Von Schmidt, Brüderle und Schavan - im Januar gab es viel Rauch und wenig Feuer.

Eine Glosse schreiben, so hat es Karl Kraus gesagt, heißt, auf einer Glatze Locken drehen. Diese Woche sieht man die Glatze vor lauter Locken nicht mehr. Was da alles auf uns einstürzt!

Zum Beispiel, dass Helmut Schmidt mit einer Menthol-Zigarette in flagranti erwischt wurde. Im Hotel Atlantic, bei der Verleihung des nach ihm benannten Journalisten-Preises. Nun ist eine heftige Debatte darüber entbrannt, ob vor dem Gesetz auch Altkanzler gleich sind. "Meine Sorgen möchte ich haben", schrieb Tucholsky einmal bei einer Debatte von ähnlichem Gewicht.

Der zweite Fall war Herr Brüderle, der jetzt zum "Torschützen" und "Gesicht" der FDP gewählt worden ist. Da fiel es einer "Stern"-Journalistin ein, dass er vor einem Jahr in einer Bar beim Dreikönigstreffen in Stuttgart unter anderem folgenden Dialog mit ihr geführt habe: "Wo kommen Sie her?" Sie: "Aus München." Und wieder er, nachdem er tief zu ihr geblickt hatte: "Sie könnten auch ein Dirndl füllen." Nun, da er an der Spitze der Partei stehe, findet sie, dürfe er nicht mehr so spitz sein und müsse auch in einer Bar sein Gesicht geradeaus richten, um keine Eigentore zu schießen. Nachdem sie einen Entrüstungssturm, einen sogenannten Shitstorm, auf der Internetseite des "Sterns" losgetreten hatte, sagte sie zu ihrer Rechtfertigung für die verspätet angezeigte Belästigung, es sei ihre Absicht gewesen "aufzuzeigen, dass Brüderle ein Politiker sei, der aus der Zeit gefallen zu sein scheint". Gut. Dass man zu später Stunde in der Bar aus der Zeit fallen kann, weil es dort keine Sperrstunde gibt, ist nicht verwunderlich. Und was ihre Vorwürfe anlangt, so sagen Berliner dazu: "Ham Se's nicht 'ne Nummer kleener?" und meinen damit nicht das Objekt der Brüderle-Optik.

Bleibt noch als letzte Locke die Doktorarbeit, bei der Frau Schavan ihren Skalp retten möchte und das so begründet, gerade jetzt habe sie "eine besondere Verantwortung, im Amt zu bleiben". Und sie sagt, was alle in solchen Fällen sagen: "Nachdem ich so viel Zuspruch gerade aus der Wissenschaft erfahren habe!" Manchmal macht die Sprache ihre eigenen Witze: Die Arbeit aus dem Jahr 1980, über die längst Gras gewachsen wäre, wenn nicht ein Internetnutzer Unstimmigkeiten entdeckt hätte, trägt den Titel "Person und Gewissen". Und das passt doch gut zu der Verantwortung, wie sie auch Wowereit, und zwar als Person und im Amt und mit reinem Gewissen, weiter trägt. Bis zum bitteren Ende. Statt Locken also Haarspaltereien.