Gastronomie, Freizeiteinrichtungen, Bootsliegeplätze: Mit dem Wegfall der Zollgrenzen ist der Weg für die Stadtplaner frei.

Hamburg. So dürften viele Hamburger ihren Bürgermeister noch nicht gesehen haben: Mit Helm, dunkler Sonnenbrille und in grellgelber Baujacke trat Olaf Scholz (SPD) am Wochenende als Baggerführer an, um die ersten Meter des alten Zollzauns am Spreehafen niederzureißen.

Der symbolische Akt leitet neue Ära ein: Nach dem Schlussstrich unter die Freihafenzone hat die Stadt hier wieder die volle Planungshoheit, Visionen für das riesige Hafenbecken können jetzt umgesetzt werden.

Seit 1903 hatte der drei Meter hohe Metallzaun den Spreehafen von den angrenzenden Stadtteilen Veddel und Wilhelmsburg getrennt. Dies ist seit dem 1. Januar Vergangenheit: Der Hamburger Hafen ist zollrechtlich keine umzäunte Freizone mehr, die Kontrollen finden nun direkt auf den Terminals statt, Zaun und Schranken werden abgebaut. Damit dürfte sich auch das an einen großen See erinnernde Areal am Spreehafen in den kommenden Jahren entscheidend verändern.

Olaf Scholz spricht von "einem Trittstein für die Sprung über die Elbe". Sein Oberbaudirektor Jörn Walter geht noch weiter: Er spricht von der "Alster Wilhelmsburg" im Süden der Stadt und schwärmt von "einem fantastischen Blick auf die große Wasserfläche mit den dahinter aufragenden Türmen der Stadt". "Wir werden hier jetzt die Freizeit-Attraktivität gezielt fördern", kündigt Hamburgs oberster Stadtplaner an.

Zwei Dinge, so Walter, werde die Stadt daher nun "langfristig" in Angriff nehmen müssen: Zum einen müsse der elf Hektar große Spreehafen (Binnenalster: 18 Hektar) ausgebaggert werden, weil weite Teile bei Ebbe trocken fallen. Walter: "Und dann wollen wir hier gezielt das Thema Hausboote fördern - auch zum Wohnen". Vorstellbar sei auch die Anlage von Bootsliegeplätzen und Gastronomie auf dem Wasser.

Bisher allerdings hat die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) noch die Zuständigkeit für den Spreehafen, der komplett im offiziellen Hafengebiet liegt. Zwar haben am Südufer schon erste Hausboote festgemacht, doch dort ist bisher nur eine maritim-gewerbliche Nutzung erlaubt.

Andy Grote (SPD), Leiter des für die Veddel und Wilhelmsburg zuständigen Bezirksamts Mitte, will allerdings in Verhandlungen mit der HPA eintreten: "Wir brauchen zuerst eine bessere Zugänglichkeit zum Wasser." Nach dem Abbau des Zaunes könne man den Spreehafen zwar jetzt direkt erreichen, doch noch gebe es keine Stege oder Zuwegungen.

Liesel Amelingmeyer, Vertretern des Anwohnervereins Zukunft Elbinsel, plädiert ebenfalls dafür, den Zugang zum Spreehafen zu verbessern. Sogar ein kleiner Sandstrand könnte dort entstehen, schlägt sie vor. Die Stadt sollte daher das Südufer des Spreehafens aus dem Hafengebiet entlassen, damit dort eine städtebauliche Entwicklung möglich sei.

Amelingmeyer erinnert aber auch daran, dass das Ende des Freihafens und der Wegfall der Kontrollen an den alten Zollstationen nicht nur Vorteile bringt. Gerade in Wohngebieten auf der Veddel habe der Lkw-Verkehr jetzt drastisch zugenommen. "Da brauchen wir kurzfristige Lösungen", fordert die Wilhelmsburgerin.

Probleme mit der neuen Zollabfertigung gibt es aber auch im Hafen selbst. Da sich diese bisweilen immer noch sehr langwierig gestaltet, stauten sich die Lkw vielerorts vor den Terminals, weil die Fahrer ihre Waren nicht abholen konnten. Die Präsidentin der Bundesfinanzdirektion Nord, Colette Hercher, verspricht aber Abhilfe: "In einigen Wochen haben sich solche Anlaufprobleme erledigt", sagte sie dem Abendblatt.