Für den Hamburger Spediteur Dierk Schulz gefährden die zahlreichen Baustellen im Norden die Wettbewerbsfähigkeit. Verein befürchtet Imageschaden für den Wirtschaftsstandort.

Hamburg. Dierk Schulz ist aufgebracht. Seit Wochen erlebt der Hamburger Spediteur, dass bei seinen Frachtsendungen Verspätungen drohen. Das bedeutet zusätzliche Nachtfahrten. Andernfalls müsste Schulz zum Telefon greifen und verärgerte Kunden besänftigen. „Unsere Lkw stehen jeden Arbeitstag etwa drei bis vier Stunden im Stau. Wenn das so weitergeht, verlieren wir wirklich den Wettbewerb gegen andere Hafenstädte wie Rotterdam.“

Schulz ist geschäftsführender Gesellschafter der internationalen Spedition Apex mit Sitz in Billstedt. 60 Mitarbeiter kümmern sich hier um die Verteilung von Gütern, die im Hafen ankommen, in die europäischen Nachbarländer. Dazu gehören regelmäßige Containerumfuhren vom Hafen auf die 20.000 Quadratmeter große Logistikfläche des Unternehmens. Früher schaffte ein Lkw etwa viereinhalb solcher Umfuhren am Tag. Heute sind es maximal drei, sagt Schulz. Den Rest der Zeit verbringen die Fahrer im Stau. „Das bindet Leute und Fahrzeuge und kostet zusätzlich Sprit“, sagt Schulz. Die Einbußen lägen zwischen 300 und 500 Euro Tag für Tag.

Fragt man Schulz nach den Gründen, zählt er sie mit den Fingern auf: „Das Überholverbot auf der Köhlbrandbrücke kostet Zeit. Sobald der Lkw die Brücke hinter sich hat, steht er an einer Baustelle in Waltershof. Auf dem Rückweg sind die Baustellen auf der Zweibrückenstraße und danach an der Spaldingstraße ein Problem. Den nächsten Stau gibt es wegen einer Verengung am Heidenkampsweg. Und hier auf dem Hof stehen die Fern-Lkw, weil ihre Fracht nicht ankommt.“ Aber die würden ansonsten ja auf der A 1 bei Stillhorn stehen, wo gerade eine neue Baustelle eingerichtet worden ist.

Die Container einfach im Hafen auf den Seeterminals stehen zu lassen, ist für Schulz auch keine Lösung: „Das kostet 180 Euro pro Tag. Die könnte ich doch nicht an meine Kunden weitergeben. Zudem würden irgendwann die Reedereien ungeduldig. „Die sind da gnadenlos.“ Also müssen die Lkw auch in der Nacht fahren. „Da kommen wir noch ganz gut durch. Allerdings kostet das wiederum Nachtzuschläge“, so Schulz. Er fordert den dringenden Bau der Hafenquerspange als Entlastung des Hafenverkehrs und eine bessere Koordinierung der Baustellen. „Warum muss in Stillhorn schon wieder gebaut werden? Das Streckenstück ist doch erst vor zwei Jahren gemacht worden.“

Imageschaden für Wirtschaftsstandort Hamburg

Kurt-Jürgen Schimmelpfeng kennt diese Forderungen. Als Geschäftsführer des Vereins Hamburger Spediteure (VHSp) vertritt er 330 Logistikunternehmen in der Hansestadt und unterstützt deren Forderung nach besserer Baustellenkoordinierung, insbesondere zwischen den Straßen des Bundes und der Stadt oder Länder. Zu häufig würde dabei der Wirtschaftsverkehr benachteiligt. Negativbeispiel ist für Schimmelpfeng die Rader Hochbrücke: „Die Umleitung dort darf doch nicht zur Lahmlegung des Wirtschaftsverkehrs führen“, kritisiert er. Außerdem müssten Baustellen künftig besser und eher angekündigt werden.

Andernfalls befürchtet Schimmelpfeng einen Imageschaden für den Wirtschaftsstandort. Den beklagen die Firmen des Groß- und Außenhandelsverbands AGA auch. Eine Blitzumfrage unter 1000 Mitgliedern ergab: 43 Prozent der Firmen sind durch die aktuellen Verkehrsbehinderungen betroffen. Die größten Probleme bereiten den Firmen die maroden Straßen (32 Prozent), die schlecht geplante Sanierung (28 Prozent) und die veralteten Schleusenanlagen (24 Prozent). Die Außenhandelsunternehmen fordern die Beschleunigung der Sanierungsarbeiten und eine neue Priorisierung der Maßnahmen. Als die wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen bezeichnen sie die Sanierung der A1 und A7 sowie deren Brücken, den Bau der Fehmarnbeltquerung, den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals, den Ausbau der A20 sowie die zügige Sanierung der Rader Hochbrücke.

„Das Ergebnis der Umfrage zeigt, dass die Investitionen in die Infrastruktur erhöht und beschleunigt werden müssen. Nur so kann eine leistungsfähige Infrastruktur erhalten und ein drohender Verkehrskollaps verhindert werden“, sagt AGA-Präsident Hans Fabian Kruse.