Wo kommen unsere Lebensmittel her? Die 15. Reise führt zu Kölln. Rund 38.000 Tonnen Hafer verarbeitet das mittelständische Unternehmen im Jahr. Der jährliche Umsatz liegt bei rund 84 Millionen Euro.

Elmshorn. Die Decken hängen ein wenig tief, das Fabrikgebäude stammt aus den 1920er-Jahren. Zwei mächtige Stahlwalzen drehen sich gemächlich in entgegengesetzter Richtung; zwischen ihnen ein kaum sichtbarer Spalt. Ein wenig altertümlich sieht die Maschine aus. Das Rumpeln verstärkt diesen Eindruck. Dabei ist das Ungetüm das Herz der Herstellung der Kölln-Haferflocken. Hier wird das Haferkorn so platt gewalzt, wie wir es vom Essen her kennen.

Ich bin nach Elmshorn gefahren, keine 40 Kilometer nordwestlich von Hamburg gelegen. Wer das Gelände der Kölln-Werke betritt, erkennt an den unterschiedlichen Stilen der Fabrikgebäude die wechselvolle Unternehmensgeschichte. Das Verwaltungsgebäude stammt noch aus den 1960er-Jahren, einige der Fabrikhallen sogar noch aus dem vorvergangenen Jahrhundert. 1795 hatte Hans Hinrich Kölln eine kleine Grützmühle gekauft und später auch Schiffszwieback für Seefahrer, die von Elmshorn nach Grönland ausliefen, produziert.

Sein Sohn Peter Kölln sollte aus der Mühle ein Industrieunternehmen machen. Moderne Technik hält in der Mitte des 19. Jahrhunderts Einzug. Die alte Rossmühle wird durch eine Dampfmaschine ersetzt. In der Folgezeit wächst das Unternehmen und wird zu einem der bedeutendsten Verarbeiter von Hafer in Europa. 1938 werden die "Blütenzarten Köllnflocken" erfunden - bis heute eine der bekanntesten deutschen Produktmarken. Das Unternehmen wird von Hans Heinrich Driftmann, dem früheren DIHK-Chef, geleitet.

Für das Herstellen der Haferflocken sind 45 Arbeitsschritte notwendig

Hier an dieser Maschine werden die Haferflocken also gemacht. Doch bevor es so weit ist, hat das Haferkorn einen langen Weg hinter sich. "45 Arbeitsschritte sind notwendig, um die Haferflocke herzustellen", sagt Stefan Geiser, Mitglied der Geschäftsleitung über die Laufgeräusche hinweg.

Grob gesagt wird das Korn zunächst gereinigt und erhitzt. Dadurch entwickelt sich das nussartige Aroma der späteren Haferflocken. Außerdem werden durch die Hitze fettspaltende Stoffe deaktiviert, sodass die Flocken später nicht ranzig werden können. Bevor das Korn (zwischen) den Walzenstuhl - also zwischen die beiden Walzen - kommt, wird es geschält und durch Wasserdampf weicher gemacht. "Wir machen das Haferkorn essbar", bringt Geiser es auf den Punkt.

Wir haben inzwischen eine benachbarte Fabrikhalle erreicht. Durch einen Trichter rauscht ein nicht enden wollendes "Band" an Körnern. Stefan Wurch ist ausgebildeter Müller und beobachtet den Strom mit Argusaugen. Wenige Minuten zuvor sind die einzelnen Körner durch ein Sieb gelaufen, das sie in drei verschiedene Größen trennt. Die Aufteilung der Körner in unterschiedliche Größen ist für den anschließenden Schälprozess wichtig.

Kölln betreibt einen sehr hohen Qualitätsaufwand. Um die 200 Tonnen Hafer verarbeitet das Unternehmen am Tag. Und am Ende darf kein dunkles Korn in der Tüte sein. Entscheidend ist auch, wie man die Spelze, also die Hülle, vom Korn entfernt. Das geht mechanisch mithilfe von Fliehkraft.

Wurch zeigt mir eine Zentrifuge, in der die Körner in Drehbewegungen versetzt werden. Wenn sie auf den Rand der Zentrifuge aufgeschlagen, löst sich die Spelze, und der Kern wird freigesetzt. Was sich einfach anhört, ist, wie Wurch sagt, nur mit müllerischem Geschick umzusetzen. "Ist die Geschwindigkeit der Zentrifuge zu hoch, geht der Kern beim Aufprall kaputt. Ist sie zu gering, löst die Spelze sich nicht."

"Hafer wird oft unterschätzt", sagt Anne-Dore Knaack, Chefin der Kölln-Produktentwicklung. Dabei gilt das Korn geradezu als wertvolle "Wundertüte", das neben Vitaminen und Mineralstoffen Eiweiß, ungesättigte Fettsäuren sowie lösliche Ballaststoffe enthält. "Besonders die Ballaststoffe helfen, den Cholesterinspiegel zu senken", sagt Knaack. Außerdem gilt der Hafer als ausgesprochen magenfreundlich.

Rund 38.000 Tonnen dieses Getreides verarbeitet das mittelständische Unternehmen im Jahr. Der jährliche Umsatz liegt bei rund 84 Millionen Euro. Nach mehreren Jahren mit Verlusten wurden 2009 erstmals wieder Gewinne geschrieben: 1,5 Millionen Euro. Dass die wirtschaftliche Situation so schwierig ist, hat auch mit den deutlich gestiegenen Preisen für Hafer zu tun. Mussten die Kölln-Werke vor acht Jahren noch 141 Euro pro Tonne bezahlen, sind es inzwischen rund 270 Euro.

Der Hafer wird größtenteils per Schiff aus Skandinavien angeliefert

Die Elmshorner beziehen ihren Hafer zum allergrößten Teil aus Skandinavien. "Unsere wichtigsten Handelspartner sitzen in Finnland und Schweden", sagt Geiser. Der Norden ist für den Anbau von Hafer besonders geeignet. "Es ist ein reines Sommergetreide, das mit einer kurzen Vegetationszeit auskommt, aber viel Licht und viel Wasser benötigt", ergänzt Stefan Hoth, Forschungschef bei Kölln. Umweltbedingungen also, die im Norden Europas herrschen.

Auch im Norden Deutschlands könnte man Hafer anbauen und hat es früher auch getan. Doch seit die Nachfrage nach "nachwachsenden Rohstoffen" für Biodiesel wie Mais und Raps geradezu explodiert ist, machen die Bauern lieber damit ihr Geld. Auf rund zwei Millionen Hektar bauen deutsche Landwirte inzwischen Energiepflanzen an. Das geht zulasten anderer Sorten, wie ich schon bei meinen Gesprächen mit Milch- oder Rübenbauern erfahren habe. Auch sie leiden unter der massiven Flächenkonkurrenz, die vor allem die Preise treibt.

Um die Transportkosten möglichst gering zu halten, lassen die Kölln-Werke ihren Hafer aus dem Norden mit dem Schiff zum Hamburger Hafen transportieren. Von dort geht es per Lastkraftwagen ins Werk, wo der Hafer bis zu seiner Verarbeitung in riesigen blauen, weithin sichtbaren Silos zwischengelagert wird. Etwas mehr als 3000 Tonnen Monat für Monat.

Wir stehen an einer verwitterten Kaianlage am Rande des Betriebsgeländes. Früher transportierten Schiffe den Hafer auf der Krückau direkt bis zum Haferflockenwerk. Doch weil das Flüsschen, das Elmshorn mit der Elbe verbindet, infolge von Ebbe und Flut immer wieder versandet, lohnen die "letzten Kilometer" per Schiff nicht mehr. "Der Lkw ist dort einfach günstiger", sagt Stefan Geiser.