Sie trägt den stolzen Titel „Deutschlands längste Straßenbrücke“. Sind die Stelzen, auf denen die 3,8 Kilometer lange Brücke steht, marode?

Hamburg. Dreieinhalb Jahre hatte es gedauert, bis "Deutschlands längste Straßenbrücke" fertig war. Kein Bauwerk hat der Brücke diesen Titel in den vergangenen 40 Jahren streitig gemacht. Rund 3,8 Kilometer lang ist dieser Teil der A 7, der die Autos zum Elbtunnel führt.

Über den ist in der Vergangenheit viel und oft geschrieben worden, über die Brücke mit dem offiziellen Namen "Hochstraße Elbmarsch" wenig. Das wird sich jedoch jetzt ändern. Denn die Frage ist: Sind die 110 Stelzen, auf denen die Brücke steht, marode?

Ingenieur Wolfgang Bätcke leitet den Fachbereich Großprojekte im Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer. Im September hat sein Amt einen 3,2 Millionen Euro teuren Planungsauftrag vergeben. Es geht um den "achtstreifigen Ausbau", wie die Fachleute sagen. Die A 7 wird von drei auf vier Fahrspuren pro Richtung verbreitert. Rund 200 Millionen Euro wird das kosten, vielleicht auch ein bisschen mehr. Ein Großprojekt ist es allemal, und der Bau soll sich auch noch in andere Großprojekte einfügen.

Im Norden, jenseits des Elbtunnels, werden in jahrelanger Arbeit bis 2023 drei Hamburger Deckel auf die verbreiterte A 7 gesetzt. Die Verkehrsbehörde will nicht gleichzeitig, sondern zeitlich versetzt bauen, damit der Verkehr nicht zusammenbricht. "Auf der A 7 soll es auch Erholungsstrecken geben", sagt Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof. Die Hochstraßenverbreiterung muss sich diesem Prinzip unterordnen.

Auch im Süden wächst etwas heran, was Ingenieur Bätcke in Zugzwang bringt. Dort soll die im Bau befindliche A 26 an die A 7 angebunden werden. Ein Autobahndreieck Süderelbe entsteht, das weiteren Verkehr auf die Hochstraße Elbmarsch bringen wird. Geplant ist, dass die rund 50 Kilometer lange A 26 im Jahr 2019 befahren werden kann - ein anspruchsvolles Ziel.

Denn die A 26 ist bereits größtenteils durchgeplant. Noch wichtiger: Die Finanzierungszusage des Bundes liegt vor. Auf Deutschlands längste Straßenbrücke trifft weder das eine noch das andere zu.

Rieckhof ist dennoch optimistisch: "Das Planfeststellungsverfahren für die Verbreiterung dürfte nicht so lange dauern, es gibt in dem Gebiet nicht so viele Anlieger." Und das Geld, das müsse einfach kommen. "Die A 7 ist eine ganz wichtige Autobahn mit einem hohen Verkehrswert", sagt Rieckhof.

Aber es gibt Risiken, die die Bauzeit verlängern und den Bau insgesamt aufwendiger machen könnten. Die wichtigste Frage lautet: In welchem Zustand sind die 110 Stützenreihen mit den insgesamt 660 Pfeilern, auf denen die A 7 steht? Müssen sie nach 40 Lebensjahren womöglich erneuert werden?

Genau in diesem Punkt gibt es erstaunlicherweise unterschiedliche Ansichten. Bätcke, der Fachmann, sagt: "Die Stützen sind in Ordnung, glauben Sie mir." Enak Ferlemann, parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium, hatte hingegen im November gegenüber dem Hamburger Abendblatt gesagt, die Träger hätten ihr "Lebenszeitende" erreicht. Er hatte sich dabei auf eine aktuelle Untersuchung berufen. Doch die wird offenbar sehr unterschiedlich interpretiert.

Tatsache ist, dass die Hochstraße Elbmarsch bei einem Betontest zuletzt Zustandsnoten bekommen hat, die alles andere als optimal waren. Im Jahr 2009 vergaben Prüfer für die einzelnen Abschnitte Noten von 2,5 bis 3,4. Die Skala reicht von 1 bis 4. Eine Note von über 3,0 bedeutet laut Bundesverkehrsministerium, dass ein "unaufschiebbarer Handlungsbedarf" vorliegt.

Von zehn Abschnitten der Hochbrücke lag zwar nur einer mit 3,4 in diesem Notenbereich, die meisten anderen waren aber nahe dran. Ein Abschnitt bekam eine 3,0, je zwei wurden mit 2,9 und 2,8 benotet, dreimal wurde die 2,7 vergeben. Wolfgang Bätcke hält die Zustandsnoten nicht für aussagekräftig. Er bevorzugt "Substanzkennzahlen".

"Da geht es um die Dauerhaftigkeit und die Tragfähigkeit des Bauwerks, und da liegen wir bei der Hochstraße im Bereich zwischen 1,8 und 2,6", sagt der Ingenieur. Bei den Zustandsnoten werde zusätzlich auch die Verkehrssicherheit bewertet.

"Wenn zum Beispiel eine Leitplanke fehlt, gibt es für die Brücke eine schlechte Note, obwohl sie sonst in Ordnung ist", erklärt Bätcke. "Deswegen ist für uns die Substanzkennzahl entscheidend." Erst auf Nachfrage räumt er ein, dass die Stützen möglicherweise "verstärkt" werden müssen. In welchem Umfang, sei bisher noch völlig unklar.

Das führt dann wohl auch zu der recht langen Bauzeit für das knapp vier Kilometer lange Straßenstück. Der Ingenieur rechnet damit, dass die Fahrbahnverbreiterung etwa vier Jahre dauern wird. Dabei kommt ihm die Weitsicht seiner Vorgänger zugute. Die Planer haben damals, vor 40 Jahren, tatsächlich schon daran gedacht, dass die drei Spuren irgendwann nicht mehr ausreichen könnten.

Deswegen hatten sie zwischen den Richtungsfahrbahnen eine Lücke gelassen. Die reicht, um zwei weitere Spuren unterzubringen. Der Verkehr wird an der Baustelle vorbeifließen - auf verengten Fahrspuren.

Das alles bedeutet, dass auf der A 7 zum Leidwesen über Jahre hinweg ständig gebaut werden wir - mal südlich, mal nördlich des Elbtunnels. Wann diese Phase beendet sein wird, ist noch offen. Klaus-Peter Hesse, der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sagt, es werde bis 2030 dauern. Der Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof hält das für "völlig übertrieben". Auf eine Jahreszahl will er sich dennoch nicht festlegen. "Es wäre schön, wenn wir 2023 mit der Sache durch wären", sagt er vorsichtig.

Das wäre in der Tat schön - vor allem für die 120.000 Autofahrer, die Tag für Tag in diesem Bereich der Autobahn unterwegs sind. Kaum einer weiß übrigens, dass er dabei über Deutschlands längste Straßenbrücke rollt. Und kaum einer weiß, dass er von dort einen prima Blick auf Deutschlands zweitlängste Straßenbrücke hat - die Köhlbrandbrücke.