Eine Glosse von Rednaxela Relluhcs

Spätestens seit der Rechtschreibreform im Jahr 1996 gilt: Korrekte Rechtschreibung funktioniert aus dem Bauch heraus. Sie ist Gefühlssache, denn Rechtschreibregeln, das ahnte bereits Günther „Günni“ Duden (der weitgehend unbekannte Cousin zweiten Grades des Erfinders des gleichnamigen Nachschlagewerks), „seien doch bloß da, um gebrochen zu werden“. Überhaupt war es auch voll übel krass, zu versuchen eine Sprache zu reformieren, zu deren Erlernen man nach Ansicht von Mark Twain sowieso „30 Jahre benötigen würde“.

Nun gibt es natürlich einige Menschen, die das ganz anders sehen. Die eine ganz andere Meinung haben und für die ein „total korrekt Deutsch, weissu?“ ein Grad- oder heißt es Gratmesser? (ach, is’ doch egal) für’s tägliche Wohlbefinden darstellt. Die ebenso unerschrocken wie unermüdlich ihre Finger in offene Wunden legen. Und die SchreiberInnen auf diesem Planeten, öfter als wie es denen lieb sein kann, der falschen Rechtschreibung und Zeichensetzung überführen. Das nennt man aktive LeserInnen-Blatt-Bindung. Wir geben uns große Mühe, diese Bindung beizubehalten und zu intensivieren. Doch bereits vor einem Jahr hatte die Verlagsleitung ein neues, zeitgemäßes Qualitäts-Management für die Korrekturabteilung implementiert: Es sieht unter anderem das Korrekturlesen im Schein geweihter Kerzen vor, um den Druckfehlerteufel zu verschrecken.

Darüber hinaus sorgt ein pfiffiger interner Strafenkatalog für ein zu 99,99789 Prozent korrekt gedrucktes Produkt. So wird etwa das dreimalige Übersehen eines Tüddelchens (ganz gleich ob oben oder unten) mit zehnprozentigem Lohnabzug bestraft. Falsche Genitive werden mit fünf Linealschlägen auf die Fingerkuppen geahndet. Der Effekt: Nicht einmal zweieinhalb Wochen nach Einführung des neuen Rechtschreibungs-Qualitätsmanagements verstummten die Telefone und versiegten die E-Mail-Briefkästen – denn die Lieblingszeitung der HamburgerInnen war nun upsoluth fählerfrei! Leider versiegte damit jedoch auch die LeserInnen-Blatt-Bindung. Und jetzt wissen Sie, warum die Redaktion täglich 20 bis 30 Rechtschreibfehler absichtlich einbaut.