Die drei Jugendlichen waren am Mittwoch aus der Brandenburger Einrichtung Haasenburg verschwunden. Polizei durchsucht Einrichtung, in der elf Hamburger untergebracht sind.

Hamburg/Potsdam. Nach Misshandlungsvorwürfen von zwei früheren Insassen hat die Staatsanwaltschaft Cottbus am Donnerstag alle drei Heimeinrichtungen der Haasenburg GmbH in Brandenburg durchsucht. In den geschlossenen Jugendheimen befinden sich auch elf Teenager aus Hamburg.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sechs noch nicht identifizierte Mitarbeiter wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, Misshandlung Schutzbefohlener und Nötigung in den Jahren 2006 bis 2010. Bewohner sollen mehrere Tage auf Liegen fixiert worden sein, es soll zu Knochenbrüchen gekommen sein. Der Sprecher der Haasenburg GmbH, Hinrich Bernzen, wies die Vorwürfe zurück.

Mehr noch: Aus einem der umstrittenen Kinder- und Jugendheime sind jetzt drei Jugendliche weggelaufen. Laut „Hamburger Morgenpost“ geben ein 15-Jähriger und zwei 16-Jährige an, in dem Heim in Neuendorf Gewalt, Isolation und Erniedrigung durch die Erzieher ausgesetzt gewesen zu sein. Der Polizei in Brandenburg liegt eine Vermisstenanzeige vor. Demnach sind die Jugendlichen zur Fahndung ausgeschrieben. Sie werden seit der Nacht zum Mittwoch vermisst.

Ein Sprecher der Haasenburg GmbH wollte den Vorfall nicht kommentieren. Ein Hamburger Anwalt will dem Bericht zufolge per Eilantrag durchsetzen, dass die drei Jugendlichen nicht in das Heim in der Gemeinde Unterspreewald zurückmüssen, falls die Polizei sie aufgreift.

Auch am Freitagmorgen waren die Jugendlichen noch nicht gefunden worden. Trotz intensiver Suche sei ihr Aufenthaltsort bisher nicht bekannt, sagte ein Polizeisprecher in Cottbus. Am Donnerstag hatten Ermittler die Einrichtungen durchsucht und Akten sichergestellt. Am Freitag informierten sich Experten in den Heimen. Bildungsministerin Martina Münch (SPD) erhofft sich von der unabhängigen Untersuchungskommission eine vollständige Aufklärung der Vorwürfe, die bis 2006 zurückreichen. Die Ministerin erwartet den Bericht zum Jahresende.

Hamburger Behörde stoppt Unterbringung

Vorerst hat die Hamburger Sozialbehörde die Unterbringung von Kindern in Brandenburg gestoppt. Den Grünen geht das nicht weit genug. „Wenn die Staatsanwaltschaft die Einrichtungen durchsucht und ein Ermittlungsverfahren wegen Folterung eingeleitet hat, dann muss die Sozialbehörde die Konsequenzen ziehen und auch die verbliebenen Kinder aus der Einrichtung holen“, sagte die familienpolitische Sprecherin Christiane Blömeke.

Das Land Brandenburg erwägt jetzt die Abschaffung geschlossener Heime. Nach den Linken forderte der FDP-Fraktionsvorsitzende Andreas Büttner die sofortige Schließung. „Aus meiner Sicht wäre dies bis zur Aufklärung der Vorwürfe angebracht“, sagte er am Donnerstag in einer Sondersitzung des Bildungsausschusses im Landtag. Dieser soll klären, ob die Behörden ihren Aufsichtspflichten ausreichend nachgekommen sind. „Wir sollten prüfen, ob solche Heime im äußersten Fall notwendig sind“, sagte Bildungsministerin Münch. Das Konzept und die Kontrollmechanismen müssten überprüft werden.

Parallel zu der Sitzung in Potsdam durchsuchten rund 50 Polizisten und vier Staatsanwälte drei Heime der Haasenburg GmbH in Jessern, Neuendorf und in Müncheberg (Kreis Märkisch-Oderland) sowie ein Bürogebäude in Lübben. Sie stellten Akten sicher, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Cottbus mit. Anlass war die Strafanzeige eines 19-Jährigen, der in dem Heim in Jessern gewesen ist. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren aufgrund eines RBB-Fernsehberichts eingeleitet, in dem eine 19-Jährige von Misshandlungen berichtet hatte. Die Behörde ermittelt nach Angaben einer Sprecherin in sechs Fällen. Zudem würden zwei frühere Todesfälle nochmals untersucht.