Große Anfrage der CDU rund ums Schulessen ergibt: Viele Kantinen zu klein, die meisten wärmen das Essen nur auf, Ausbau geht zögernd voran.

Hamburg. In der Kantine der Stadtteilschule Am Hafen in der Neustadt duftet es an diesem Mittwoch nach Putengeschnetzeltem mit Reis. "Das Essen schmeckt gut, und es ist gesund", so das Urteil der Zehntklässlerin Nadjma Hasher, die jeden Mittag in der Schule isst. In Mamma's Canteen, so der Name der Schulkantine, wird jeden Tag frisch gekocht. Es gibt für 3,50 Euro ein Gericht, dazu Salat oder Nachtisch.

"Von den 652 Schülern kommt etwa die Hälfte zum Mittagessen", sagt Dieter Lambrecht, Verwaltungsleiter der Stadtteilschule Am Hafen. Gegessen wird in zwei Schichten. Am zweiten Schulstandort in Altona gehen von 250 Schülern etwa 100 zum Mittagstisch, am dritten Standort auf St. Pauli kochen die Schüler selbst, von knapp 500 essen etwa 300 in der Mensa.

Die Stadtteilschule Am Hafen ist die positive Ausnahme: Nur an 63 der 283 staatlichen Schulen, die Mittagessen ausgeben, wird jeden Tag frisch gekocht. In nur 22 Prozent der Schulkantinen erhalten die Schüler also ihr Essen auf besonders Vitamine schonende Art. Das ist ein Ergebnis der Großen Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion rund um das Thema Schulessen.

An rund 60 Prozent der Standorte (169 Schulen) werden die Menüs angeliefert und vor Ort dann zum Teil über Stunden warm gehalten. An 51 Schulen wird gekühltes Essen aufgewärmt. Schon nach einer Stunde des Warmhaltens sind laut einer Studie der Hochschule Niederrhein 25 Prozent des Vitamins C verloren gegangen, nach drei Stunden sind es 59 Prozent. "Mit dem flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen hat der Staat die Verantwortung dafür übernommen, dass die Kinder so ernährt werden, dass sie gesund und leistungsfähig bleiben", sagt CDU-Schulexperte Robert Heinemann. "Im Moment werden sie in vielen Schulen bestenfalls satt."

Die Schulbehörde knüpft den Bau der besonders teuren Produktionsküchen an Bedingungen: Es muss ein langfristiges und finanziell gesichertes Betriebskonzept vorliegen. Die Schule muss über eine große Zahl von Essern verfügen und mit Nachbarschulen kooperieren. "Für Produktionsküchen finden sich angesichts hoher Personalkosten selten Betreiber, zudem liefern Zubereitungsküchen sehr schmackhaftes Essen, wie ein Modellversuch mit der Otto-Gruppe jüngst gezeigt hat", sagt Schulsenator Ties Rabe (SPD).

Seit dem Regierungswechsel im Frühjahr 2011 sind lediglich 19 Küchen fertiggestellt worden. "Die Essensversorgung hinkt massiv hinter dem Ausbau der Ganztagsschulen hinterher", kritisiert Heinemann. "Das ist gerade an Grundschulen ein großes Problem." Rabe verweist jedoch auf den schwarz-grünen Senat, der nur wenig vorgeplant habe. "Gegenüber der Vorgängerregierung haben wir die Zahl von zwei auf 18 Kantinen im Jahr gesteigert, aber wir müssen in der Tat noch einen Zahn zulegen", sagt der Senator.

Probleme gibt es nicht nur mit dem Bau von Küchen, sondern auch mit der Bereitstellung von Essensräumen, also Kantinen oder für diesen Zweck geeigneten Aulen oder Mehrzweckhallen. An 48 Schulen müssen die Schüler zumindest teilweise in den Klassenräumen essen, an der Stadtteilschule Blankenese laut Senatsantwort sogar auf dem Flur. Andere Schulen verfügen zwar über eine Kantine - aber mit zu geringen Sitzplatz-Kapazitäten. An 23 Standorten müssen die Kinder deswegen in vier oder sogar fünf Schichten essen. Da bleibt zum Teil nur wenig Zeit (15 bis 20 Minuten), oder die Mahlzeiten verlagern sich in Richtung Nachmittag (letzte Schicht um 14 oder 14.30 Uhr).

Ein überraschendes Ergebnis der Senatsantwort ist die hohe Fluktuation bei den Caterern. Seit Sommer 2011 haben 65 Schulen (rund 23 Prozent) den Kantinenbetreiber gewechselt. Allein in 17 Fällen waren die Esser mit der Qualität der Mahlzeiten unzufrieden. Aber es gab auch wirtschaftliche Gründe wie die Insolvenz des Anbieters, geänderte Vertragsbedingungen oder schlicht die gestiegene Zahl der Essen.

Heinemann moniert, dass nur in 45 Prozent der Schulen die Schüler regelmäßig im Klassenverband essen und nur an jeder dritten Schule Lehrer jedenfalls in einzelnen Klassenstufen regelmäßig am Essen teilnehmen. Die Kosten betragen zum größten Teil zwischen 3 und 3,50 Euro pro Mahlzeit. Aber es gibt Ausreißer: An der Grundschule St. Pauli und den Schulen Billwerder Straße (Lohbrügge) und Schwarzenbergstraße (Harburg) zahlen Schüler 1,50 Euro, an der Schule Dempwolffstraße (Eißendorf) nur einen Euro. Dagegen kostet ein Essen an der Schule Strenge (Wellingsbüttel) 4,20 Euro und am Walddörfer-Gymnasium (Volksdorf) sogar 4,30 Euro.

In der Stadtteilschule Am Hafen weiß man längst, dass es in der Kantine um mehr als die Ausgabe von Essen geht. "Wir leisten uns bewusst Blumen auf den Tischen", sagt Verwaltungsleiter Lambrecht. Statt der langen Tischreihen sind jetzt jeweils vier Stühle um einen Tisch gruppiert, die Mensa ähnelt einem modernen Restaurant. "Die Schüler gehen dadurch sorgfältiger mit Tischen und Stühlen um", sagt Lambrecht. Ein Ordnerdienst, zu dem die Klassen wechselweise eingeteilt werden, wischt nach der Mittagsstunde (von 12 bis 13 Uhr) die Tische sauber und stellt alles wieder ordentlich hin.