Ingo von Münch war vier Jahre lang für die FDP Zweiter Bürgermeister der Hansestadt. Der Jurist beriet auch Regierungen im Ausland.

Hamburg. Professor Ingo von Münch, der am Mittwoch das 80. Lebensjahr vollendete, gehört zu den prominentesten deutschen Juristen mit Weltruf. Er ist zudem einer der wenigen Staats- und Verfassungsrechtler, die das nie endende Spannungsverhältnis zwischen Politik und Recht, zwischen Freiheit und Bindung an die Rechtsordnung, nicht nur im Elfenbeinturm ihrer Wissenschaft untersuchen, sondern auch an den Schaltstellen staatlicher Machtausübung erfahren haben. Diese Durchdringung von Jurisprudenz und Politik hat sein Leben und sein Lebenswerk nachhaltig beeinflusst.

Der gebürtige Berliner studierte nach dem Abitur in Goslar Rechtswissenschaften in Frankfurt und an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. 1959 promovierte er und habilitierte sich 1964 mit einer Schrift, deren Thema seither immer bedeutender geworden ist: "Das völkerrechtliche Delikt in der modernen Entwicklung der Völkerrechtsgemeinschaft." Nach acht Jahren Lehre an der Ruhr-Universität Bochum nahm Ingo von Münch 1973 einen Ruf an die Universität Hamburg an, der er bis zu seiner Emeritierung 1998 verbunden blieb. Die Hansestadt wurde dem Liberalen, der 1968 in die FDP eintrat, zur beruflichen und politischen Heimat.

Er wurde 1985 zum FDP-Landesvorsitzenden gewählt und führte die Elbliberalen bei der Wahl vom 17. Mai 1987 mit 6,5 Prozent nicht nur zurück ins Rathaus, sondern auch in eine Neuauflage der sozialliberalen Koalition. Für seine Partei war das nach neun bitteren Jahren außerparlamentarischer Existenz fast so etwas wie eine politische Wiedergeburt.

Für ihn selbst begann damit eine Lebensphase als Vollzeitpolitiker, denn er war unter den SPD-Bürgermeistern Klaus von Dohnanyi und Henning Voscherau Senator für Kultur und Wissenschaft und Zweiter Bürgermeister. Zu seinen politischen Zielen gehörte damals die Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts, für das er sich beharrlich einsetzte.

Jedoch war ein Leben als Berufspolitiker nicht das, was Ingo von Münch - und mehr noch seiner Frau Eva-Maria, einer profilierten Familienrechtlerin - als erstrebenswertes Ziel für die zweite Lebenshälfte erschien. Als Henning Voscherau 1991 für seine Partei erneut die absolute Mehrheit erobert hatte, wurde die mit 5,4 Prozent nur knapp ins Parlament zurückgekehrte FDP für die Senatsbildung nicht mehr benötigt.

Danach begann für den umtriebigen und eloquenten Top-Juristen von Münch, was man seine "dritte Karriere" nennen könnte: Er lehrte als Gastprofessor in Australien, Frankreich, Neuseeland, Südafrika und den USA und beriet auch die Regierungen. Das verschaffte ihm internationales Renommee. In der Bundesrepublik gewann der Hamburger als Verfassungsrechtler vor allem mit einem führenden Kommentar zum Grundgesetz Profil.