Trasse über die Elbe oder die HafenCity? Nach Abendblatt-Informationen will sich die Stadt bis Ende Juni für eine der beiden Streckenvarianten entscheiden. Spitzengespräch im Rathaus.

Hamburg/Koblenz. Die Stadt wird bis Ende Juni eine Entscheidung für eine der beiden Seilbahntrassen im Hafen treffen. Nach Abendblatt-Informationen wird es deshalb in Kürze ein Gespräch im Rathaus mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), Oberbaudirektor Jörn Walter sowie Vertretern des Bezirks Mitte und der federführenden Wirtschaftsbehörde geben. Die Wirtschaftsbehörde hat inzwischen die beiden Konzepte bewertet und eine Stellungnahme erarbeitet.

Zuvor hatten die Seilbahnanbieter Doppelmayr gemeinsam mit der Stage Entertainment (St.-Pauli-Variante über die Elbe) und Leitner (HafenCity-Variante) je 55 Fragen zu ihren geplanten Seilbahntrassen beantworten müssen. Der Inhalt der Stellungnahme ist noch nicht bekannt. Auf Abendblatt-Anfrage gab sich Susanne Meinecke, Sprecherin der Wirtschaftsbehörde, zurückhaltend: Ergebnis des Gesprächs könne sein, dass man etwas ausschließt oder favorisiert, sagte Meinecke.

Die SPD-Fraktion im Bezirk Mitte und ihr Koalitionspartner FDP haben sich bereits gegen die St.-Pauli-Variante entschieden und bringen einen entsprechenden Antrag in die Bezirksversammlung ein: "Ein Trassenverlauf beginnend im Stadtteil St. Pauli erscheint aus einer Vielzahl von Gründen inakzeptabel und würde zu einem massiven Eingriff in das Stadtbild von St. Pauli und von Hamburg insgesamt führen", heißt es in dem Antrag. FDP-Fraktionschef Bernd Ohde: "Wirkungsvoll und ohne Bevorteilung eines Wettbewerbers wollen wir den Startpunkt in der HafenCity Wirklichkeit werden lassen."

Die CDU-Fraktion im Bezirk Mitte spricht sich für eine Seilbahn mit Station an der Glacischaussee neben dem Heiligengeistfeld aus: "Der Startpunkt auf St. Pauli bringt viele positive Effekte mit sich und würde attraktives Verkehrsmittel für Touristen und Hamburger sein", sagte Fraktionschef Jörn Frommann.

Das Musicalunternehmen Stage Entertainment und das österreichische Seilbahnunternehmen Doppelmayr hatten ihre Pläne bereits vor mehr als zwei Jahren vorgestellt. Die Seilbahn soll von der Glacischaussee in Höhe des Eingangs von Planten un Blomen bis zum "König der Löwen"-Zelt führen. Sieben Minuten Fahrtzeit sind für die 1500 Meter lange Strecke eingeplant. Etwas überraschend wurde dann von dem Hamburger Projektbüro Drees & Sommer und dem Seilbahnbauer Leitner im November vergangenen Jahres eine neue Variante für eine Seilbahn vorgestellt, die von der HafenCity Universität über den Segelschiffhafen und von dort aus zum südlichen Elbufer mit einer Station beim Musicalzelt des "Königs der Löwen" führen soll.

Selbst wenn sich die Stadt kurzfristig für eine der Varianten entscheidet, muss es zunächst ein Planfeststellungsverfahren geben, bevor die Baugenehmigung erteilt werden kann. Während in Hamburg noch die Trassenführung diskutiert wird, kämpfen in Koblenz die Bürger für den Erhalt ihrer Seilbahn. Diese führt von der Altstadt auf die Festung Ehrenbreitstein. Die Seilbahn wurde von Doppelmayr für die Bundesgartenschau 2011 errichtet, bereits im Juli 2010 eröffnet und sollte laut Vereinbarung mit der Stadt im Oktober 2013 wieder abgebaut werden.

Jetzt wurden schon 93.000 Unterschriften für den Erhalt gesammelt. Der Stadtrat hat sich einstimmig zunächst für eine Verlängerung um zwei Jahre ausgesprochen. Das Problem: Das obere Mittelrheintal ist Unesco-Weltkulturerbe, und die Unesco müsste der Verlängerung, angedacht sind zehn Jahre, zustimmen. Eine Hamburger Delegation mit Vertretern der Handelskammer, der Politik und dem Bürgerverein St. Pauli sowie Stage Entertainment machten sich vergangene Woche ein Bild von der Begeisterung der Bürger vor Ort. An der Talstation wurden sie von eifrigen Unterschriftensammlern empfangen. Die Geschäftsführerin vom Verein Freunde der Bundesgartenschau Koblenz, Anna Maria Schuster, sagte: "Die Seilbahn muss bleiben. Sie hat sich zu einem Touristenmagnet entwickelt, wird aber auch von den Einheimischen viel genutzt."

Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig (SPD), der die Hamburger empfing: "In Koblenz sind rund 90 Prozent der Bürger für den Erhalt der Seilbahn, und dafür setzen wir uns auch vehement gegenüber der Unesco ein." Allein in diesem Jahr wurden 7000 Dauerkarten verkauft und im vergangenen Jahr nutzten 650.000 Fahrgäste die Seilbahn

Aus Österreich war Doppelmayr-Chef Bernd Schedler nach Koblenz gereist, um die Seilbahn zu präsentieren, die so ähnlich in Hamburg entstehen könnte: Nach der dreiminütigen Fahrt und dem Blick auf das berühmte Deutsche Eck zeigten sich die Gäste aus Hamburg beeindruckt: "Das ist wirklich eine Attraktion und zugleich ein absolut umweltfreundliches Verkehrsmittel. Eine Seilbahn im Hafen scheint mir doch ein Gewinn für Hamburg zu sein", sagte CDU-Tourismusexperte Andreas Wankum. Im Gegensatz zur FDP im Bezirk Mitte wollte sich Hamburgs FDP-Vizechef Dieter Lohberger noch nicht festlegen: "Wir sind Pro Seilbahn und für beide Trassen offen."