Für immer mehr Hamburger Firmen steht nicht der Profit, sondern soziales Engagement im Vordergrund, so auch bei Lemonaid.

Hamburg. Die Bewohner von Sri Lanka haben Paul Bethke tief beeindruckt. Schon als Schüler ging der Chef der Hamburger Getränkefirma Lemonaid für ein Jahr in das südostasiatische Land - aus Abenteuerlust, aber auch, um Abstand zu gewinnen von der deutschen Konsumgesellschaft. Als humorvoll und freundlich hat Bethke die Menschen dort erlebt. "Und sie haben mir mehr Gelassenheit gegeben", erzählt der 31-Jährige.

Heutzutage gibt Bethke ein Stück der Freundlichkeit, die er in Sri Lanka erfahren hat, wieder zurück. Im Januar wird er in das kleine Dorf Dyanilla hoch in den Bergen des Inselstaats reisen. Grünen und schwarzen Tee für ihre trendigen Limos beziehen die Hamburger aus dieser Region. Und sie haben den Bau einer Schule für etwa 60 Bewohner finanziert, die dort anspruchsvolle Berufe wie Tischler oder auch Englisch erlernen können. Fünf Cent aus dem Verkauf jeder Limo fließen in solche sozialen Projekte - zusätzlich zu den fairen Preisen, die Lemonaid den Bauern ohnehin für Rohstoffe zahlt.

Insgesamt 120.000 Euro haben Bethke und sein Schulfreund und Co-Geschäftsführer Jakob Berndt in diesem Jahr für ihre Projekte zusammenbekommen. Vom kommenden Jahr an wollen sie zusätzlich eine Schule für die indigene Bevölkerung in Mexiko unterstützen. "Es ist erstaunlich und auch ein wenig beschämend, mit wie wenig Geld man in vielen Ländern etwas verändern kann", sagt Bethke.

Die Lemonaid-Gründer gehören einer neuen Klasse von Unternehmern in Deutschland an, die mit ihrer Firma nicht einfach Geld nur scheffeln wollen, sondern mit ihrem Geschäft auch einen sozialen oder ökologischen Zweck verfolgen. Sie kämpfen für eine Verbesserung der Lage in Entwicklungsländern, gegen Umweltprobleme oder für eine bessere Schulbildung ärmerer Menschen. "Social Entrepreneuship" nennt die Forschung dieses Phänomen, das sich immer mehr in der Bundesrepublik ausbreitet.

Ein sozialer Überzeugungstäter ist auch Benjamin Adrion, der seit sieben Jahren mit seiner Initiative Viva con Agua für eine bessere Wasserversorgung in Afrika und Indien kämpft. Der Ex-Profi des FC St. Pauli lernte auf seinen Auslandsreisen das krasse Nebeneinander von größter Armut und gewaltigem Überfluss kennen. Mehr als 760 Millionen Menschen weltweit haben nicht einmal Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Nach dem Ende seiner Fußballerkarriere beschloss Adrion, etwas gegen diesen Missstand zu tun, gründete Viva con Agua zunächst als gemeinnützigen Verein, der mit zahlreichen Benefizaktionen Spenden für Wasserprojekte der Welthungerhilfe sammelt. 800.000 Euro für Hilfsmaßnahmen in Uganda, Äthiopien oder Kenia sind allein in diesem Jahr zusammengekommen, wie Sprecher Christian Wiebe erklärt.

Daneben hat Adrion die Viva con Agua Wasser GmbH aufgebaut, die - ähnlich wie Lemonaid - Wasser für einen guten Zweck verkaufen soll. Abgefüllt werden die Flaschen vom Partner Husumer Mineralbrunnen, zu bekommen sind die Durstlöscher mit dem blau-weißen Logo auf Festivals, in Kneipen oder auch beim FC St. Pauli.

Ihr Versprechen, 60 Prozent der Gewinne in Trinkwasserprojekte zu stecken, kann die im Jahr 2010 gegründete Firma bislang allerdings noch nicht einlösen - sie macht nämlich trotz eines Absatzes von rund vier Millionen Flaschen noch keine Gewinne. "Wir gehen aber fest davon aus, dass wir vom kommenden Jahr an schwarze Zahlen schreiben werden", sagt Sprecher Wiebe. Dann werde man auch die gegebene Zusicherung erfüllen. In diesem Jahr habe das Unternehmen aber dennoch 15.000 Euro in ein Wasserprojekt in Indien gesteckt.

Nicht mit Getränken, sondern mit dem Verkauf von selbst entworfenen Taschen versuchen die beiden Freundinnen Annika Busse und Andrea Noelle die Situation von Kindern in Afrika zu verbessern. Die zwei ehemaligen Managerinnen haben gut bezahlte Jobs bei Beiersdorf und Henkel sausen lassen, um in Wellingsbüttel das gemeinsame Unternehmen Beliya aufzubauen.

Je nach Preis ihrer Taschen finanzieren die Chefinnen das Schulgeld für ein Kind, das Schulessen oder die Uniform. Natürlich wolle man mit dem Unternehmen auch Geld verdienen, aber mindestens die Hälfte des Gewinns solle an Schulen in Afrika gehen, sagt Busse. Bislang haben sie gut 200 Taschen verkauft und nach eigenen Angaben rund 100 Kindern den Schulbesuch für ein Jahr gesichert.

Lemonaid-Gründer Bethke zieht eine tiefe Befriedigung aus seiner zugleich unternehmerischen wie auch sozialen Arbeit. Zwar könne er sich bei Weitem nicht so viel leisten wie andere Firmenchefs. "Aber was habe ich denn davon, mit einem dicken Bentley um den Block zu fahren und Profit anzuhäufen?", fragt er. "Das gibt mir gar nichts."