Einer der dicksten Brocken ist der geplante Neubau der Kattwyk-Hubbrücke, der mit 68 Millionen Euro mehr verbucht wird als zuvor.

Hamburg. Die Wege der Hafenfinanzierung zu verstehen, fällt offenbar selbst Experten schwer. Im vergangenen November ließ sich der Wirtschaftsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft über aktuelle Projekte der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) informieren. Die Kostenentwicklung erschien dem FDP-Abgeordneten Thomas-Sönke Kluth dabei nicht stichhaltig. In einer Reihe kleiner Anfragen an den Senat erbat er kürzlich eine Übersicht - und erhielt ein nicht nur für ihn überraschendes Ergebnis.

Insgesamt zehn Projekte werden nach aktuellem Planungsstand unter dem Strich 1,14 Milliarden Euro kosten und damit um 243,3 Millionen Euro teurer werden als noch im November 2011 veranschlagt. Die dicksten Brocken sind dabei der geplante Neubau der Kattwyk-Hubbrücke, der mit insgesamt 205 Millionen Euro von der HPA nun mit 68 Millionen Euro mehr verbucht wird als zuvor. Die Verkehrsanbindung des Terminals Burchardkai setzt die Hafenverwaltung derzeit mit 103 Millionen Euro an, zuvor waren es rund 48 Millionen Euro. Kluth hält das für fahrlässig: "Aus den Antworten des Senats ergeben sich für die wichtigsten Infrastrukturvorhaben des Hamburger Hafens gigantische Kostensteigerungen. Ob damit bereits das Ende der Fahnenstange erreicht ist, bleibt fraglich", sagte er dem Abendblatt.

Die Wirtschaftsbehörde, zuständig für die Aufsicht über die HPA und oberste Planungsinstanz für den Hafen, wies die Kritik am Donnerstag zurück. Infrastrukturprojekte seien hochkomplex, ihre Kosten selten präzise zu kalkulieren. Eine "genaue zeitliche Steuerung und exakte Eintaktung" sei erfahrungsgemäß nicht möglich, teilte die Behörde auf Anfrage mit.

Die aktuellen Kostensteigerungen seien in den Finanzplanungen für die HPA allerdings schon berücksichtigt. Es bestehe kein Anlass zur Sorge, dass durch eine mögliche Kreditaufnahme der Hafenverwaltung ein Schattenhaushalt geschaffen werde. "Um den verfügbaren Handlungsspielraum zu erweitern, ist die HPA gehalten, zusätzliche Finanzierungspotenziale zu erschließen: durch mehr Effizienz, durch Einnahmensteigerungen und durch die stärkere Einbeziehung privater Dritter in die Projektfinanzierung", sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) dem Abendblatt. "Sollten die verfügbaren Mittel dennoch temporär nicht ausreichen, muss die Projektrealisierung gegebenenfalls zeitlich gestreckt und damit an den öffentlichen Finanzierungskorridor angepasst werden."

Jahrelang herrschte über die Finanzierung des Hafenausbaus Streit zwischen dem Senat und der Hafenwirtschaft. Der frühre Bürgermeister Ole von Beust (CDU) und seine Wirtschaftssenatoren wollten durchsetzen, dass die öffentlich-rechtliche HPA die Sanierung der Infrastruktur und den Neubau von Anlagen aus eigener Kraft und in Kooperation mit der Privatwirtschaft finanziert. Diese Politik scheiterte unter anderem daran, dass die Hafenwirtschaft die HPA nicht als zusätzlichen Anbieter von Dienstleistungen im Hafen und damit als weiteren Konkurrenten akzeptieren wollte. Zudem fürchteten die Betreiber von Terminals und Logistikzentren steigende Pachten für ihre Flächen, die die HPA vermietet.

Die SPD stellte die Hafenfinanzierung nach der Übernahme der Regierungsverantwortung im Frühjahr 2011 wieder um. Von 2014 an bekommt die Hafenverwaltung nun wie bereits früher jährliche Zuschüsse aus dem städtischen Haushalt für Investitionen in den Hafen. Für 2014 sind dies 91 Millionen Euro, in den Folgejahren bis 2017 jeweils 100 Millionen Euro. Zudem stehen der HPA für dieses Jahr und für 2014 die verbliebenen 434 Millionen Euro aus der sogenannten HHLA-Milliarde für Investitionen zur Verfügung. Diese Mittel stammen aus dem Börsengang des städtischen Hafenkonzerns HHLA im Jahr 2007. Unklar ist derzeit allerdings, wie Großprojekte der kommenden Jahre finanziert werden. Hohe Investitionen wird etwa das geplante Central Terminal Steinwerder (CTS) im mittleren Hafen erfordern.

"Die HHLA-Milliarde ist verbraucht oder verplant. Aber im Hafenentwicklungsplan findet sich kein Wort, wie die von der Wirtschaft geforderten Investitionen für den Hafen zukünftig finanziert werden sollen", sagte Kluth. "Nach den vom Senat vorgelegten Zahlen reicht der vorgesehene jährliche Zuschuss aus dem Haushalt gerade, um die Kostensteigerungen aufzufangen."

Die von der FDP errechneten Werte hält der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bürgerschaftsfraktion, Anjes Tjarks, für plausibel. Auch die Grünen hatten zuletzt für alle Hafenprojekte eine Finanzierungslücke errechnet, und zwar von insgesamt 759 Millionen Euro bis zum Jahr 2018. Den Ausgaben von 1,828 Milliarden stünden allenfalls Einnahmen von 1,069 Milliarden Euro gegenüber. Die Kosten für den Hafenausbau seien in den vergangenen zwei Jahren "explodiert. Dabei sind in den von Kluth ausgerechneten gut 243 Millionen Euro Mehrkosten für die Projekte der Hamburg Port Authority die Kosten für die Elbvertiefung noch gar nicht mitgerechnet", sagte Tjarks dem Abendblatt. Auch für die geplante Elbvertiefung geht Tjarks davon aus, dass Hamburg mehr zahlen muss als bisher angenommen. Allein von 2004 bis 2011 seien die voraussichtlichen Kosten von 137 auf 185 Millionen Euro angestiegen. Tjarks fordert nun, dass der Senat die Kosten für den Hafenausbau sowie die Instandhaltung transparenter macht. "Es geht hier um Milliardensummen."