Warum der Mann von der GEZ nie mehr den Fuß in die Tür stellt und die Gema frühestens 2014 in Discos abkassiert

Die Älteren unter uns kennen den Fernseher ja noch als Beistelltisch. Jedenfalls wenn der Typ von der GEZ an der Tür klingelte. Hübsche Tischdecke drüber, Blümchen oder Aschenbecher drauf, und fertig! Zu Studentenzeiten hatte quasi jeder einen solchen Beistelltisch in seiner Bude. Dafür hatte die "Gebühreneinzugszentrale" Spezialwagen mit Richtantennen. In denen saßen Männer mit Butterbroten und Thermoskannen und mit einer Ausdauer, die ein normaler Mensch bis dato nicht für möglich gehalten hatte. Tagelang hockten die da draußen. Wie angelötet.

Die GEZ-Leute standen auf der Beliebtheitsskala auf einer Stufe mit Steuerbeamten und Gefängniswärtern. Mit dem Unterschied, dass man sich von Steuerbeamten und Gefängniswärtern noch vorstellen konnte, dass sie Freunde hatten. Von einem GEZ-Mann nicht. Von jemandem, der morgens losging, um zu schnüffeln, und abends noch an Türen klingelte, um verschlagen zu fragen, ob er denn wohl gerade bei der "Tagesschau" störe? Ausgeschlossen!

Gewissermaßen posthum nimmt man nun mit Staunen wahr, dass sich die GEZ irgendwann "Ethik-Grundsätze" gegeben hat. Zehn Stück! Unter Punkt 1 hieß es: "Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verhalten sich in einer Art und Weise, die dem Ansehen und der Verantwortung der GEZ in der Gesellschaft gerecht wird." Damit vereinbar war aber offenbar, dass diese Mitarbeiter gleich den Fuß in die Tür quetschten, wenn man den Fehler gemacht hatte, selbige zu öffnen.

Wie auch immer. Vom 1. Januar an sind diese 1100 "qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" überflüssig. Dann muss jeder Haushalt Rundfunkgebühren bezahlen. Die Bescheide sind verschickt, und wer nicht zahlt, kriegt vermutlich bald Besuch vom Gerichtsvollzieher. Aber was wird dann aus den GEZ-Leuten? Theoretisch könnte man sie bei der Gema unterbringen. Die Arbeitsplatzbeschreibung bei der "Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte" ist der der GEZ ja täuschend ähnlich. Auch die Gema-Leute sind ja rund um die Uhr unterwegs, um Leute in flagranti zu erwischen.

Allerdings klappern die Gema-Kontrolleure keine Privatadressen ab, sondern "nur" die Kneipen, Fitnessstudios, Cafés oder Tankstellen. Also den öffentlichen Raum. Und dafür reichen offenbar 200 Mann. Sobald einer von denen hört, dass in dem von ihm besuchten Etablissement ein Radio, ein Fernseher oder eine CD läuft, wird - zack! - eine monatliche Gebühr von 390 Euro fällig. Das läppert sich zusammen. Über 700 Millionen Euro hat die Gema 2011 an ihre Mitglieder ausgeschüttet. An 65 000 Komponisten, Textdichter und Musikverleger. Die waren naturgemäß begeistert, die Kneipen-, Fitnessstudio-, Café- und Tankstellenbesitzer eher nicht.

Tägliche Anfeindungen sind die Gema-Leute gewöhnt, aber die Empörung, die über sie hereinbrach, als sie ihre geplante Tarifreform bekannt machten, hat sie dann doch kalt erwischt. Sprachlos erlebten sie, wie Dr. Motte, der Erfinder der Love Parade, von einem "Skandal" redete, und wie die Betreiber des Berliner "Berghain" oder des "Cookies" damit drohten, ihre Läden dichtzumachen, wenn sie künftig zehn Prozent der Eintrittsgelder an die Gema abführen müssten.

Dass sich Sven Regener, der Texter und Frontmann von "Element of Crime", auf die Seite der Gema schlug, verpuffte unter dem Eindruck von lautstarken Protesten und republikweiten Demonstrationen. Und weil die Klubbesitzer und ihre Klientel den Deutschen Bundestag außerdem mit Hunderttausenden von Unterschriften bombardierten, wurde die Reform tatsächlich ausgesetzt. Zunächst bis 2014.

Das ist der Beweis dafür, dass der Einzelne nichts vermag, die Masse aber nahezu alles. Wer keinen Fernseher besitzt, muss künftig Gebühren bezahlen, und wer erfolgreiche Songs schreibt, guckt in die Röhre, weil 2000 Klub- und Diskothekenbesitzer einen Shitstorm entfesseln.

Wie sagt ein altes deutsches Sprichwort? Wer Ungerechtigkeit sucht, braucht keine Laterne.