421 höhenverstellbare Möbelstücke für 273.650 Euro wurden für die Beamten angeschafft. Opposition ist sauer. Auch vom Bund der Steuerzahler Hamburg kommt Kritik.

Hamburg. Eigentlich muss die Stadt ja sparen – doch das gilt offensichtlich nicht für die Finanzbehörde. Die hat jetzt 421 neue Schreibtische angeschafft. Die elektrisch höhenverstellbaren Möbelstücke kosten rund 650 Euro pro Stück – macht insgesamt rund 273.650 Euro. Die Opposition ist empört über diese Anschaffung: „Wasser predigen und Wein trinken, das passt nicht zu einem Hamburger Finanzsenator. Wer die Schreibtische in der Finanzbehörde kennt, weiß, dass die Ersatzinvestition überflüssig war“, sagte Roland Heintze, Vizefraktionschef der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Der Haushaltsexperte kritisiert: „Die fast 275.000 Euro wären zur Reduzierung der Kreditaufnahme besser eingesetzt gewesen. Hinzu kommt, das zu teuer eingekauft wurde, und die Höhenverstellbarkeit ein unnötiger Luxus ist, der in der Praxis kaum genutzt wird.“

Der CDU-Politiker unterstellt der Behörde sogar, dass der Austausch der Schreibtische bewusst in die Sommerpause gelegt wurde: „Die Verantwortlichen haben wohl gedacht, dass das dann nicht auffällt. Aber diese Rechnung ist nicht aufgegangen.“ Der Abgeordnete will sich nun mit einer kleinen schriftlichen Anfrage an den Senat wenden, um die Hintergründe für den Mobiliar-Kauf aufzuklären. Und auch der Grünen-Wirtschaftsexperte Anjes Tjarks fragt sich: „Interessant wäre, nach welchen Kriterien die Schreibtische ausgewählt wurden.“ Es seien gerade für den neuen Standort der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt neue Möbel angeschafft worden, diese hätte man theoretisch gemeinsam mit den Schreibtischen für die Finanzbehörde bestellen können, meint er. Der Vorwurf von Tjarks: „Die Stadt kauft jährlich für mehrere hundert Millionen Euro ein, da lässt sich einiges noch effizienter und nachhaltiger organisieren. Hier hat die Finanzbehörde ihre Hausaufgaben noch nicht erledigt.“

Auch vom Bund der Steuerzahler Hamburg kommt Kritik: „Es hätten wohl auch normale Schreibtische getan, die wären dann etwa 100.000 Euro günstiger gekommen“, sagte Geschäftsführer Marcel Schweitzer. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch sei nur dann erforderlich, wenn es ein ärztliches Attest darüber gebe, dass der Arbeitnehmer so ein spezielles Modell benötige, so Schweitzer weiter.

Die Finanzbehörde mit Sitz am Gänsemarkt kann die Aufregung hingegen nicht verstehen: Es handele sich bei einem Durchschnittspreis von rund 650 Euro pro Schreibtisch um einen üblichen Preisrahmen für Büromöbel, sagte Sprecher Daniel Stricker dem Abendblatt. Er begründet die Hintergründe der Anschaffung so: „Im Rahmen der Reduzierung städtischer Büroflächen werden die Standorte am Rödingsmarkt und am Klosterwall aufgegeben und die Mitarbeiter auf die zwei verbleibenden Standorte am Gänsemarkt und den Großen Bleichen verteilt.“ Damit verbunden waren und seien erhebliche bauliche Maßnahmen an beiden Standorten, um mehr Mitarbeiter bei gleichbleibender Bürofläche unterbringen zu können.

Im Zuge dessen werde ein Großteil der betroffenen Arbeitsplätze auf einen modernen Standard gebracht, so Stricker weiter. Dem Behördensprecher ist wichtig: „Dazu gehören nach heutigen, arbeitsmedizinischen Empfehlungen, auch höhenverstellbare Tische, die einem gesundheitsfördernden Büroausstattungsstandard entsprechen.“ Und Stricker hebt die positive Wirkung der modernen Möbelstücke hervor: „Höhenverstellbare Schreibtische haben nachweislich einen positiven Einfluss auf die Gesundheit der Mitarbeiter und führen zu einem niedrigeren Krankenstand.“ Auch SPD-Haushaltsexperte Jan Quast verteidigt die Anschaffung: „Die Förderung der Gesundheit der Mitarbeiter am Arbeitsplatz muss höchste Priorität haben.“

Dieses Argument sieht Bund-der-Steuerzahler-Chef Schweitzer skeptisch: „Dass der Krankenstand mittelfristig signifikant sinkt, nur weil die Mitarbeiter nun neue Schreibtische erhalten, bleibt abzuwarten. Wir haben da unsere Zweifel.“ Die FDP hält den Vorgang für „eine politische Dummheit. Die Stadt hat Milliardenschulden, an vielen sensiblen Stellen muss schmerzhaft gespart werden, und ausgerechnet der Finanzsenator lässt für mehr als eine Viertelmillion Euro Büromöbel bestellen“, kritisiert der Haushaltsexperte der Liberalen, Robert Bläsing.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Finanzbehörde wegen Investitionen in die Kritik gerät: Im Jahr 2008 ließ der damalige CDU-Finanzsenator Michael Freytag den Senatorenbereich umbauen. Es wurden vier neue Büros eingerichtet und eine Toilette eingebaut. Die Gesamtkosten der vom Steuerzahler zu tragenden Bauarbeiten betrugen 80.000 Euro. Der Chef der Komba-Gewerkschaft und Behörden-Personalrat Horst Weidemann bezeichnete den Umbau damals als „instinktlos“.