Die Verschiebung des Terminal-Projekts Steinwerder ist gut für Hamburg

Es ist richtig, dass der Senat die Entwicklung eines neuen Terminals im mittleren Hafenbereich einstweilen aufschiebt. Eine Hafenanlage, die niemand wirklich braucht, schadet letztlich der ganzen Stadt. Die Prognosen für die Entwicklung des Containerumschlags in Hamburg, die in den 2000er-Jahren gestellt wurden, waren zu optimistisch. Zugleich steigern die HHLA und Eurogate auf ihren Terminals die Kapazität für den Umschlag mit geringem Flächenzuwachs permanent weiter. Nach heutigem Kenntnisstand genügt die Leistungsfähigkeit auf den HHLA-Anlagen Burchardkai, Tollerort und Altenwerder sowie auf dem Eurokai von Eurogate, um das Wachstum bis zur Mitte des kommenden Jahrzehnts zu bewältigen.

2007 hatte der Hamburger Hafen zum ersten Mal fast zehn Millionen Containereinheiten (TEU) umgeschlagen. Permanent wurde in jener Zeit von der Hafenwirtschaft und der Politik ein jährlicher Umschlag von 25 Millionen TEU genannt, den Hamburg bis 2025 erreichen könne. Diese Größenordnung erschien irgendwann so selbstverständlich, dass sie als feste Zielmarke städtischer Planung interpretiert wurde. Von den Folgen der Welt-Finanzmarktkrise im Jahr 2008 und der Rezession in Teilen Europas aber hat sich der Hamburger Hafen bis heute nicht erholt. 2012 stagnierte der Containerumschlag bei neun Millionen TEU. Die Marke von 25 Millionen TEU gilt mittlerweile in der Hafenwirtschaft ganz defensiv nur noch als eine, die man sich beim besten Willen vorstellen könne - wenn nichts dazwischenkommt.

Was aber wird angesichts dessen aus dem Projekt Steinwerder? Die Hafenplanung kostet Jahre Zeit und Arbeit. Konjunkturelle Umbrüche und Veränderungen am Markt aber kommen immer abrupter und unberechenbarer daher. Die Entwicklung einer komplexen Infrastruktur birgt dadurch wachsende Risiken.

Wie bekommt man in zehn Jahren genau jenes Terminal an den Markt, das die Kunden aus der Industrie und der Transportwirtschaft dann brauchen? Und das auch noch in einer so attraktiven Form, dass damit die wachsende Konkurrenz anderer Häfen an der Nordsee ausgestochen wird?

Ein reines Containerterminal auf Steinwerder anzulegen, würde auf der Basis der heutigen Daten kaum mehr Sinn machen. Aber auch die Verlockung, im zentralen Hafenbereich mehr Industrie anzusiedeln, könnte in die falsche Richtung weisen. Hafenflächen in unmittelbarer Nähe zur Kaikante, dort, wo die großen Seeschiffe festmachen, sind für jede denkbare Industrie zu kostbar. Das gilt gerade für Hamburg, denn das Potenzial an Hafenbecken für große Schiffe ist in der Hansestadt eng begrenzt. Wassernahe Flächen werden für den permanenten Umschlag von Gütern gebraucht. Die Windkraftindustrie mit ihrem besonders hohen Flächenbedarf, über deren Ansiedlung im Hamburger Hafen spekuliert wird, dürfte neue Fertigungsstätten eher in Stade oder Brunsbüttel an der Unterelbe errichten als in der Hansestadt.

Hamburgs Hafen ist - trotz der Prägung durch den Containerverkehr - ein Universalhafen geblieben. Nicht nur Millionen von Stahlboxen werden jährlich in der Stadt umgeladen, sondern auch Massengüter wie Getreide, Erze und Kohle, schwere Industriegüter oder Lokomotiven, neue und gebrauchte Automobile. Zudem arbeiten etliche Logistikunternehmen beim Packen und Entpacken von Containern, bei der Zwischenlagerung von Waren im und am Hafen. Eine schrittweise, gemischte und marktgerechte Entwicklung auf Steinwerder käme diesem Charakter des gesamten Hafens am besten entgegen. Die Stadt und die Hamburg Port Authority gehen damit den richtigen Weg. Konzepte für eine gemischte Nutzung eines neuen Steinwerder-Terminals - etwa der Entwurf des Unternehmens Buss - liegen dafür längst vor.