SPD und ihr Spitzenkandidat Steinbrück wollen mit Deckelung der Mietpreise punkten

Der Kandidat musste von der Straße. Nach dem komplett verstolperten Start Peer Steinbrücks als Kanzleramtsanwärter setzt die SPD nun alles daran, den Wahlkampf auch auf eine sachliche Ebene zu heben. Gerade noch rechtzeitig vor der ersten Entscheidung dieses Jahres am Sonntag kommender Woche in Niedersachsen. Als zündendes Thema ist nun "Bezahlbares Wohnen in der Sozialen Stadt" ausgemacht. So der Titel eines Strategiepapiers. Ein Feld, auf dem Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und die hiesige Parteiorganisation bereits einiges an Vorarbeit geleistet haben: von der Bundesratsinitiative zur Neuregelung der Maklergebühren über Wohnungsbauprogramme bis zu geplanten Mietpreisbindungen. Vorarbeit, die Scholz' Popularität in der Stadt weiter stärkte und von der Steinbrück profitieren kann - und muss.

Denn nach den zugegebenermaßen mit gehörigem Ungeschick des Kritisierten selbst losgetretenen Debatten um Vortragshonorare, einen angeblichen Frauenbonus der Kanzlerin und über die Höhe der Entlohnung deutscher Regierungschefs drohte sich die Erregungswelle schon zu verselbstständigen. Zuletzt sollte schon Steinbrücks Versprechen im Aufsichtsrat von Thyssen-Krupp, sich für günstige Energiepreise einsetzen zu wollen, zum Skandal taugen. Dabei kann man von einem Aufsichtsratsmitglied wohl erstens erwarten, dass er sich für seine Firma starkmacht, was zweitens in diesem Falle auch noch auf Parteilinie liegt und drittens hätte gar nicht an die Öffentlichkeit geraten sollen, weil Aufsichtsratsprotokolle gesetzlich der Vertraulichkeit unterliegen. Das Ganze erinnert schon an die Hochphase der Empörung über tatsächliche und angebliche Vorteilsnahmen des Ex-Präsidenten Christian Wulff, als selbst ein geschenktes Bobby-Car zur Staatsaffäre stilisiert werden sollte.

Das Land hat wahrlich drängendere Probleme. Die zunehmende Wohnungsnot ist gewiss eines davon. Bezahlbare Mieten in den Metropolen werden immer seltener. Junge Familien, Berufseinsteiger oder Studenten werden immer weiter an den Rand gedrückt. So wie die soziale Kluft zwischen Nord- und Südeuropa wächst, wie sich die Einkommensschere in Deutschland weiter auftut, sortieren sich auch ganze Stadtviertel neu. Es ist ein ursozialdemokratisches Anliegen, nicht alles den Marktgesetzen von Angebot und Nachfrage zu überlassen. Schon gar nicht ein Grundbedürfnis wie das nach einer anständigen Behausung.

Allerdings ist das Wohnungsproblem eher ein sehr spezifisches für die attraktivsten Metropolen des Landes. In weiten Teilen des Ruhrgebiets etwa ist von explodierenden Mieten keine Rede. Auf dem Land haben ältere Menschen, die aus Versorgungsgründen lieber wieder in eine Stadt ziehen möchten, größte Probleme, ihre Häuser zu einem halbwegs vernünftigen Preis loszuwerden. Aber auch dort wohnen potenzielle Wähler.

Hinzu kommt, dass eine sichere Kontrolle des Wohnungsmarktes schwierig werden dürfte. Lohnt sich der Bau von Miethäusern nicht, fließt das Kapital in andere Geschäfte. Und Staat oder Gewerkschaften haben sich in der Geschichte bisher nicht als die besseren Bauherren erwiesen. Die Neue Heimat lässt grüßen.

Immerhin scheint die SPD nun bei den Problemen der Menschen angekommen und zurück in der Spur zu sein, statt sich permanent nur um die ihres Spitzenkandidaten kümmern zu müssen. Der Weg aus dem Umfragekeller, vor allem was den direkten Vergleich zwischen Amtsinhaberin und Herausforderer betrifft, ist aber noch ein weiter. Da kann die Wohnungsinitiative nur ein erster Schritt sein. Thematisch wird die Partei noch zulegen müssen. Und der Kandidat darf auf den Stufen nach oben nicht wieder ins Stolpern geraten.