Handelskammer und Verbände erwarten negative Auswirkungen nach der Abstimmung über die Rekommunalisierung der Energienetze. „Emotionen haben über die Vernunft gesiegt, die Energiewende wird faktisch aufgehalten statt sie zu beschleunigen.“

Hamburg. Mit Skepsis, Unverständnis und Sorge für die Zukunft hat die Hamburger Wirtschaft auf das Ergebnis des Volksentscheides zum Rückkauf der Energienetze reagiert.

„Emotionen haben über die Vernunft gesiegt, die Energiewende wird faktisch aufgehalten statt sie zu beschleunigen“, sagte Fritz Horst Melsheimer, Präses der Handelskammer. Die Stadt müsse nun ihre bestehende Beteiligung rückabwickeln, ein neues Unternehmen gründen, die Konzession ausschreiben, sich bewerben und dann auch noch, trotz zahlreicher anderer Bewerber, den Zuschlag erhalten.

„Was dies tatsächlich und auf der Zeitachse bedeutet, ist ungewiss“, sagte Melsheimer. Zudem seien die von den Energieversorgern zugesagten Investitionen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro jetzt fraglich. „Mit unseren Sachargumenten haben wir bei den Hamburgern in den letzten Monaten viel Boden gut gemacht und ein von den Befürwortern des Netze-Rückkaufs schon entschieden geglaubtes Rennen wieder offen gestaltet“, sagte Melsheimer. Ein Viertel der Hamburger habe im Vergleich zu den ersten Umfragen ihre Meinung geändert, insgesamt teile fast die Hälfte der Bevölkerung die Skepsis der Handelskammer. Melsheimer: „Es ist zwar nicht gut, dass eine derart wichtige und kostenwirksame Entscheidung so knapp ausgefallen ist. Aber wir sind gute Demokraten, akzeptieren das Ergebnis und haben uns vorgenommen, im Hinblick auf künftige Volksinitiativen daraus zu lernen.“

„Das ist kein guter Tag für die Zukunft unseres Standorts“, sagte Michael Westhagemann, Vorsitzender des Industrieverbands Hamburg (IVH) und Sprecher für das Aktionsbündnis gegen den Rückkauf aus 15 Kammern, Verbänden und Vereinen. Auf Hamburg werde nun eine lange und riskante Phase mit Planungsunsicherheit zukommen.

Er erwarte langwierige politische und juristische Verfahren und möglicherweise negative Auswirkungen auf das allgemeine Investitionsklima in der Stadt. „Diese Phase werden wir in unserer Verantwortung für Hamburg kritisch aber konstruktiv begleiten“, sagte Westhagemann.

Josef Katzer, Präsident der Handwerkskammer Hamburg, sagte: „Auch das Hamburger Handwerk sieht diese Entscheidung mit großer Sorge. Denn die Wirtschaft ist auf verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen. Nach dem Volksentscheid bleibt aber völlig unsicher, ob die Stadt Hamburg die anstehende Ausschreibung gewinnen und die Netze zurückkaufen kann.“

Jan Schmidt, Regionalvorsitzender von „Die jungen Unternehmer“ im Verband der Familienunternehmer zeigte sich ebenso besorgt: „Die Hamburger Familienunternehmer sind beunruhigt über das extrem hohe wirtschaftliche Risiko, das nun mit dem Kauf der Energienetze durch die Stadt einhergeht. Im Bündnis haben wir intensiv informiert und davor gewarnt, dass sich der Staat als Unternehmer in Hamburg schon zu häufig betätigt hat, mit fatalen Konsequenzen für die öffentlichen Kassen.“ Gleichzeitig betonte Schmidt: „Vor dem Hintergrund unseres Respekts vor der demokratischen Legitimierung stehen wir der Stadt bei der Umsetzung des Volksentscheids mit unternehmerischem Rat zur Seite.“

Andreas Wende, Sprecher für den Zentralen Immobilienausschuss (ZIA)Nord: „Die jetzt anstehenden Verhandlungen müssen dazu führen, dass es keine lange Hängepartie gibt und zukünftig ein diskriminierungsfreier und bezahlbarer Zugang zu den Netzen auch für dezentrale Energieversorgung gewährleistet wird.“

Der Wirtschaftsrat der Hamburger CDU wagte schon einmal einen weiten Blick nach vorne: „Leider wird die Zukunft nicht nur zeigen, dass die Argumente der Initiative falsch waren, sondern auch, dass das ein schlechtes Geschäft für den Hamburger Steuerzahler war.“