CDU ehrt die Gründerin des Mehrgenerationenhauses mit dem Hamburger Bürgerpreis. Weitere Preisträger sind Erwin Müller, der ehrenamtlich das Langenhorn-Archiv betreibt und somit das Gedächtnis des Stadtteils ist.

Altstadt. Es dauert ein wenig, bis Dagmar Engels davon überzeugt ist, allein fürs Foto zu posieren. "Aber wir schaffen das doch alles nur, weil wir zusammen helfen", sagt die 66-Jährige. Alles - damit meint sie etwa den Mittagstisch, bei dem junge Mütter auf Senioren treffen, den Wäscheservice für kranke oder zeitweise mit dem Haushalt überforderte Menschen und das Kriseninterventionsteam, das Familien schnell und unkompliziert Hilfe leistet, wenn ihnen einfach alles zu viel wird. Und das sind nur drei Beispiele aus dem umfangreichen Angebot des Mehrgenerationenhauses Nachbarschatz.

Am Freitagnachmittag wurde der Verein im Großen Festsaal des Rathauses mit dem 25. Hamburger Bürgerpreis ausgezeichnet. Weitere Preisträger sind Erwin Müller, der ehrenamtlich das Langenhorn-Archiv betreibt und somit das Gedächtnis des Stadtteils ist, und die Hamburger Märchentage, die mit dem Peter-von-Zahn-Gedächtnispreis geehrt wurden.

Vergeben werden die Auszeichnungen für ehrenamtliches Engagement von der Hamburger CDU. "Das Ehrenamt ist ein elementarer Bestandteil einer sozialen Gesellschaft", sagte der CDU-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg. Deshalb wolle seine Partei mit dem Preis ein starkes Zeichen für das Ehrenamt setzen. "Wir wollen helfen, dass wichtige Projekte und selbstloser Einsatz eine stärkere Beachtung in unserer Gesellschaft erfahren", so Parteikollege Dietrich Wersich.

Dagmar Engels ist Leiterin des Mehrgenerationenhauses Nachbarschatz an der Amandastraße. Da passt der Nachname Engels natürlich ganz gut. Dabei trägt die 66-Jährige ihn erst seit 25 Jahren. 1988 hat sie geheiratet - zum vierten Mal. Da hatte sie schon zwei Kinder, die aber aus dem Gröbsten heraus waren. Dann bekam die technische Zeichnerin ihre zweite Tochter. Nach der Geburt war für Engels klar: Zu Hause bleiben kommt nicht infrage.

Engels stammt aus einem CDU-Haushalt, wurde in Blankenese geboren und wuchs mit fünf Brüdern auf. "Dank ihnen kann ich mich so gut durchsetzen", sagt sie. Die Mutter ist berufstätig und renoviert lieber ein Zimmer, statt das Bad zu putzen. Also greift der Vater zum Lappen. Das gleichberechtigte Verhältnis der Eltern prägt Engels.

Als junge Frau war sie Anhängerin der Grünen, die Umbruchsstimmung der 68er steckte sie an, wenngleich sie nicht als Aktive in der ersten Reihe stand und sich heute eher als Mitläuferin bezeichnet. Aber der Wunsch, an der Gestaltung der Gesellschaft teilzuhaben, fußt in dieser Zeit. Die junge Frau verliebte sich, heiratete und wurde zum ersten Mal schwanger. Die Familie lebte auf St. Pauli. Sechs Jahre blieb Engels zu Hause und kümmerte sich um die Tochter. "Das war die schlimmste Zeit meines Lebens", sagt sie. So sehr sie ihr Kind auch liebte, das eintönige Leben als Heimchen am Herd machte sie unglücklich. "Das ging so, bis ich diese Ehe verlassen habe", sagt Engels. Zur gleichen Zeit kam die Tochter in die Schule, und Engels fing wieder an zu arbeiten. Ein mutiger Schritt, oder? Engels schüttelt den Kopf. "Die Leute sagen immer, dass ich mutige Schritte im Leben gemacht habe, dabei habe ich einfach nur gemacht, was sich richtig angefühlt hat."

So war das auch mit dem Mütterzentrum. Engels war gerade 41 Jahre alt und hatte ihr drittes Kind bekommen. "Das war der Anlass, mich noch mal für Mütterpolitik zu interessieren und zu engagieren." Zunächst besuchte sie eine Arbeitsgruppe rund um die Themen Gentechnologie und Pränataldiagnostik. "Aber mein Baby hat bei den Treffen immer irgendwie gestört", sagt Engels. "Ich habe das als sehr mütterfeindlich empfunden." Sie hörte von der Idee der Mütterzentren und war begeistert. Ein Ort, an dem man sich trifft, um gemeinsam mehr zu bewegen als den Kochlöffel, und sich gesellschaftlich engagieren kann. Die Kinder werden währenddessen betreut. "Es geht darum, jungen Müttern die Chance zu geben, in dieser Phase ihres Lebens nicht aus der aktiven Gesellschaft ausgeschlossen zu sein."

1989 gründete Engels mit einigen Mitstreiterinnen das Mütterzentrum in Eimsbüttel. Die Räume hatten zunächst nur 60 Quadratmeter, aber das Angebot kam gut an. 2007 wurde die Einrichtung zum Mehrgenerationenhaus. Vor wenigen Monaten ist der Nachbarschatz an die Amandastraße umgezogen. Hier stehen ihnen nun gut 1000 Quadratmeter inklusive Kita zu Verfügung.