Ein Defekt im Kraftwerk Wedel ließ die Fernwärmeversorgung zusammenbrechen. Die meisten nahmen es jedoch gelassen.

Hamburg. Die Heizlüfter stehen für den Notfall bereit. Wärmende Decken hat Oguzhan Yagci in der Kürze der Zeit nicht mehr in seinen Laden holen können. Wäre vielleicht auch etwas übertrieben gewesen, nachdem ihn um 14 Uhr die Nachricht erreichte, dass seine Heizungen heute womöglich kalt bleiben werden. Damit trotzdem niemand frieren muss im St.-Pauli-Kiosk an der Bernstorffstraße, stehen jetzt die Heizlüfter im Raum. "Wir haben bis 23 Uhr geöffnet. Und ich möchte nicht, dass unsere Kunden und Mitarbeiter in einen kalten Laden kommen müssen."

Der Ladenbesitzer auf St. Pauli war nicht der Einzige. Wegen eines Ausfalls des Heizkraftwerks Wedel waren am Sonntag etwa 25.000 Haushalte, vor allem in Altona und Eimsbüttel, von der Wärmeversorgung abgeschnitten, darunter auch das Agaplesion Diakonieklinikum an der Hohen Weide. Keine Heizung, kein warmes Wasser - für die meisten war das kein Vergnügen bei Außentemperaturen von minus 5 Grad.

Seit Montagnacht werden alle Bewohner im Westen Hamburgs wieder regulär mit Fernwärme versorgt. Das teilte der Betreiber Vattenfall am Montagmorgen mit. Laut Vattenfall hatte der gleichzeitige Ausfall der Blöcke 1 und 2 des Steinkohlekraftwerks am Sonntagmittag zu dem Versorgungsengpass geführt. Ab 15 Uhr wurden die Haushalte in den betroffenen Stadtteilen für mehrere Stunden nicht mehr richtig versorgt. Konkret haben wohl ein Rohrschaden in Block 2 und eine Fehlermeldung in Block 1 den Totalausfall des 1965 fertiggestellten Kraftwerks verursacht. Sonst werden in Wedel bis zu 423 Megawatt thermische Leistung für das Fernwärmenetz produziert.

"Sämtliche Reservekessel und Kraftwerke im Stadtgebiet sind im Einsatz, können die Untervorsorgung aber nicht voll kompensieren", hatte Stefan Kleimeier, Sprecher beim Betreiber Vattenfall, am späten Sonntagnachmittag gesagt. "Der Rohrschaden in Block 2 war bereits am Freitag entdeckt worden und konnte behoben werden." Eine defekte Steuereinheit legte den Block 1 lahm, wie sich am Abend herausstellte. Zunächst war man von einem Sensorfehler ausgegangen. Die Reparatur war gegen 18.30 Uhr abgeschlossen.

Alles in allem konnten deshalb weite Teile des Hamburger Westens nicht versorgt werden. "Wir gehen davon aus, dass die Temperatur in den betroffenen Wohnungen auf bis zu 15 Grad abkühlen kann", so Kleimeier. Gefährlich sei das laut Vattenfall für die Bewohner nicht. Der Einsatz mobiler Heizgeräte für besonders sensible Kunden wie Kliniken wurde vorbereitet. Am Agaplesion Diakonieklinikum (früher Elim) kam eine von drei vorhandenen mobilen Heizanlagen zum Einsatz. "Deshalb sehen wir dem Engpass auch gelassen entgegen", sagte Jörn Wessel, Geschäftsführer des Klinikums. Im Notfall werde Tee gekocht. Decken und Heizlüfter stünden ebenfalls für die Patienten bereit. "Vor einem Jahr hatten wir schon einmal einen solchen Ausfall. Das war nicht der Rede wert", so Wessel. Vattenfall-Sprecher Kleimeier bestätigt: "Letztes Jahr kam es ebenfalls zu einer Unterbrechung." Auch damals stellte der Energiekonzern einen mobilen Heizwagen zur Verfügung." Bei minus 14 Grad.

Dementsprechend gelassen gaben sich auch die Patienten. "Mich beunruhigt das nicht", sagt Ingeborg Mocker. "Ich heize jetzt noch einmal durch. Und dann geh ich schlafen." Ärgerlicher findet den Wärmeausfall ihre Zimmernachbarin Ursula Muhs: "Vattenfall soll dafür sorgen, dass alles schnell wieder läuft. Dafür bezahlt man auch genug." Andere Häuser hatten mehr Glück als das Eimsbüttler Klinikum: "Wir sind nicht betroffen", so der Sprecher der Asklepios-Kliniken, Matthias Eberenz. Das Krankenhaus Altona beziehe seine Fernwärme über einen anderen Versorger und verfüge über ein eigenes Kesselhaus, mit dem Ausfälle überbrückt werden könnten. Dennoch hielt Vattenfall bis zum späten Abend zwei weitere mobile Heizgeräte für den Notfall in Bereitschaft. Wobei Feuerwehr und Polizei nicht eingreifen mussten. Auf die Einrichtung von Notunterkünften wurde verzichtet.

"Die volle Versorgung des Hamburger Westens wird voraussichtlich erst im Laufe der Nacht wieder erreicht", so Kleimeier. Das wäre auch gewährleistet gewesen, wenn in Block 1 der angezeigte Fehler nicht hätte behoben werden können. Kleimeier: "Die Leistung eines Blocks ist dafür ausreichend." Da aber Block 2 erst in den Nachmittagsstunden wieder angefahren werden konnte und es eine Weile dauert, bis sich die produzierte Wärme im Netz ausbreitet, blieben die meisten Haushalte bis 21 Uhr ohne Heizung und warmes Wasser.

Ohnehin ist das Kraftwerk Wedel ein Auslaufmodell. In naher Zukunft soll es durch das Kohlekraftwerk Moorburg ersetzt werden, das eine thermische Leistung von bis zu 650 Megawatt erzeugt. Die Genehmigung der dafür notwendigen Fernwärmetrasse, die von Moorburg unter der Elbe hindurch nach Altona führt, war vom Oberverwaltungsgericht Hamburg nach einer Klage zunächst aufgehoben worden. Das Kraftwerk Wedel, das ursprünglich in diesem Jahr stillgelegt werden sollte, hat deswegen eine Laufzeitverlängerung bis 2016/17 erhalten.