Ein Lokführer macht seinen Zug startklar, Frühschwimmer ziehen ihre Bahnen, Senatoren stimmen sich aufs Regieren ein, und das Gängeviertel schläft noch. Nichts wirklich Aufregendes, Alltag eben – und doch wird jeder dieser Augenblicke für alle Zeiten einmalig bleiben.

Polizeikommissariat 14, Caffamacherreihe: Im Wachraum des wahren Hamburger Großstadtreviers funkt Polizeioberkommissar Günter Maschke zwei Streifenwagen an. „Peter 14/1“ fährt zu einem Verkehrsunfall im Wallringtunnel, „Peter 14/2“ zum U-Bahnhof Meßberg, wo die Hochbahn einen Schwarzfahrer ohne Ausweis erwischt hat. Maschke ist seit 5.30 Uhr im Dienst. Die Hamburger Polizei hat in diesem Jahr schon rund 530.000 Vorgänge (Aktenzeichen) angelegt.

NDR Funkhaus: In Studio 2 des Hörfunk-Nachrichtenzentrums bereitet sich Sprecher Tarek Youzbachi auf die 9.15-Uhr-Nachrichten von NDR Info vor. Es wird seine siebte von elf Sendungen an diesem Tag sein. Er murmelt: „Der Deutsche Leichtathletikverband fordert...“ und unterkringelt Worte auf dem Blatt mit dem Nachrichtentext. Der NDR-Hörfunk sendet täglich 120-mal Nachrichten.

Kreißsaal Asklepios Klinik Barmbek: Bettina L. B. liegt auf der Seite, ihr Mann Georg streichelt liebevoll ihren Rücken. Vor vier Tagen wurde bei der Schwangeren die Geburt eingeleitet. „Ich bin mittlerweile elf Tage überfällig“, erzählt sie und wirkt dabei noch ziemlich entspannt, obwohl in wenigen Minuten ein Kaiserschnitt durchgeführt werden soll. „Es wird ein Mädchen.“ In den Kreißsälen der Asklepios Klinik kommen jährlich 2600 Kinder zur Welt.

Saga-Siedlung Duisburger Straße, Langenhorn: Vorarbeiter Norbert Sulzki und seine Kollegen Norbert Honschop und Walther Schröder haben alle Hände voll zu tun, die grünen Tonnen mit Biomüll zu leeren. Seit sechs Uhr tourt das eingespielte Trio der Stadtreinigung durch den Stadtteil; um 14.15 Uhr ist Feierabend. Pro Jahr werden in Hamburg rund 53.000 Tonnen Bioabfall eingesammelt.

Baustelle Kreuzung Grindelallee/Hallerstraße: Polier Ralf Olschewski steckt die Linie für den Unterbau des neuen Bordsteins an der Grindelallee ab. Per GPS findet er die exakten Messpunkte. Zehn Arbeiter sind hier an diesem Morgen an unterschiedlichen Stellen aktiv. Mit zwei Baggern setzen wenige Meter weiter nördlich Kollegen von Olschewski Straßenabläufe für das Regenwasser. Am 7. September will Olschewski fertig sein – früher als eigentlich geplant. Dann wurden in knapp viereinhalb Monaten gut 10.000 Quadratmeter Straße komplett neu gestaltet.

Dammtor-Bahnhof, Reisezentrum: Gisela Reinhold bittet den nächsten Kunden an ihren Schalter. Hier geht es – im Gegensatz zum Hauptbahnhof – seit Frühjahr wieder ohne Aufrufmarken. Einem Kunden, der einen Reisegutschein über zehn Euro für ein Ticket nach St. Peter-Ording einlösen will, kann sie nicht helfen, weil der Mindestfahrkartenwert von 39 Euro nicht erreicht wird. Täglich steigen an Hamburgs drittgrößtem Fernbahnhof 43.000 Reisende ein oder aus.

Feuerwache Berliner Tor: Rettungsassistent Jonas Viol bereitet einen der drei Rettungswagen auf den nächsten Einsatz vor. Seine Kollegen vom Löschzug sind gerade am Gerhart-Hauptmann-Platz unterwegs, wo bei Bauarbeiten eine Sprinkleranlage beschädigt wurde. Die Berufsfeuerwehr in Hamburg hat 2395 Beschäftigte und musste im Jahr 2012 zu 217.303 Rettungseinsätzen, 11.444 Brandeinsätzen sowie 19.711 Hilfeleistungen ausrücken.

Alter Elbtunnel: Dass Ralph Rosenthal gute Laune hat, ist kein Zufall. Er hat sie seit 5.30 Uhr und wird sie bis 13.30 Uhr haben. So lange arbeitet er am Autoaufzug im Alten Elbtunnel, und dass er seinen Job mag, ist fast schon eine Untertreibung. Um 9.12 Uhr kommt gerade kein Auto – der Berufsverkehr ist vorbei, die Touristen trudeln erst später ein. Und so genießt Rosenthal einen Blick auf das 102 Jahre alte Bauwerk: „Ist das nicht schön? So baut heute leider kein Mensch mehr…“ Recht hat er. Der Alte Elbtunnel wird jährlich von mehr als 120.000 Autofahrern, 100.000 Radfahrern und 750.000 Fußgängern genutzt.

Fitness-Center Kaifu-Lodge, Eimsbüttel: Sechs Frühsportler, geduscht und umgezogen, verlassen bereits die Anlage. Zwei von täglich bis zu 41 Kursen laufen gerade, Qigong bei Trainerin Margret, Complete Body Work-out bei Franziska. Teilnehmer: acht und neun. Im Cardio-Bereich mühen sich zwei Frauen und sechs Männer auf Steppern, Fahrrädern und Laufbändern, im Kraftraum hantieren elf Männer und zwei Frauen mit Gewichten. Auf Squash-Court 5 wird gespielt, auf Court 6 trainiert Steve. Insgesamt 43 Sportler sind aktiv. Zwischen 18 und 21 Uhr sind es um die 300 pro Stunde.

Schienenersatzverkehr Langenhorner Markt: „Der müsste doch eigentlich schon hier stehen!“ Die Dame im schwarzen Designerkostüm ist leicht entrüstet, dass sie warten muss. Doch schon kommt er angerauscht, der Expressbus, der sie und etwa 30 Mitfahrer vom Langenhorner Markt nach Ochsenzoll bringt. Zwölf Wochen lang ist die U1 wegen Brückenbauarbeiten auf dieser Strecke gesperrt, 20 Busse und 50 Fahrer setzt die Hochbahn ein, 21.000 Fahrgäste sind pro Werktag und Richtung betroffen.

Uhrenmanufaktur Hentschel, Eppendorf: Andreas Hentschel, einer der renommiertesten Uhrenmacher der Republik, sitzt an einer edlen Werkbank und zieht eines seiner handgefertigten, maßgeschneiderten Meisterwerke auf. Dabei erzählt er, dass – von wegen Glashütte oder Schweiz – schon vor 200 Jahren die verlässlichsten Chronometer an der Elbe hergestellt wurden. Auch Alexander von Humboldt habe sich bei Wind, Wetter und Wellenschlag auf seine Hamburger Uhr verlassen. Mehr als eine Million Handbewegungen seien notwendig, um die bei Hentschel jährlich gefertigten 150 Uhren zum Leben zu erwecken und zu erhalten.

StadtRad-Station Hammer Kirche: Nur neun Räder stehen an der Station Nr. 2562, die übrigen 14 sind ausgeliehen. Da kommen zwei junge Männer, prüfen den Luftdruck der Reifen und schalten mit einem Anruf bei der Zentrale zwei weitere der knallroten Drahtesel frei. Da sind es nur noch sieben. An insgesamt 127 Stationen stehen rund 1600 Leihräder bereit.

Strafjustizgebäude Sievekingplatz: Ein Justizbeamter und mehrere Journalisten warten auf die Fortsetzung des Prozesses gegen die Ex-Vorstände der HSH Nordbank, heute wird ein ehemaliger Kreditexperte als Zeuge aussagen. Zwei Verteidiger und ein Richter betreten den Verhandlungssaal. Die sechs angeklagten Top-Manager sollen der Bank einen Verlust von 158 Millionen Euro zugefügt haben.

Schulkantine Gymnasium Ohmoor, Niendorf: Kurz vor dem Pausenklingeln sind Meike, Silke, Petra und Elisabeth am Rotieren. Die „Kantinenmütter“, die heute Dienst haben (ehrenamtlich), sind Teil des Vereins, der sich um die Versorgung der Schüler am Gymnasium Ohmoor und der Stadtteilschule Niendorf kümmert. Die vier belegen Brötchen im Akkord mit Käse, Wurst und Putenbrust, kühlen Getränke und kochen Kaffee für die Lehrer. Um 9.30 Uhr wird der große Ansturm kommen. Die Kantine verkauft im Schnitt 300 Brötchen täglich, davon 70 Käsestangen und 70 Franzbrötchen.

Golf & Country Club Hamburg-Treudelberg: Romanus Becker trägt sich an der Rezeption für die Runde ein, die er im Voraus gebucht hat. 18 Löcher will er an diesem frühen Vormittag spielen. Becker ist eines von 1300 Mitgliedern des Clubs, 350 von ihnen haben eine sogenannte Neun-Loch-Mitgliedschaft. An einem durchschnittlichen Werktag spielen auf der 27-Loch-Anlage rund 150 Mitglieder eine Runde. Hinzu kommen täglich rund 50 Greenfee-Spieler, die meisten von ihnen sind Gäste im angegliederten Steigenberger Hotel Treudelberg.

Haspa-Bankautomat, Ecke Reeperbahn/Hein-Hoyer-Straße: Ein Obdachloser sortiert seine Habseligkeiten. Eine junge Familie sucht etwas im Hamburg-Stadtplan. Ein Mann mit Aktentasche läuft vorüber, ein anderer trägt eine volle Supermarkttüte. An Deutschlands meistfrequentiertem Geldautomaten hebt in dieser Minute niemand Geld ab. Dafür bilden sich abends oft lange Schlangen vor den beiden Maschinen, die an gut besuchten Wochenenden bis zu 160.000 Euro ausspucken.

Friseursalon André D., Alsterkrugchaussee 587: Chef André Dumm fängt heute ausnahmsweise erst um zehn Uhr an, weil seine Tochter ihren ersten Tag auf der weiterführenden Schule hat. Normalerweise ist Dumm immer der Erste im Laden und über Wochen ausgebucht. Seine Schwester Nadine schneidet einer Frau die Haare, die mit ihrem Hund gekommen ist – er liegt ganz still zu ihren Füßen. Ein Mann fährt auf dem Fahrrad an die offene Tür des Geschäfts heran, ruft: „Habt ihr gerade Luft für mich?“ Neben Nadine Dumm sind um diese Zeit schon zwei Kolleginnen im Salon – drei von insgesamt 4500 Mitarbeitern, die Hamburgs 1450 Friseurbetriebe haben.

Parasitologisches Labor des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin: Aus dem Radio dudelt Hit-Radio Antenne. In einer Zentrifuge drehen Stuhlproben ihre Runden, die nach Durchfallerregern untersucht werden müssen. Laborantin Iris Zielke steht an einem Waschbecken und filtriert Urin, um eine Tropenkrankheit nachzuweisen. „Die Patienten müssen für diese Analyse drei Tage den Urin sammeln, sonst können wie sie nicht machen“, sagt Zielke. Im Institut werden jährlich rund 21.000 Proben untersucht.

Außenalster, Harvestehude: Auf Hamburgs beliebtester Joggingstrecke sind Art-Direktorin Marion (r.) und Innenarchitektin Claudia unterwegs. Dreimal pro Woche laufen die Eppendorferinnen die 7,4-Kilometer-Runde. „Im Sommer wie im Winter“, sagt Marion. Rund um die Uhr trifft man an der Alster Jogger an. Abends ist die Strecke beleuchtet. Entspannen geht auch: 15 Cafés und Restaurants säumen das Ufer.

Geigenbauwerkstatt, Klein Flottbek, Quellental: Geigenbaumeister Felix Schleiermacher mischt auf einer weißen Fliese rotes, gelbes und schwarzes Pulver, um die richtige Lackfarbe für das Cello auf seinem Tisch zu erhalten. 17 Werkstätten betreuen in Hamburg Instrumente vom Mietcello für Anfänger bis zur Stradivari.

Wertpapierbörse:Carsten Cramme vom Unternehmen MWB Fairtrade überwacht den Aktienhandel. Von der Hamburger Sparkasse kommt ein Auftrag. Ein Kunde möchte 35 Linde-Aktien kaufen. Aufträge bis zu 20.000 Euro laufen vollautomatisch ab. Zu einem Kurs von 145,35 Euro bekommt der Haspa-Kunde seine Aktien. Täglich werden an der Hamburger Börse bis zu 600 Aktienorders abgewickelt.

Piazza auf dem Schulterblatt, Hausnummer 86, Transmontana: 200 Kilogramm Müll, Überbleibsel des nächtlichen Schanzenlebens, hat die Stadtreinigung bereits beseitigt, als Alexander Bodansky sich an einem der 16 roten Holztische zum Frühstück niederlässt. Der Psychologe ist Stammgast in der portugiesischen Pastelaria. Zum Galão studiert er auf seinem Notebook Akten aus dem Familiengericht. Das Café wurde 1989 gegründet, genau 100 Jahre zuvor, erinnert eine Steinplatte im Boden, verlief hier die Grenze zwischen Hamburg und Altona.

Isemarkt Eppendorf: Wie jeden Dienstag und Freitag bedienen Gisela Kröger und Tochter Nicole auch an diesem Tag ihre Kunden – jeder wird geduzt. Um 6.30 Uhr haben sie ihren Stand aufgebaut. Die Ware kommt von den eigenen Feldern und Gewächshäusern aus Ochsenwerder, einige Gemüse- und Obst-Produkte werden in den Vier- und Marschlanden zugekauft. Auf dem Isemarkt verkaufen durchschnittlich rund 210 Stände ihre Waren.

Holsten-Brauerei, Abfüllanlage G: Es riecht nach einer Mischung aus Bier und Desinfektionsmitteln. Ein ohrenbetäubender Lärm erfüllt die Halle, wo gerade die Abfüllung für die Marke Astra Urtyp läuft. Gruppenleiter Oliver Biastock überprüft, ob die Etiketten auf den braunen Knollen auch richtig sitzen und die Maschine exakt arbeitet. Rund 1000 Flaschen werden auf der Anlage in dieser Minute abgefüllt, 60.000 sind es in der Stunde.

Alster-Schwimmhalle, Hohenfelde: Björn Seemann hat die zehn Schwimmbahnen der Halle seit 6.30 Uhr fest im Blick. Viele der Gäste, die hier Morgen für Morgen ihre Runden schwimmen, kennt der Bademeister bereits seit dem Kindesalter. Der 45-Jährige hat ihnen vor gut 20 Jahren das Schwimmen beigebracht. Rund 1000 Schwimmabzeichen hat Seemann durchschnittlich pro Jahr vergeben.

Elbphilharmonie: Der Lärm von Bohrmaschinen dringt aus dem Rohbau. Die Bauarbeiter Valerij Rehbandt und Georg Garbas warten vor dem Gebäude auf eine noch fehlende Genehmigung. An diesem und am Folgetag wollen sie die Klimaanlage montieren. Sie soll im großen Saal mit 2150 und in den zwei kleinen Sälen mit 550 und 170 Sitzplätzen für gute Luft sorgen.

Obdachlosen-Tagesstätte Alimaus, St. Pauli: Es duftet nach Gebäck. In der Küche bereiten die freiwilligen Helferinnen Junko und Maria mit den Schülerpraktikanten Kamil und Fabian das Frühstück vor, schmieren Hunderte Brötchen, türmen Rosinenschnecken auf Teller und kochen 30 Kannen Kaffee. In der von katholischen Nonnen geleiteten Einrichtung bekommen täglich bis zu 200 Obdachlose ab 10.15 Uhr ein kostenloses Frühstück, ab 15 Uhr auch eine warme Mahlzeit.

Centrum Moschee, St. Georg: Imam Ercan Yüksekkaya sitzt am Schreibtisch. Er bereitet den Einschulungsgottesdienst in der Dreieinigkeitskirche vor, den er an diesem Morgen mit Pastor Kay Kraak halten will. „Ich werde aus dem Koran lesen, die Eröffnungs-Sure Fatiha“, sagt der islamische Geistliche. Jeden Tag kommen etwa 300 Männer und Frauen zum Beten in die Centrum Moschee. (mik)ICE-Werkstatt Eidelstedt: Sven Rietz hat eine Fettpresse unter dem Arm und öffnet die Bodenplatten zwischen zwei Waggons. Unten schmiert der Industriemechaniker eine Kupplung und prüft Schrauben und Verbindungen. Der 29-Jährige gehört zu den rund 100 Mitarbeitern der Frühschicht im nördlichsten Instandsetzungswerk der Bahn. Täglich werden hier 30 Züge gewartet.

Joseph-Carlebach-Schule, Rotherbaum: Leise surrt der Lüfter des stickigen Wachcontainers im Grindelhof. Vier Angestellte im Polizeidienst bewachen hier in Acht-Stunden-Schichten die Stadtteilschule der jüdischen Gemeinde Hamburgs. Seit Eröffnung der Schule im Jahr 2007 wächst die Zahl der Schüler, die im 1911 eingeweihten Gebäude der ehemaligen Talmud Tora Schule alles von jüdischer Religionslehre bis Medienkompetenz büffeln, stetig. Zurzeit sind es 120 Jungen und Mädchen.

Im Taxi am Baumwall: Nur langsam schiebt sich der Verkehr am Verlagshaus von Gruner + Jahr vorbei. Taxifahrer Stephan „Stebu“ Busch aus St. Pauli bleibt gelassen. „Ich genieße das Autofahren. Nachts macht es aber mehr Spaß.“ Auch der Spritverbrauch ist nachts mit 7,5 Litern viel geringer. Am Tag schluckt sein Mercedes bis zu elf Liter. Zum Stichtag 1. Juli waren in Hamburg 3441 Taxis registriert.

Planten un Blomen, See und Kinderspielplatz: In der Oase, die von Berufsverkehr umgeben ist, nutzen Kaninchen und eine Entenfamilie die Morgenruhe. Lediglich drei Jogger steigern ihren Puls, zwei Wachleute und zwei Spaziergänger mit Hunden gehen durch Hamburgs grünes Herz. Gärtner haben Bewässerungsgeräte aufgestellt, die bis zu den Wegen sprühen. Planten un Blomen umfasst 47 Hektar und ist damit halb so groß wie die Internationale Gartenschau in Wilhelmsburg.

Kindertagesstätte Kinderwelt Hamburg e.V., Eppendorf: Im Krippenraum imitieren neun Kinder im Alter von einem bis drei Jahren einen Tanzbären. Gerade wurde der Gong zum Morgenkreis geläutet. Pädagogin Sonja hat ihre Gitarre genommen, und jetzt singen alle zusammen: „Ich bin ein dicker Tanzbär und komme aus dem Wald. Ich such mir einen Freund aus und finde ihn auch bald...“ In Hamburg werden zurzeit rund 21.500 Kinder unter drei Jahren in Kitas und Tagespflege betreut. (yw)Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten: Koch-Azubi David Marrantzas bereitet für einen Frühstücksgast „Eggs Benedict“ zu. Oben im Hotel werden derweil 151 Hotelbetten gemacht. 57.000 Übernachtungen pro Jahr hat das Vier Jahreszeiten, 10,6 Millionen wurden 2012 in ganz Hamburg registriert.

Fahrgeschäft „Dom Dancer“, Heiligengeistfeld: Dibrian kniet zwischen den 16 Gondeln des „Dom Dancer“. Drei bis vier Stunden verbringen er und andere Arbeiter jeden Morgen damit, die Fahrgeschäfte zu putzen und herzurichten. Wenn am Nachmittag die ersten Besucher kommen, wollen sich die 250 Schaustellerbetriebe von ihrer besten Seite zeigen.

Hadag-Fähre, Linie 62, auf der Elbe zwischen Dockland und Neumühlen: Die „Hafencity“ steuert an diesem Morgen mit drei Minuten Verspätung auf den Anleger von Övelgönne zu. Für Kersten Stut kein Problem. Der pensionierte Sanitärtechniker hat es sich auf dem Sonnendeck bequem gemacht. „Ich genieße den Blick über das Wasser nach Finkenwerder“, sagt der 71-Jährige. Stut hält es wie die meisten Passagiere an diesem warmen Sommermorgen. Er nutzt die Fähre für einen Ausflug zur anderen Elbseite. In Spitzenzeiten sind 22 Hadag-Fähren gleichzeitig unterwegs. Sie transportieren durchschnittlich rund 22.000 Fahrgäste am Tag.

Bahnhofsmission Hauptbahnhof: Meike Steenbock hat Frühschicht, die von sechs Uhr bis 12.30 Uhr dauert. In der einzigen 24-Stunden-Ambulanz der Hansestadt finden Menschen fast jedwede Hilfe. Hier gibt es auf Wunsch schnell mal einen Kaffee, oder man kann sein Handy aufladen. Was aber weit wichtiger ist: Bei Bedarf findet man hier jemanden, der einem zuhört. Bis zu 400 Menschen nutzen täglich diese Möglichkeiten.

Tante-Emma-Laden von Rita Knüppel, Virchowstraße, Altona-Altstadt: Der erste große Kunden-Ansturm ist vorbei. Rita Knüppel nutzt die kurze Pause, um den Korb in der Auslage mit Brötchen zu befüllen. Die sind stets frisch, denn Frau Knüppel backt selbst in ihrem Souterrain-Geschäft – und zwar sieben Tage die Woche. „Das kann man nur machen, wenn man wirklich Freude an der Arbeit hat.“

Neuer Sieltunnel von Hamburg Wasser, Budapester Straße: Jürgen Benning (r.) und Thies-Uwe Kollenkarn inspizieren in 30 Meter Tiefe den Rückbau der Leitungen, mit deren Hilfe Tunnelbohrer „Jutta“ das 2,25 Kilometer lange Transportsiel Isebek zwischen Hafenstraße und Neuer Pferdemarkt durch den Boden getrieben hat. 2016 soll es Abwasser und Regenwasser aufnehmen. Hamburg Wasser betreibt ein Sielnetz aus 5881 Kilometer Abwasserrohren und einem Frischwasserleitungsnetz von 5358 Kilometer Länge.

Olympiastützpunkt Hamburg/Schleswig-Holstein, Dulsberg: Volleyballer Jasper Wendt von der Eliteschule des Sports am Alten Teichweg stärkt sich an einer Langhantel im großen Kraftraum. Seine Mitschüler Cara Herbert und Dalim Wahby zählen die Wiederholungen mit. Täglich nutzen etwa 150 Spitzensportler sowie Physiotherapiepatienten die Serviceeinrichtungen des Olympiastützpunkts, der in Kiel und Ratzeburg weitere Standorte hat.

Kinderkardiologie Universitätsklinikum Eppendorf: Privatdozent Dr. Thomas Mir weicht an diesem Morgen von der Routine (vor allem Visiten) ab und plant stattdessen das nächste Spiel der von ihm organisierten Benefiz-Aktion „Kicken mit Herz“. Am Sonntag tritt um 15 Uhr im Stadion Hoheluft eine Promimannschaft gegen ein Ärzteteam an. Schauspieler Bjarne Mädel („Der Tatortreiniger“) will ihm 500 Euro pro Tor spenden. Seit 2008 haben die Kicker 250.000 Euro eingenommen, die in der Herzstation (15 Betten plus sechs auf der Intensivstation) in medizinische Geräte, Aufenthaltsräume und Spielzeug investiert wurden.

Internationale Gartenschau, Haupteingang: Maskottchen Felix begrüßt die ersten Gäste und winkt ihnen zu. In dem Kostüm steckt die 18 Jahre alte Paula Faúndes Gerdts. Vier Stunden lang wird sie an diesem Vormittag im Park spazieren gehen und „gefühlt Millionen Menschen die Hände schütteln“. Ihr Stundenlohn: zehn Euro. An einem durchschnittlichen sonnigen Tag besuchen rund 10.000 Gäste die Internationale Gartenschau.

Herbertstraße, St. Pauli: Wo sich abends unzählige Menschen tummeln, ist um diese Zeit „tote Hose“. Plötzlich klackert Moni mit ihren Fingernägeln an die Fensterscheibe: „Willst du nicht reinkommen?“ Zusammen mit einer Kollegin sitzt sie auch zu ungewöhnlicher Zeit auf ihrem Platz. Zwar konkurrenzlos, doch hier und jetzt gibt es für die beiden kein Geld zu verdienen. Gleich macht sie Feierabend. Auf der Reeperbahn tummeln sich jährlich bis zu 30 Millionen Besucher.

Staats- und Universitätsbibliothek: Maria Walter und Sven Lorenzen tragen im Ausleihzentrum Bücher von einer Transportrampe in die Regale mit ihren acht Etagen. Dort können die Nutzer der Uni-Bibliothek ihre bestellten Exemplare selbst abholen. Auf 720 Regelmetern reihen sich Publikationen aus allen Fachgebieten; 3000 Bücher werden täglich ausgeliehen.

Max-Brauer-Allee/Ecke Stresemannstraße: 67 Pkw und sechs Lkw donnern in dieser Minute über den Asphalt, 28 Radfahrer, 17 Fußgänger und drei Mütter mit Kinderwagen schaffen es über die grüne Ampelphase. Tagsüber rollen 49.200 Fahrzeuge über die Kreuzung, die zu den verkehrs- und schadstoffreichsten der Stadt gehört.

Hauptbahnhof, Gleis 6a: Lokführer Guido Leuchtmann bereitet sich im Steuerwagen des Regional Express 21010 auf die Abfahrt nach Kiel um 9.20 Uhr vor. 105 Kilometer liegen vor dem 39-Jährigen, der eine Bremsprobe macht und seinen elektronischen Fahrplan auf dem Bordcomputer abruft. Er ist seit sechs Uhr im Dienst. Im Hauptbahnhof verkehren täglich rund 2000 Personenzüge inklusive S-Bahnen.

Norddeutsche Rasenschule Duvenstedt:Auf einem Trecker mit Spezialausrüstung sind Sergej und Leonid im Schritttempo unterwegs und schälen Rollrasen. Die Maschine hebt 40 Zentimeter breite Soden vom Boden, schneidet sie auf zwei Meter Länge und rollte sie zusammen. Seit sieben Uhr sind die beiden im Einsatz. Die Rasenschule züchtet und verkauft pro Jahr zwischen 30 und 40 Hektar Rollrasen, das reicht etwa für 50 große Fußballfelder.

Flughafen, Parkposition 17: Ramp Agent Uwe Geffken spricht über das Headset mit den Piloten des Lufthansa-Jets „Garmisch-Partenkirchen“. 105 Passagiere und 56 Gepäckstücke sind an Bord der A321-100 nach München. Auf Geffkens Befehl beginnt das Schleppfahrzeug mit dem Push-Back – dem offiziellen Start. Täglich werden in Fuhlsbüttel 37.000 Fluggäste abgefertigt.

Bäckerei Hagelstein, Eidelstedt: Sarika Kakar schenkt ihrer Stammkundin Margot Stender Kaffee nach. Seit zehn Jahren kommt die 69-Jährige jeden Morgen gegen neun Uhr in ihre Bäckerei – „weil es hier so nett ist“ – und hält ein Schwätzchen mit Kakar und anderen Stammkunden. Die Verkäuferin ist seit 5.30 Uhr im Laden. Bis zum Ende ihrer Schicht um 14 Uhr wird sie rund 500 Brötchen verkauft haben. Nach Angaben der Bäckerinnung gibt es in Hamburg rund 500 Backwaren-Verkaufsstellen.

Revierförsterei Eißendorf: Revierförster Bernd Schulze kontrolliert die Baumfällarbeiten des Schleswig-Holsteiner Kollegen Stefan Rath und seiner Azubi Holja Flägel. Der 18-Jährige hat einen Fallkerb unter die Stammwalze einer 140 Jahre alten Douglasie gesägt und kontrolliert mit den Armen, ob die Fallrichtung stimmt. Der Baum – 50 Meter hoch und mit fast vier Metern Umfang – soll im Erlebniswald Trappenkamp als zentrales Element eines 30 Meter hohen Kletterturms dienen. Auf Hamburgs Stadtgebiet gibt es acht Forstreviere, hinzu kommt eines in Alt Erfrade in Schleswig-Holstein. Die Waldfläche im Eigentum der Stadt beträgt 3400 Hektar.

Nautische Zentrale auf der Veddel: Der „Halunder Jet“ mit 365 Passagieren an Bord meldet sein Auslaufen nach Helgoland. 25 Kapitäne regeln hier in Zwölf-Stunden-Schichten den Seeschiffsverkehr im Hafen. Eine Radar-Software projiziert alle Schiffsbewegungen in Echtzeit auf Bildschirme. Rund 10.000 Seeschiffe laufen pro Jahr in Hamburg ein, gut die Hälfte davon transportieren Container.

Tierpark Hagenbeck, Giraffen-Gehege: Tierpfleger Joachim Lüllau steht mit seinem Rechen ganz allein in dem großen Areal, die fünf Großtiere sind noch nebenan im Nachtquartier. Seine Aufgabe: die Kötel vom Vortag wegfegen und neues Futter an die Bäume hängen. „Eben war ich schon bei den Onagern“, erzählt er etwas müde. Es gibt noch viel zu tun: 1852 Tiere hinterlassen so einiges bei Hagenbeck.

Imtech Arena, Trainer-Kabine: Co-Trainer Roger Stilz bereitet seit acht Uhr gemeinsam mit Nikola Vidovic die Vormittagseinheit der HSV-Profis vor. Acht Übungen in 65 Minuten stehen ab zehn Uhr auf dem Programm, die es im Rahmen eines bei den Fußballern äußerst beliebten Kraftzirkels zu überwinden gilt. Mindestens zehn Stunden intensives Training auf dem Platz gilt es in jeder Woche vorzubereiten, dazu kommen noch Einheiten im Kraftraum, Rehatraining, Pflege und Taktiktraining hinter verschlossenen Türen.

Kirchhof St. Gertrud, Uhlenhorst, geografischer Mittelpunkt der Stadt: Verspätete Eltern bringen ihren Nachwuchs zur Kita. In der Kirche endet der Einschulungsgottesdienst von Pastorin Christine Cornelius. Zwischen Kirche und dem Kuhmühlenteich, auf 53°34´ nördlicher Breite und 10°01´ östlicher Länge, liegt der geografische Mittelpunkt Hamburgs, berechnet als Mittelwert der äußersten Landesgrenzpunkte, die zwischen Wohldorf und Eißendorf 40 Kilometer und zwischen Altengamme und Rissen 42 Kilometer voneinander entfernt liegen.

Kundenzentrum Bezirksamt Altona: Die Verwaltungsangestellte Mascha Weise bedient an Schalter 4 einen Vater, der für seinen mitgebrachten Sohn einen Angelschein haben möchte. In dem Raum haben 24 Personen eine Wartenummer gezogen, ein Display in roter Schrift zeigt die fünf geöffneten Schalter sowie die dazugehörigen Nummern an. Das Kundenzentrum Altona stellt in der Woche (vier Öffnungstage) im Schnitt 340 Personalausweise und 280 Reisepässe aus und bearbeitet 400 An- und Ummeldungen.

Grundschule Trenknerweg, Othmarschen: Der Ernst des Lebens beginnt süß, die Schultüten platzen fast vor Süßigkeiten, die Kinder vor Erwartung. Kirstin Bredlow begrüßt in der Aula Klasse für Klasse die Neuankömmlinge, die sich Busladungen von Eltern, Tanten, Onkel, Opas und Omas zum ersten Schultag mitgebracht haben. „Man ist aufgeregt, weil es etwas so Wichtiges ist“, sagt die Schulleiterin. Um 9.12 verliest sie die letzten Namen der Abc-Schützen, dann verschwinden 24 Schüler hinter dem Vorhang – und in ein anderes Leben. In den 204 Hamburger Grundschulen wurden an diesem Tag 15.500 Kinder eingeschult.

A 24, zwischen Jenfeld und Horn: „Zwei Kilometer stockender Verkehr.“ Wie an jedem Werktag die übliche Verkehrsansage um diese Zeit bei NDR 2. Ein schwarzer Sattelzug der Bamberger Spedition Dümler tuckert in Richtung Horner Kreisel, links daneben pendeln im Schritttempo Autos aus Stormarn, Ostholstein, Schwerin und Berlin nach Hamburg ein. Rund 45.000 Fahrzeuge passieren werktäglich das östliche Einfalltor zur Hansestadt.

Kneipe Markt-Schänke, Ottensen: Wirtin Britta steckt sich eine Zigarette an. Dann schenkt sie einem Gast mit großer Brille noch ein Glas Weißwein nach. Er erzählt Britta vom Friseur und seinem Garten, den er jetzt verkauft. Stille in der Schänke, nur der Spielautomat dudelt. Daneben leuchtet eine alte Jukebox, Wizard Old Fashion, DJ Ötzi steht im Display. 100 CDs stecken in den Slots, mehr als 1000 Titel.

Domplatz: Die Wiege Hamburgs. Hier soll die Hammaburg gestanden haben, später dann die Domburg, deren Verlauf nun durch kantige Wälle aus Stahl angedeutet wird. Lisa Janßen sitzt auf einem der 39 weißen Acrylkissen. Die Studentin aus Stuttgart ist das erste Mal an der Elbe und staunt über die grüne historische Fläche mit den originellen Sitzgelegenheiten: „Ziemlich cool, dass vielleicht an dieser Stelle vor mehr als 1000 Jahren Hamburg gegründet worden ist“, findet sie.

Postamt Schlüterstraße 51–53: „Deutsche Post – Philatelie” steht auf dem Schild, das Christian Oldenburg auf seinem gelben Shirt trägt. Der 38-Jährige verkauft Briefmarken, vor allem Sondermarken. Heute Morgen ist wenig los im Postamt. Oldenburg, seit 21 Jahren bei der Post, sortiert liegen gebliebene Marken in einen Umschlag. Etwa 120 Kunden bedient er täglich.

Wandsbek Markt, Busbahnhof: Hakan Özlem legt eine Tüte Kirschen auf die Waage. Busse halten neben seinem Stand, andere fahren gerade ab, Menschen in sommerlicher Kleidung gehen vorbei. Das Kilo Kirschen kostet 5,40 Euro. Je nach Sorte auch mal 4,90 Euro. Täglich von 8 bis 18 Uhr arbeitet Hakan Özlem. Er bedient rund 100 Kunden am Tag. An guten Tagen sind es 150.

Jüdischer Friedhof, Altona: Der Verkehr rauscht auf der Königsstraße vorbei, auf dem ältesten jüdischen Friedhof im heutigen Hamburg herrscht – Stille. „Betreten auf eigene Gefahr!!“, steht auf einem Schild, zwei Ausrufezeichen. Das Tor ist ohnehin um diese Uhrzeit verschlossen. Zwei Kaninchen haben beides ignoriert, eines mümmelt ein Blatt, eines steht Schmiere. Licht und Schatten, ein verwunschener Ort. In den 1870er-Jahren fanden hier ungefähr 9000 Bestattungen statt.

Gängeviertel, Valentinskamp: Menschenleer. Das historische Gängeviertel, das zu einem „lebendigen innerstädtischen Quartier mit günstigen Mieten und einem Schwerpunkt auf Nutzungen im künstlerischen Bereich“ entwickelt werden soll, schläft offensichtlich noch. Die Tür zur Kneipe – geschlossen. Der Friseur – dunkel. An einer Haustür ein selbst beschriebenes Schild als kleines Lebenszeichen: „Liebe Vollstreckungsbeamte, sollten Sie mich (es folgt der Name) suchen, sehen Sie doch bitte im Hinterhof oder im Café nach. Oder rufen mich unter folgender Nummer an.“ Die Renovierung des Quartiers soll 20 Millionen Euro kosten.

Rathaus, Raum II, Senatsgehege: Bürgermeister Olaf Scholz sitzt an der Stirnseite des langen Tisches, zu beiden Seiten die Senatoren (im Bild l. Senatskanzlei-Chef Christoph Krupp). Scholz ist bester Laune, er hat schon sein Rudertraining auf der Alster absolviert. Gleich beginnt die Senatorenvorbesprechung, in der vor der regulären Senatssitzung aktuelle Themen diskutiert werden. Kurzum: Von 9.15 Uhr an wird regiert. Das Rathaus hat 647 Zimmer – mehr als der Buckingham-Palast in London.

Redaktion Hamburger Abendblatt: Im Newsroom arbeiten einige Online-Redakteure an aktuellen Nachrichtentexten. Ansonsten ist es ruhig: 65 Redaktionsmitglieder befinden sich gerade über die ganze Stadt verteilt an 65 Orten, um für den Titel des Wochenend-Magazins einzufangen, was dort um 9.12 Uhr geschieht. Das Abendblatt wird am 14. Oktober 65 Jahre alt.

Alle 65 Orte mit den dazugehörigen Texten finden Sie auch in einer interaktiven Hamburg-Karte auf www.abendblatt.de