Containerfrachter sollen bis zu 40 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen. Sie haben die ersten Zweitakt-Schiffsdiesel, die neben Bunkeröl auch auf Langstrecken mit verflüssigtem Erdgas betrieben werden können.

Hamburg. Die Schifffahrt steckt in der Krise. Doch Berend Pruin meint zu wissen, wie sie da herauskommt: mit neuen Schiffen. Pruin, 74, Schiffskonstrukteur seit den 1960er-Jahren, will mit dem Unternehmen Technolog die modernsten und effizientesten Containerschiffe der Welt an den Markt bringen. Ausgesucht haben er und seine Mitstreiter sich dafür nicht die Megaklasse mit bis zu 18.000 Containereinheiten (TEU) Tragfähigkeit, in der ständig neue Größenrekorde aufgestellt und bald wieder gebrochen werden. Pruin und Technolog-Geschäftsführer Hans-Jürgen Voigt, 58, setzen vielmehr auf kleinere Frachter von 3500 bis 5000 TEU. Solche Schiffe setzen die Reedereien auf vielen Fahrtrouten weltweit in hohen Stückzahlen ein.

Im April verkaufte Technolog für den Bau der sogenannten Stream-Schiffe Lizenzen an den chinesische Schiffbau- und Schifffahrtskonzern Sumec Marine. "Die neuen Schiffe könnten sofort gebaut werden", sagt Pruin in einem Konferenzraum im Kajen nahe der Speicherstadt. "Wir hoffen, dass wir noch in diesem Jahr eine Reederei dazu bekommen, eine Kleinserie von vier bis sechs Schiffen zu bestellen."

Derzeit wirkt die Branche wie erstarrt. Seit Jahren belasten Überkapazitäten und niedrige Transportpreise das Geschäft von Linienreedereien und davon abgeleitet auch von Schiffsvermietern, den Charterreedern. Zugleich zogen sich seit dem Höhepunkt der Weltfinanzmarktkrise im Jahr 2008 Schiffsbanken wie die Deutsche Schiffsbank oder die HSH Nordbank teilweise aus der Finanzierung von Schiffen zurück.

Pruin und Voigt glauben, dass man den Markt in dieser Situation vor allem durch technologische Innovationen wieder in Schwung bekommt. "Die Stream-Schiffe verbrauchen 30 bis 40 Prozent weniger Brennstoff als vergleichbar große Containerschiffe", sagt Voigt, "und sie können wahlweise mit Schweröl oder verflüssigtem Erdgas angetrieben werden." Für ein Containerschiff mit 5000 TEU Kapazität, rechnet Pruin vor, könne man auf den Verkehren zwischen Europa und Asien über den gesamten Lebenszyklus des Frachters, verglichen mit herkömmlichen Typen, gut 336 Millionen Euro Betriebskosten und etwa eine halbe Million Tonnen an Kohlendioxidausstoß einsparen. Bei einem Neubaupreis von voraussichtlich 55 bis 60 Millionen Euro je Schiff seien das Argumente, die Reeder überzeugen müssten, so der Ingenieur.

Die Stream-Frachter haben hydrodynamisch optimierte Rümpfe, ebenso moderne Schrauben- und Rudersysteme. Besonders wichtig sind die neuartigen Motoren: Es sind die ersten Zweitakt-Schiffsdiesel, die neben Bunkeröl auch auf Langstrecken problemlos mit verflüssigtem Erdgas, sogenanntem LNG, betrieben werden können.

Pruin kennt die Branche. Jahrzehntelang arbeitete er in führenden Positionen für das weltweit renommierte Hamburger Konstruktionsunternehmen Schiffko. Nachdem dieses 2006 vom Motorenhersteller Wärtsilä übernommen worden war, machten sich Ex-Mitarbeiter mit dem Schiffko-Tochterunternehmen Technolog selbstständig. Die Anteile an Technolog gehören Pruins drei Söhnen sowie den Technolog-Managern Voigt und Albrecht Delius. Pruin, der Technolog in seiner Zeit als Schiffko-Chef selbst gegründet hatte, nimmt dort heute eine beratende Funktion ein. "Ich vertrete die Familie, ohne eigene Anteile zu halten."

Vor allem aber entwirft er Schiffe wie in den guten alten Zeiten. In den neuen Containerfrachtern will Technolog alles vereinen, was technisch sinnvoll und ökologisch effizient ist. So sollen die Schiffe ohne Ladeluken auskommen. Das erspart den Reedereien bei der Be- und Entladung erheblich Zeit. Offene Schiffsstrukturen hatten sich in früherer Zeit im Überseeverkehr nicht bewährt, weil zu viel See- und Regenwasser in den Rumpf gelangte. Mit modernsten Formen und Pumpensystemen soll dieses Manko auf den Stream-Schiffen überwunden werden. Obendrein sind die Schiffe bereits auf die strengeren Abgasnormen ausgelegt, die für die Schifffahrt vor allem in den Küstengebieten Europas, Nordamerikas und Asiens von 2015 an . "Die Abgaswerte der Schiffe liegen weit unter den künftig gültigen und heute absehbaren Grenzwerten", sagt Voigt.

Die Sumec-Gruppe, eines der führenden maritimen Unternehmen in China, hat Technolog mit Bedacht gewählt. In Europa ist eine Schiffsfinanzierung auf absehbare Zeit kaum zu bekommen. Die Überkapazitäten in verschiedenen Schiffgrößenklassen sind längst nicht abgebaut. Zudem ist auch das Geschäft der Emissionshäuser zusammengebrochen, die in Schiffsfonds jahrelang Geld von Kleinanlegern eingesammelt hatten. Dieses Geld wirkte als Eigenkapital für den Bau neuer Schiffe, während die Banken ihre Kredite als Fremdkapital beisteuerten. Das Modell gilt nach den Verwerfungen der aktuellen Schifffahrtskrise kaum als reanimierbar. Chinesische Firmen und Banken verfügen allerdings über reichlich Kapital, und sie suchen verstärkt Zugang zum globalen Schiffsmarkt.

Die Schiffko-Veteranen, die heute teils noch für Technolog arbeiten, haben in den vergangenen Jahrzehnten nahezu jeden denkbaren zivilen Schiffstyp konstruiert. Noch immer mischen sie in aller Breite mit, auch in der Jumboklasse. Man arbeite derzeit mit einer Reederei an den Entwürfen für die nächste Generation der weltgrößten Containerschiffe mit, sagt Pruin. Und eines hält er für sicher: "Die deutsche Werftindustrie hat schwer gelitten. Das hätte in dieser Härte nicht geschehen müssen. Denn das deutsche Know-how in der Konstruktion von Schiffen ist nach wie vor Weltspitze."