Wirtschaftsbehörde bezahlt Umbau für sieben Millionen Euro. Polizisten können dort fast 1800 Ampeln fernsteuern. Die neue Verkehrsleitzentrale gilt als modernste ihrer Art in Europa.

Alsterdorf. Eine Wand mit 24 Bildschirmen und moderne Arbeitsplätze in einem hellen, fast hallenartigen Raum im Erdgeschoss des sternförmigen Polizeipräsidiums. Das ist die neue Verkehrsleitzentrale der Hamburger Polizei, aus der jeder Stau schnell erkannt und beseitigt werden soll. Neun Monate wurde an ihr gebaut, jetzt geht sie offiziell in Betrieb.

Sieben Millionen Euro kostete das gemeinsame Projekt von Innenbehörde und der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Die neue Verkehrsleitzentrale gilt als modernste ihrer Art in Europa und ersetzt an gleicher Stelle die alte Zentrale, die technisch auf dem Stand von 1999 war.

"Wir sind als Stadt auch abhängig von den Menschen, die morgens nach Hamburg hinein und abends hinaus fahren", sagte Innensenator Michael Neumann (SPD) am Mittwoch bei der offiziellen Inbetriebnahme der Verkehrsleitzentrale. "Wir leben in einer historisch gewachsenen Bebauung mit begrenzten Flächen für den Verkehr. Diese müssen wir besser nutzen, um möglichst viele Menschen in den fließenden Verehr zu bekommen."

Das sieht auch Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) so. "Wir müssen mit dem auskommen, was wir haben." Eine der großen Herausforderungen sei der Wirtschaftsverkehr, den das Straßennetz der 755 Quadratkilometer großen Stadt verkraften muss. Er müsse integriert und geregelt werden. Auch dabei helfe die neue Verkehrsleitzentrale. "Verkehrsmanagement gewinnt bei steigendem Verkehrsaufkommen eine immer größere Bedeutung", sagt Mirko Streiber, Sprecher der Hamburger Polizei. "Das gilt besonders für Hamburg als Hafenmetropole mit seiner wesentlichen Drehscheibenfunktion für internationalen Warengüterverkehr sowie als wichtiger europäischer Fernstraßenknoten." Die Erneuerung der Verkehrsleitzentrale sei unumgänglich gewesen. Die alte Verkehrsleitzentrale war technisch und funktional an ihre Grenzen gestoßen.

Neu in der "VLZ", wie die Einrichtung im Behördenjargon abgekürzt wird, ist die Technik: Mehrere Systeme wurden in einer Oberfläche vereint. Vorher waren sie auf mehrere Arbeitsplätze verteilt. "Neu ist auch, dass mehrere Beamte gleichzeitig an einem System arbeiten können", sagt Karsten Witt, Chef der Verkehrsdirektion.

Die Augen der 21 Beamten, die in einem Vier-Schicht-System rund um die Uhr in der VLZ arbeiten, sind 82 Kameras, die Bilder live auf die Bildschirme bringen können. Neu ist auch eine Software, die die Kamerabilder überwacht, Stockungen im Verkehr erkennt und Aufnahmen sofort auf einen der Bildschirme bringt. Das schärfste Schwert im Kampf der Beamten der VLZ gegen Stau ist eine Fernsteuerung. Über sie können 1752 Ampeln im ganzen Stadtgebiet erreicht werden. Das kommt häufiger vor: Gut 88.000 Mal machten die Polizisten von dieser Möglichkeit im vergangenen Jahr Gebrauch, um in Ampelschaltungen einzugreifen oder Programmänderungen vorzunehmen. Das war vor allem nötig, wenn sic Unfälle ereigneten, Baustellen den Verkehrsfluss behinderten oder Straßen wegen Veranstaltungen oder Demonstrationen gesperrt waren.

Was nur wenige wissen: Auch viele Taxifahrer helfen der Polizei bei der Erstellung eines Verkehrslagebildes. Ihre Fahrzeuge sind mit GPS ausgerüstet und melden automatisch das Bewegungsmuster der Fahrzeuge in die VLZ. So können ebenfalls Verkehrsstockungen erkannt werden.

Direkt aus der Verkehrsleitzentrale kommen auch die Verkehrsmeldungen. "Durch aktuelle, offensive Verkehrslageinformationen, die beispielsweise an Radiosender weitergegeben werden, soll den Verkehrsteilnehmern die Möglichkeit gegeben werden, eigenständig staugefährdete Strecken zu meiden", sagt Streiber. Auch das ist ein "Massengeschäft". Rund 46.000 Verkehrsmeldungen mit Umleitungsempfehlung werden pro Jahr herausgegeben.

Innerhalb der Polizei gilt die Verkehrsleitzentrale als das letzte große Projekt dieser Art der kommenden Jahre - zu groß ist der Spardruck. Der Umbau wurde von der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation finanziert. Die Polizei bestreitet aus ihrem Etat die laufenden Kosten.

Ob sich die neue Verkehrsleitzentrale lohnt, können Hamburgs Autofahrer selbst beurteilen. Schon vor vier Wochen hat der Probetrieb begonnen. Mit einem symbolischen Knopfdruck durch Innensenator Michael Neunmann, Verkehrssenator Frank Horch, Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch und den Leitenden Polizeidirektor Karsten Witt wurde nun der "Echtbetrieb" gestartet.

In den Wochen zuvor stand den Beamten noch die Technik der alten Verkehrsleitzentrale zur Verfügung, die während der Bauzeit in Containern untergebracht war. Sie wurde jetzt abgeschaltet.