Entgegen der Versprechen des Bürgermeisters habe die Verkehrsbehörde die Stellungnahme im Planverfahren nicht berücksichtigt.

Hamburg. Die geplante Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße lässt die Emotionen auf den Elbinseln erneut hochschlagen. Nach dem Abendblatt-Bericht über die Stellungnahme des vom Bezirksamt gegründeten "Beratungsgremiums" reagierten Verbände, Interessenvertretungen und Politiker durchweg mit Kritik am Senat. Tenor: Entgegen der Versprechen von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) habe die Verkehrsbehörde die mit großem Aufwand erarbeitete Stellungnahme im Planverfahren nicht berücksichtigt.

Das habe ihn "verwundert und enttäuscht", sagte Jochen Klein von der Klagegemeinschaft "Rechtsschutz Lebensqualität Wilhelmsburg": Schließlich liege ein gemeinsamer Vorschlag aller Interessengruppen vor, der zudem einstimmig von der Bezirksversammlung Mitte unterstützt werde. Manuel Humburg vom "Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg" erinnerte Scholz frühere Aussagen und kritisierte, dass weiterhin ohne Not mitten durch Wilhelmsburg eine Autobahn gebaut werden solle. Helmut Biljes vom Verein Kirchdorfer Eigenheimer nannte das das genaue Gegenteil einer modernen Stadtplanung und betonte: "Wir setzen auf Ihr Wort, Herr Bürgermeister, und erwarten eine umgehende Reaktion."

Lutz Cassel vom Beirat für Stadtteilentwicklung sagte, dass es nicht um die Verhinderung der Verlegung gehe, sondern um die Form. "Die Wirtschaftsbehörde hat unsere Vorschläge und Forderungen zum Schutz der Menschen stets ignoriert und starr festgehalten an den alten schwarz-grünen Plänen." Interessanterweise kommt die gleiche Kritik von den Grünen: "Der Senat macht sich unglaubwürdig, indem er ein Beratergremium installiert, dann aber dessen Vorschläge nicht einmal teilweise berücksichtigt", sagte Verkehrsexperte Till Steffen. Heike Sudmann (Linke) sagte, das Vorgehen des Senats sei "ein deftiger Beitrag zur Politikverdrossenheit".

Auf Abendblatt-Anfrage hat die Behörde zugesagt, das Gutachten im weiteren Verfahren zu prüfen.