Auch Verbraucherzentrale gab fünfstellige Summe für Rückkauf der Strom- und Gasleitungen. Juristen ziehen Finanzierung in Zweifel.

Hamburg. Die Volksinitiative "Unser Hamburg - unser Netz" ist wegen der Finanzierung ihrer Kampagne in die Kritik geraten. Hintergrund: Laut Rechenschaftsbericht wurde die Initiative, die per Volksentscheid einen vollständigen Rückkauf der Strom- und Gasleitungen durchsetzen will, in den vergangenen beiden Jahren mit 19.500 Euro vom evangelischen Kirchenkreis Hamburg-Ost der Nordkirche gefördert. Auch die Verbraucherzentrale Hamburg, die jährlich mit 849.000 Euro von der Stadt unterstützt wird, hat der Initiative fast 10.000 Euro zukommen lassen. Politiker und Juristen halten es für problematisch, dass die Kampagne der Initiative auch mit Steuergeld finanziert wird. Sollte der Volksentscheid im September erfolgreich sein, müsste die Stadt die Strom-, Gas- und Fernwärmeleitungen von Vattenfall und E.on zurückkaufen - für geschätzte zwei Milliarden Euro.

"Es kann nicht sein, dass Kirchensteuern und anderes Steuergeld für politische Zwecke eingesetzt werden", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Roland Heintze, zum finanziellen Engagement von Kirche und Verbraucherzentrale für die Initiative. FDP-Fraktionschefin Katja Suding betonte, dass die staatlich unterstützte Verbraucherzentrale kein politisches Mandat habe. "Der Senat sollte dafür Sorge tragen, dass die Verbraucherzentrale nicht mit Steuermitteln Partei in politischen Konflikten ergreift."

Auch Verwaltungsrechtler Prof. Ulrich Karpen sieht eine Beteiligung von Kirche und Verbraucherzentrale an der Netze-Initiative kritisch. Grundsätzlich habe die Kirche zwar den öffentlichen Auftrag, darauf zu achten, dass die Umwelt geschützt werde. Diesen erkennt Karpen bei der Frage, wem die Leitungen gehören, aber nicht. "Dabei geht es nicht um eine grundsätzliche Umweltfrage. Der Bezug zum Umweltschutz ist zu schmal", sagt Karpen. Auch die Verbraucherzentrale gehe mit der Finanzierung der Initiative über ihren Auftrag hinaus. "Es ist nicht Aufgabe der Verbraucherzentrale, dem Staat in die Arme zu fallen, ohne den Nachweis eines schweren Missgriffs in den Umweltschutz zu führen", so Karpen.

Günter Hörmann, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale, begründet das Engagement damit, dass Klimaschutz im Sinne der Verbraucher sei. Zugleich könne man durch mehr Wettbewerb auf sinkende Preise für die Verbraucher hoffen. Auch die Kirche weist die Kritik zurück. "Wir treten dafür ein, dass die Bereiche unseres Lebens, die zur Daseinsvorsorge gehören, nicht kommerziellen Gesetzmäßigkeiten unterworfen werden", sagt Theo Christiansen vom Kirchenkreis Hamburg-Ost, der in der Netze-Initiative vertreten ist.

Unterdessen ist auch klar, was der Volksentscheid die Hamburger kosten wird. Laut Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Verfassungspolitikers André Trepoll belaufen sie sich auf rund 2,5 Millionen Euro. Auch aufgrund dieser hohen Summe bleibe "zu hoffen, dass das Verfassungsgericht die Rechtswidrigkeit des Volksentscheids bestätigt", sagte Trepoll. Die CDU hatte gegen den Volksentscheid geklagt. Die Entscheidung steht noch aus.

In einer Abendblatt-Umfrage hatten sich kürzlich 64 Prozent der Befragten für einen vollständigen Rückkauf der Netze ausgesprochen.