Der neue Eigentümer will die Miete verdoppeln. “Ich erwarte zum 30. Juni eine Kündigung zum Jahresende“, sagt Text+Töne-Chef Frank Mundt. “Zweitausendeins“ schließt Ende Juni.

Hamburg. Nun droht auch dem zweiten Buchladen an der Grindelallee das Aus. Nach Zweitausendeins, der den Räumungsverkauf bereits angekündigt hat und Ende Juni schließen wird, gerät jetzt auch das schräg gegenüber liegende Antiquariat Text+Töne unter Druck. "Ich erwarte zum 30. Juni eine Kündigung zum Jahresende", sagt Text+Töne-Chef Frank Mundt dem Abendblatt.

Klar ist: Die vom neuen Eigentümer des Hauses per E-Mail angekündigte Miete wird er nicht zahlen können. Sie liegt mit 5000 Euro pro Monat fast doppelt so hoch wie bisher. "Darüber brauchen wir gar nicht nachzudenken. Diese Summe würde unsere Geschäftsphilosophie, unsere Preisgestaltung und eine faire Bezahlung unserer Mitarbeiter unmöglich machen", sagt Mundt.

Es wäre ein scharfer Einschnitt für ein Konzept, das sich in den vergangenen 17 Jahren an der Grindelallee als erfolgreich erwiesen hat. "Wir kaufen gebrauchte Bücher, CDs und DVDs von Kunden, aus Nachlässen oder Sammlungen und geben sie günstig an Menschen weiter, die gern lesen, Musik hören oder Filme schauen", sagt Mundt. Der Jahresumsatz von 380.000 Euro reichte, um zwei Vollzeitkräfte, drei Studenten auf Honorarbasis und einen Lehrling zu bezahlen. "Wir schreiben schwarze Zahlen. Dies gelingt uns aber seit 2006 nur noch, weil wir auch über das Internet verkaufen", sagt Mundt.

Bislang profitierte er zudem von der günstigen Miete für sein 140 Quadratmeter großes Geschäft, das auf zwei Ebenen die Waren in Regalen und hölzernen Laden feilbietet. Über die 17 Jahre wurde der Preis für die Räume nicht erhöht, beträgt bisher 2535 Euro. "Die Familie Langhein war ein fairer Vermieter", so der Text+Töne-Chef. Doch als sie die Immobilie verkaufte, schwante ihm schon, dass nun andere Forderungen auf ihn zukommen würden. Damit lag er nicht falsch. Der neue Eigentümer, die Sven Basner Hausverwaltung, will in die Immobilie investieren, wie es in der E-Mail an Mundt weiter heißt. Zu der nahezu verdoppelten Miethöhe kündigt die Verwaltung auch eine Kaution von 26.750 Euro an. Die Familie Langhein hatte sich bisher mit 8000 Euro begnügt.

Eine exakte Begründung für die heraufgesetzten Zahlungen blieb die Hausverwaltung am Montag schuldig. Trotz mehrfacher Anrufe meldete sich bis zum Redaktionsschluss kein Sprecher des neuen Eigentümers.

Dessen Strategie jedoch leuchtet auch Immobilienmakler Wolfgang Philipp, dessen Unternehmen an der Grindelallee sitzt, nicht ein. "Die neue Miethöhe halte ich für gewagt", sagt Inhaber Wolfgang Philipp. Wenn Text+Töne den Standort verlassen müsse, verliere der Bereich erneut ein alteingesessenes Geschäft. "Dabei wird das Grindelviertel gerade dadurch geprägt, dass es hier viele inhabergeführte Läden gibt, die nicht zu Ketten gehören", so Philipp.

Ähnlich kritisch sieht Sören Pedersen die Lage. "Die Mieten im Quartier sind vollkommen überzogen", sagt der stellvertretende Vorsitzende des Vereins Interessengemeinschaft Grindel, in dem sich mehr als 50 Geschäftsleute zusammengeschlossen haben. Die Folgen werden auch am nahen Grindelhof deutlich. "Allein in diesem Jahr haben dort drei Geschäfte geschlossen", sagt Pedersen. "Das bedauern wir außerordentlich, weil unsere Gegend weniger attraktiv wird."

Text+Töne-Chef Frank Mundt muss sich jetzt neu orientieren. "Wenn wir zum Jahresende gehen müssen, werde ich einen neuen Standort suchen. Wir werden weiter gebrauchte Bücher und Tonträger an- und verkaufen. Aber künftig werde ich wohl nur noch einen Angestellten und einen Lehrling beschäftigen können", sagt er.

Dabei ist sein Konzept in der Kombination von Büchern und Tonträgern wohl einzigartig in der Hansestadt. Gerade ältere Menschen, die in kleinere Wohnungen oder Seniorenresidenzen umziehen, können bei ihm Teile ihrer Sammlungen abgeben, ohne alles entsorgen zu müssen.

Einmal habe ein Buch über die Alhambra vier Jahre lang bei ihm gelegen, sagt Mundt. Dann sah es ein Kunde mit leuchtenden Augen. "Sie wissen ja gar nicht, wie lange ich danach gesucht habe", sagte er.

Solche Momente, so scheint es, werden an der Grindelallee künftig zur Mangelware.