Schifffahrtskrise: Drei namhafte Hamburger Kaufleute haben eine Sanierungsplattform für von der Insolvenz bedrohte Frachter gegründet.

Hamburg. Die Schifffahrtskrise geht ins fünfte Jahr, und es gibt mittlerweile handfeste Indizien dafür, dass sich die Lage noch verschärfen könnte. Immer häufiger müssen auch Schiffe jüngeren Baudatums Insolvenz anmelden, weil die Chartererlöse nicht mehr ausreichen, um die Zinsen oder gar die Tilgung der Finanzierung zu bedienen. Viele Experten gehen davon aus, dass erst das Jahr 2014 oder vielleicht sogar 2015 eine spürbare Erholung bringen wird. Eine lange Zeit - für manche Reeder zu lange.

Vor diesem Hintergrund haben die drei Hamburger Reedereien F. Laeisz, Norddeutsche Reederei H. Schuldt und Rickmers Reederei gemeinsam mit dem Anwalt und Sanierungsspezialisten Jan Duken ein Projekt entwickelt, das dazu beitragen soll, die Krise zu meistern: Die erste Sanierungsplattform für Frachtschiffe, die an diesem Dienstag offiziell vorgestellt werden soll. Dieses "Frachtschiff-Kontor", im Kern eine Schifffahrtsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG mit Duken als geschäftsführendem Gesellschafter, kauft in Zusammenarbeit mit Banken, die zu einem teilweisen Forderungsverzicht bereit sind, in finanzielle Schlagseite geratene Schiffe, um sie kurzfristig operativ zu stabilisieren und mittelfristig zu sanieren. Das Kontor hat seit der Gründung im Oktober 2012 bereits vier Frachtschiffe mit einem Gesamtvolumen von 100 Millionen Dollar erworben. Bereedert wird die Flotte durch eine der drei Partnerreedereien.

"Wir Reeder können nicht erwarten, dass die Banken diese dramatische Schifffahrtskrise allein meistern. Alle Beteiligten müssen einen Beitrag leisten. Wir stellen mit dem Frachtschiff-Kontor die geeignete Sanierungsplattform bereit", sagt Nikolaus H. Schües, Chef der Reederei Laeisz. Das zugrunde liegende Finanzierungs- und Beteiligungskonzept trägt den besonderen Marktumständen und den daraus resultierenden Anforderungen der Banken wie der Investoren Rechnung und wurde von mehreren Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft. Deren Placet war die Voraussetzung, dass die finanzierenden Banken die Transaktionen unterstützen. Sowohl nach den aktuellen wie nach den ab 1. Januar 2014 geltenden Bilanzierungsregeln bestehen demnach keine Vorbehalte. Jan Duken: "Sowohl in Reedereien als auch bei den Banken wird zurzeit sehr intensiv über solche Plattformen diskutiert. Es gibt eine Vielzahl von Konzepten. Wir sind aber, nach unserer Kenntnis, die erste Sanierungsplattform, die ein Modell etabliert hat, das von Wirtschaftsprüfern abgesegnet wurde und sowohl die Interessen der Alteigentümer als auch der Banken abdeckt."

Bei Aufkäufen durch das Frachtschiff-Kontor werden die Verkäufergesellschaften in der Regel durch die Zahlung des Kaufpreises und gegebenenfalls durch Teilverzichte der Banken entschuldet und so vor einer Folgeinsolvenz bewahrt. Unter bestimmten Voraussetzungen bietet das Frachtschiff-Kontor zusätzlich einen Besserungsschein für den Fall, dass sich die Märkte spürbar erholen und das Schiff innerhalb von fünf Jahren mit einem Überschuss verkauft werden kann.

Das Frachtschiff-Kontor ist insbesondere auf Containerschiffe, Bulkcarrier und Schwergutschiffe spezialisiert. Dazu sagt Bertram R.C. Rickmers, Chef der Rickmers Reederei: "Wir konzentrieren uns bei der Auswahl der Schiffe auf unsere jeweiligen Bereederungskompetenzen, sind aber vorbereitet, gegebenenfalls auch Tanker oder Fährschiffe zu übernehmen. Das technische Management solcher Schiffe würden wir dann allerdings extern vergeben."

Bernd Kortüm, Mitglied der Geschäftsleitung der Norddeutsche Reederei H. Schuldt, sieht in dem Kontor eine echte Alternative zur Not leidenden Schiffsfinanzierung: "Unsere Vorteile sind neben der hohen Professionalität vor allem unsere Flexibilität und die Option, die Alteigentümer an einer späteren Markterholung zu beteiligen. Insbesondere für Fondszeichner sind wir damit eine echte Alternative zu den immer häufigeren Insolvenzen."