachlichen, fast schon trotzigen Tonfall ist nichts mehr zur spüren. „Wenn ich höre, wie es Ihnen und Ihren Kindern geht, dann tut mir das wahnsinnig leid“, sagt der hochgewachsene, blasse Mann mit dem Zopf unter Tränen und wiederholt: „Es tut mir leid.“

Bereits am ersten Verhandlungstag am Montag hatten sich die Verfahrensbeteiligten auf einen sogenannten Deal geeinigt, der bei einem Geständnis eine Strafe zwischen vier Jahren und neun Monaten sowie fünfeinhalb Jahren vorsieht. Neben dem Missbrauch hatte Stefan H. auch etliche pornografische Bilder von den Kindern angefertigt. Der Staatsanwalt fordert nun eine Haftstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten, die Verteidigung beantragt eine Strafe nicht über fünf Jahre. „Die Kinder waren dem Angeklagten hilflos ausgeliefert“, und die Eltern hätten ihm vertraut, sagt der Ankläger. Es habe schwere Auswirkungen auf die Opfer gegeben, „die alle traumatisiert sind. Weitere Folgen für ihr Leben sind noch nicht abzuschätzen“. Am Mittwoch soll das Urteil verkündet werden.