Frau protestierte gegen Nazi-Aufmarsch. Beamte soll sie geschlagen, mit Pfefferspray besprüht und gegen einen Betonpoller geschubst haben.

Hamburg. Das Ermittlungsverfahren gegen einen sächsischen Polizisten, der am Rande des Neonazi-Aufmarsches in Wandsbek Anfang Juni 2012 eine Gegendemonstrantin schwer verletzt haben soll, ist vorläufig eingestellt worden. Allerdings kann die Hamburger Staatsanwaltschaft den Fall noch nicht zu den Akten legen: Der Anwalt der 43-Jährigen prüft gegenwärtig, ob er für seine Mandantin Beschwerde gegen die am 2. Januar ergangene Einstellungsverfügung einlegen wird.

Die 43-Jährige hatte sich während der Ausschreitungen am 2. Juni an einer Sitzblockade beteiligt, entfernte sich jedoch, nachdem sie von der Polizei dazu aufgefordert worden war. Kurz darauf soll der Beamte sie geschlagen, sie mit Pfefferspray besprüht und gegen einen Betonpoller geschubst haben. Dadurch sei sie rückwärts gestürzt und mit dem Hinterkopf auf den Asphalt geprallt. Die Frau erlitt einen Schädelbruch. Wenige Tage später war zudem ihr Gesicht halbseitig gelähmt und ihr Hörvermögen eingeschränkt.

Den Fall untersuchte die Dienststelle Interne Ermittlungen (D.I.E.) wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt. "Der Tatverdacht hat sich nicht erhärtet", sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana Frombach.

Die Vernehmung mehrerer Zeugen, vor allem aber die Auswertung der Videoaufzeichnungen habe nicht ergeben, dass die Geschädigte gegen den Poller geschubst worden sei. "Es ist nicht auszuschließen, dass sie selbst über den Poller gestolpert ist", so Frombach. Die innenpolitische Sprecherin der Linken, Christiane Schneider, sagte indes, die Einstellung komme einem "Freibrief" gleich. Es sei durch Bildmaterial belegt, dass die Polizei mit "vollkommen unangemessener Härte" vorgegangen sei.

Damit ist jetzt das siebte Ermittlungsverfahren gegen sächsische Polizisten, die an dem Großeinsatz beteiligt waren, eingestellt worden, ein weiterer Fall ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft aber noch offen. Der Neonazi-Aufmarsch hatte in Hamburg eine breite innenpolitische Debatte über die Verhältnismäßigkeit von polizeilicher Gewalt angestoßen. So fordert die Linke eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte. An dem Aufmarsch am 2. Juni hatten rund 700 Rechtsextreme teilgenommen, 4550 Polizisten waren im Einsatz, darunter auch eine Hundertschaft aus Sachsen. Bis zu 50 Polizisten wurden nach Angaben der Innenbehörde durch Flaschen- oder Steinwürfe verletzt. Insgesamt wurden 850 "Störer" in Gewahrsam genommen.