Apartments für Geschäftsleute oder Weltenbummler: Hamburger Firmen wie das Unternehmen City-Wohnen oder Homecompany profitieren.

Hamburg. Auf der Cebit ist es das Thema des Jahres: teilen statt kaufen. Diese neue Form des Wirtschaftens verbindet Nachhaltigkeit mit Effizienz, und sie ist in der heutigen Ausprägung erst durch das Internet möglich geworden: Firmen teilen sich Speicherplatz in der Datenwolke Cloud, anstatt teure Server vorzuhalten, Wissenschaftler teilen Wissen im weltweiten Netz, so forscht nicht jeder im stillen Kämmerlein. Großstädter teilen sich Autos - und immer häufiger auch Wohnungen.

Die Gründer von City-Wohnen, Ingrid Markusse und Frederick Wencke, sind schon vor Jahrzehnten auf diesen Zug aufgesprungen und haben die erste Mitwohnzentrale Hamburgs gegründet. Heute erleben sie als Geschäftsführer von City-Wohnen mithilfe des Internets und einer immer mobiler werdenden Arbeitswelt einen Boom des "Mitwohnens". Immer mehr Menschen stellen ihre Wohnung für einen begrenzten Zeitraum, oft nur einen Monat, für Kurzzeitmieter zur Verfügung. Und die Mobilität der Arbeitswelt mit Projektarbeit, internationalem Austausch von Fachkräften in Firmen sowie Wissenschaftlern an Forschungsinstituten treibt die Nachfrage weiter voran.

"Wir haben 2012 das erfolgreichste Jahr unserer Geschichte erlebt", sagt Frederick Wencke, "und dieser Zuwachs setzt sich fort": Im Januar und Februar des laufenden Jahres hätten die Erlöse der Firma noch einmal jeweils um die 20 Prozent zugelegt. In einem lichtdurchfluteten Büro in Ottensen sorgen inzwischen 17 Mitarbeiter dafür, dass sich Wohnungen und Kurzzeitmieter in Hamburg finden, Bürohund Robin sorgt hier außerdem für gute Laune. Insgesamt 850 möblierte Apartments für private Kunden und Geschäftsleute haben die Gründer in Hamburg in der Kartei. Sie haben sie besichtigt, fotografiert und ins Netz gestellt, sodass sich der Interessent schon vor der Anreise ein Bild machen kann von seinem "Zuhause auf Zeit".

Das Gebührenmodell von City-Wohnen Hamburg ist einfach: 30 Prozent Provision fällt im ersten Mietmonat an für die Erstellung des Mietvertrags und den weiteren Service, anschließend sinkt diese Gebühr - wie bei den Internetportalen - auf 15 Prozent der Monatsmiete, welche vom jeweiligen Vermieter festgesetzt wird. Eine 60-Quadratmeter-Wohnung inklusive Spül- und Waschmaschine, Fernseher und Internetanschluss wird in angesagten Vierteln wie der Schanze und St. Pauli für rund 900 bis 1000 Euro vermietet, sagt Markusse. In durchschnittlichen Lagen wie etwa Wandsbek werde der Kunde dagegen schon für 750 Euro im Monat fündig. Dazu kommt die Provision, die der Mieter zahlt.

Die Idee der Mitwohnzentrale hat ihre ursprünglichen Wurzeln in Paris, wo Studenten in den Semesterferien ihre Zimmer an Touristen vermieteten, während sie selber für die Sommermonate wieder daheim bei den Eltern wohnten. Das war in den Sechzigern. Heute hat sich der Markt des Mitwohnens komplett gewandelt. Seit drei, vier Jahren mischen mit airbnb.com, wimdu und 9flats.com gleich drei Internetportale im Kurzmietmarkt mit. Sie fungieren als Marktplätze im Netz mit Wohnungen für Touristen, Weltenbummler, aber auch Geschäftsleute. Die Wohnungen oder Häuser sind auch hier aus verschiedenen Gründen unbewohnt: die Eigentümer sind selber im Urlaub, gönnen sich ein Sabbatical oder studieren für ein Semester im Ausland. Mit großem Werbeeinsatz machen insbesondere die Anbieter im Netz die Idee des Teilens von Privatunterkünften publik.

Viele Internetportale richten sich insbesondere an junge Leute, die auf dem Sofa oder der Luftmatratze mitwohnen, während die Besitzer als Fremdenführer fungieren und Lust auf neue Bekannte aus aller Welt haben. "Egal ob du ein freies Schlafzimmer, eine Zweitwohnung, ein Baumhaus oder einfach deine eigene Wohnung vermieten möchtest, um deine Reisen zu finanzieren; erstelle dein Inserat bei Airbnb!", wirbt das US-Portal auf seiner Homepage. Es hat mit dieser lockeren Ansprache bereits Wohnungsbesitzer in 34.000 Städten von der Idee überzeugt. In Hamburg listet die Seite 1150 Angebote auf. Die Stadt rangiere bei den beliebtesten Unterkünften in Deutschland direkt hinter Berlin und München, heißt es bei airbnb.

Hamburg spielt als Keimzelle des Trends eine gewichtige Rolle: Das Portal airbnb siedelte seine Deutschland-Zentrale in der Hansestadt an. Inzwischen ist auch der Medienkonzern Axel Springer an dem Portalbetreiber beteiligt. Stephan Uhrenbacher, Gründer der Bewertungsplattform qype startete an der Elbe auch 9flats.com, ebenfalls einen Vermittler von Unterkünften, der inzwischen weltweit gut 86.000 Objekte anbietet. Mit Blick auf Geschäftsleute bietet in Hamburg neben City-Wohnen auch die Homecompany mit Sitz am Schulterblatt Privatunterkünfte auf Zeit an. Hier stehen 450 Wohnungen, Zimmer und Häuser zur Auswahl. Eine möblierte Zweizimmerwohnung kostet im Schnitt 1000 Euro im Monat.

Ebenso wie City-Wohnen strebt die Homecompany eine längere Mietdauer an und richtet sich an Firmenkunden. Viele der Mieter bei diesen Anbietern für Geschäftsleute haben einen neuen Job und wollen innerhalb der Probezeit noch keine Wohnung kaufen. Andere sind als Fachkräfte aus dem Ausland, etwa bei Airbus oder Lufthansa Technik, für eine Projektarbeit in Hamburg beschäftigt. Die Liste der Unternehmen, mit denen City-Wohnen zusammenarbeitet, ist lang: Sie reicht von den Luftfahrtkonzernen über die Finanzbranche bis zu Unternehmensberatungen. Oft ist es dabei keine Frage des Geldes, sondern der Wunsch der Berufstätigen für einige Monate in einer möblierten Wohnung zu wohnen, anstatt im Hotel zu übernachten. "Das ist weniger anonym und man fühlt sich wohler in einem Zuhause auf Zeit", sagt Wencke. Die Internetanbieter wie airbnb oder 9flats.com vermitteln dagegen auch tageweise. Und ihre Portale sind so aufgebaut, dass die Vermieter ihre Wohnungen selber ins Netz stellen.

Das angeblich so nachhaltige Teilen bei Wohnungen hat aber auch seine Schattenseiten: Besonders in Berlin rufen die Anbieter Kritiker auf den Plan. Tausende Wohnungen in den In-Stadtteilen Kreuzberg und Mitte seien von Amerikanern bevölkert, die den Eigentümern der Immobilien einen ungeahnten Geldsegen bescheren, bemängeln die Nachbarn: Schließlich ist die Vermietung für wenige Tage oft einträglicher als wenn ein fester Mieter einzieht. Viele Berliner beklagen bereits, ihre Stadt verliere ihre Identität an die Touristen. Auch in Hamburg gibt es Konflikte angesichts der Wohnungsknappheit in bestimmten Stadtteilen: Während Familien mit Kindern sich kaum mehr die drei nötigen Zimmer in Winterhude leisten können, vermieten Eigentümer ihre Immobilie an besser zahlende Businesskunden und verknappen das Angebot damit zusätzlich. Die Behörden stellen bereits weitere Mitarbeiter ein, um solchen Missbrauch zu kontrollieren und die Zweckentfremdung des Wohnraums einzudämmen.

Hier sei die Gesetzeslage bisher etwas schwammig, findet die Juristin Markusse. Die Stadt strebt aber an, eine Grenze zwischen Wohnen und Tourismus zu definieren. Im Gespräch ist bisher ein Zeitraum von sechs Monaten. Eine kürzere Vermietdauer kann dem Eigentümer dagegen zum Verhängnis werden. Der Hamburger Senat will sogar den Versuch, illegal Ferienwohnungen zu vermieten, das Anbieten und die Werbung für Ferienwohnungen als Ordnungswidrigkeit bestrafen, weil die Versorgung der Hamburger "schwierig" ist. Es drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro. Der Verein Mieter helfen Mietern geht in Hamburg von etwa 1500 illegal vermieteten Ferienwohnungen aus.

Der Trend des Teilens von Wohnraum betrifft allerdings das gesamte Bundesgebiet. Inzwischen vermitteln rund 100 professionelle Agenturen vor allem in den Großstädten möblierte Wohnungen auf Zeit.