Wie es für das Pflegekind Dennis doch noch ein glückliches Ende geben könnte.

Der Fall des Hamburger Pflegekindes Dennis hat die Abendblatt-Leser in diesem Jahr bewegt wie kaum eine andere Geschichte. Sie waren fassungslos und wütend über einen Amtsrichter in Winsen, der die Pflegeeltern so lange mit Ordnungsgeldern traktierte, bis sie finanziell ruiniert waren. So wollte der Richter unbegleitete Besuche von Dennis bei seinem leiblichen Vater und seiner Großmutter in Hamburg durchsetzen. Auf diese hatte der Junge mit massiven Essstörungen reagiert.

Die Vorstellung ist unerträglich, dass ein kleiner sechsjähriger Junge, der von vier erwachsenen Menschen über alles geliebt wird, nun bis zu seinem 18. Lebensjahr in einem Heim bleiben soll. Zu diesem Ergebnis kommt das Sachverständigengutachten, das für das Gericht erstellt worden ist. Das bricht einem das Herz, das darf nicht sein.

Was würden Mediatoren, professionelle Streitschlichter, in solch einer Situation tun? Wahrscheinlich würden sie erst einmal versuchen, die vier Erwachsenen - die Pflegeltern, den leiblichen Vater, die Großmutter - an einen Tisch zu holen. Nicht um ihretwillen, sondern wegen Dennis! Die Mediatoren würden den Erwachsenen vielleicht sagen, dass sie so weitermachen können wie bisher in den vergangenen sechs Jahren. Aber dass es den kleinen Kerl dann irgendwann zerreißen werde. Der hat schon jahrelang auf seine desolate Familiensituation, für die er überhaupt nichts kann, mit schlimmen Essstörungen reagiert. Mit anderen Worten: Er findet seine Lage zum Kotzen.

Und wie es wirklich tief drinnen in ihm aussieht, wissen sie alle nicht. Denn Dennis spricht nicht viel darüber. Er hat seine Gefühle, seine Ängste, seine Trauer und seine Zerrissenheit gut weggeschlossen, damit sie ihm nicht so heftig wehtun. Aber irgendwann werden sie aus ihm herausbrechen. Dann wird sich seine Wut gegen sich selbst oder gegen andere richten.

Das wird passieren, wenn die Erwachsenen so weitermachen wie bisher. Kein Richter, kein Anwalt, kein Amtsvormund kann daran etwas ändern.

Vielleicht würden die Mediatoren auch sagen: "Ihr solltet Dennis zu diesem Gespräch dazuholen und ihn einfach mal fragen, was er selbst denn möchte." Wenn es denn wirklich allen nur um das Kindeswohl geht, sollte man wissen, was das Kind wohl will. "Dennis ist ein intelligenter, sensibler und wahrnehmungsoffener Junge, der mehr von seiner Umwelt mitbekommt, als die Erwachsenen annehmen", steht in dem Gutachten. Die Pflegeeltern müssen also eine ganze Menge richtig gemacht haben.

Die vier Erwachsenen, die Dennis so lieb haben, könnten sagen: "Wir haben unseren Streit beigelegt. Wir begegnen uns fortan mit Respekt. Denn wir haben begriffen, dass es in dieser Angelegenheit gar nicht um unser Leben geht, sondern um deines." Sie könnten sagen: "Nachdem wir uns geeinigt haben, kannst du uns ruhig sagen, was du möchtest, ohne dass du Angst haben musst, einen von uns zu verletzen. Wo möchtest du wohnen? Wen von uns möchtest du wann, wo und wie oft sehen? Was ist dein Wunsch für das neue Jahr? Du bist jetzt der Bestimmer. Denn du bist noch jung, und wir haben kein Recht mehr, dein Leben kaputt zu machen. Also machen wir es jetzt mal so, wie du willst."

Wenn die Erwachsenen das hinbekommen würden, müssten wir uns über die Helden des Jahres 2013 keine großen Gedanken mehr machen. Was für ein Vorsatz für das neue Jahr! Das Abendblatt würde vielleicht ein Foto von den vier Erwachsenen und dem kleinen Jungen machen und darunter schreiben: "Seht her, ihr Streithähne auf der Welt, so geht es auch! War doch gar nicht so schwer."

Aber nur, wenn du das so willst, Dennis.