Mehr als 13 Milliarden D-Mark werden hierzulande noch gehortet. Bundesbank an der Willy-Brandt-Straße tauscht Scheine und Münzen in Euro.

Hamburg. Von wegen umgetauscht und vergessen: Die gute, alte Deutsche Mark spielt auch elf Jahre nach der Euro-Einführung eine große Rolle. Mehr als 13 Milliarden D-Mark werden hierzulande noch gehortet - an allen möglichen und unmöglichen Orten. Täglich finden sich mehr als 60 Kunden an den Kassen der Bundesbank an der Willy-Brandt-Straße ein, um die vergangene in die aktuelle Währung zu tauschen. Im Schnitt sind es Tag für Tag 17.000 Mark. Unverändert herrscht Hochkonjunktur.

Ein Ortstermin zwischen Weihnachten und Silvester bringt jede Menge Überraschungen. Die sechs Mitarbeiter an den drei Kassen haben alle Hände voll zu tun, auch kuriose Bitten zu erfüllen. Das staatliche Kreditinstitut, an dessen Hamburger Standort 518 Personen arbeiten, hat den reibungslosen Wechsel garantiert - für alle Zeiten und kostenlos. Festkurs: Eine Mark bringt 51,1 Cent.

Auch Axel Kroll aus Heede bei Barmstedt ist gen Rödingsmarkt gekommen, in der Hand eine uralte Bonbondose, gefüllt mit Fünf-Mark-Stücken. Die solide schweren Silberadler, liebevoll Heiermänner genannt, waren die eiserne Reserve einer 1985 verstorbenen Norddeutschen. Beim Renovieren fand Kroll jetzt den kleinen Silberschatz, gut versteckt hinter einem Schrank. Mit umgerechnet 147 Euro nachträglichem Weihnachtsgeld zieht er zufrieden von dannen.

Der Kunde hinter ihm verwechselt die Bundesbank-Kassen offensichtlich mit einem numismatischen Fachgeschäft. Hoffnungsvoll entleert er eine Plastiktüte mit angerosteten Münzen in die Schublade in Front der Panzerglasscheibe. Geduldig erklärt der Kassierer, dass nur der offizielle Wechselwert in Euro ausgezahlt wird. Und leider befindet sich kein 50-Pfennig-Stück mit der Aufschrift "Bank Deutscher Länder" von 1950 mit dem Prägebuchstaben G in dem Haufen. Dafür bieten Sammler etwa 800 Euro. Auch der bunte 100-Mark-Schein des Kunden, vor Kriegsende von der Alliierten Militärbehörde gedruckt, hat lediglich Liebhaberwert.

"Erstaunlich, was die Leute alles anschleppen", weiß Holger Kühl, Teamleiter der sechsköpfigen Kassencrew und seit 1984 in Diensten der ehemaligen Landeszentralbank. Wer ihn und seine Kollegen verblüffen will, muss schon eine besondere Geschichte parat halten. Denn bei größeren Summen kann, mehr als 30.000 Mark, muss nach der Herkunft gefragt werden. Das Geldwäschegesetz lässt grüßen.

Für Erstaunen sorgte zum Beispiel eine junge Frau, die mit fünf vergammelten Tausendern an den Schalter trat. Sie hatte den Geldsegen beim Umtopfen einer Zimmerpflanze entdeckt. "An dieser Blume wirst du noch viel Freude haben", hatte ihre Großmutter einst gesagt - und recht behalten. Weniger zufrieden zog ein junger Mann davon: Er wollte 500 Millionen Mark Inflationsgeld von 1923 in Euro ummünzen. Besser erging es einem Hamburger, der vor vielen Jahren preiswert eine antike Standuhr auf dem Flohmarkt erstanden hatte und bei der Reparatur jüngst 3000 Mark fand.

Wer weiß, wo sonst noch Schätze ruhen! Klassische Verstecke für mehr oder weniger umfangreiche "Notgroschen" sind Rückseiten von Schränken oder Bildern, in Matratzen eingenähte Geheimdepots, Bücher oder Hohlräume unterm Parkett. Auch Nachlässe in Schließfächern oder Geldgräber im Garten bescheren immer wieder Begeisterung. Unvergessen ist der Hanseat, der in seiner Regentonne auf ein Vermögen stieß. Dagegen hatte ein Mann mit seinem Erbe mehr Last als Reingewinn. Jahrelang hatte sein Onkel alle verfügbaren Zwei-Pfennig-Stücke in einen Kellerraum geworfen. Bei mehr als zehn Kilogramm, so die Vorschrift, wird gelagert und am nächsten Tag ausgezahlt - mithilfe der Geldzählmaschine.

"Von Jahr zu Jahr werden etwa zehn bis 20 Prozent weniger umgetauscht", weiß Christian Hecker aus der Führungsetage der Deutschen Bundesbank in Hamburg. "Trotz der rückläufigen Tendenz ist abzusehen, dass es auch in Zukunft reichlich zu tun gibt."

Am Donnerstag erschien Hans-Jürgen Schroeter aus St. Georg mit 35 Mark in Münzen, die er in einer Schublade fand. Ihm folgte mit Kasimir Manteufel ein Kaufmann erster Klasse. Auf Flohmärkten kauft er alte Markmünzen und wechselt diese mit gut 50 Prozent Gewinn. Diesmal wurden 9,47 Euro ausgezahlt. Besser als nichts.