Unternehmen bereitet Förderung in Vierlanden vor. Der mögliche Einsatz des umstrittenen Fracking-Verfahrens schürt Sorge um Trinkwasser

Vierlande. Die beschaulichen Vierlande im Hamburger Südosten könnten schon bald zum großen Erdgasfördergebiet werden. Vor wenigen Tagen jedenfalls hat das für die Gasförderung in Norddeutschland zuständige Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover der Firma BEB eine sogenannte Aufsuchungsgenehmigung für die Vierlande erteilt. Das bestätigte der LBEG-Sprecher dem Abendblatt. Damit hat die Tochter des Energieriesen ExxonMobil sich die Fläche für drei Jahre als potenzielles Fördergebiet gesichert. In dieser Zeit kann das Unternehmen prüfen, ob sich genügend Erdgas in tieferen Gesteinsschichten befindet. Mögliche Konkurrenten haben solange keinen Zugriff. Eine Erlaubnis zur Erdgasförderung ist mit der Genehmigung zwar noch nicht verbunden. Schon jetzt aber fürchten Politiker und Umweltschützer, dass BEB in Vierlande bohren und dabei die hochgradig umstrittene Fördermethode des "Fracking" anwenden könnte.

In einem Bericht der Internetseite vierlaender.de, die die Exxon-Pläne zuerst publik machte, wirft Autorin Carin Schomann Behörden und Unternehmen mangelnde Transparenz vor und fordert: "Es ist an der Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen und der Bevölkerung zu erklären, wer in Vierlanden was und mit welchen Mitteln plant."

Nach Auskunft der Wirtschaftsbehörde wäre Vierlande das erste große Erdgasfördergebiet in Hamburg. ExxonMobil bestätigte am Mittwoch, "den Bescheid über die Erteilung der bergrechtlichen Erlaubnis Vierlande zur Erkundung von Kohlenwasserstoffen" soeben erhalten zu haben. Die Erlaubnis sei auf drei Jahre befristet. Das Arbeitsprogramm sehe aber "für diese Phase keine Bohrungen (und damit auch keine Frac-Maßnahmen) vor", so ExxonMobil-Sprecherin Ritva Westendorf-Lahouse. Ausschließen will man die Anwendung des umstrittenen Verfahrens allerdings auch nicht. Fracking sei bereits "seit 50 Jahren ohne einen Umweltschaden in Deutschland zum Einsatz gekommen", so die Sprecherin.

Politiker und Umweltschützer sind deutlich skeptischer. "Wir haben hinsichtlich der Umweltauswirkungen erhebliche Bedenken gegen die Fracking-Technologie", sagte SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal. "Niemand kann bislang glaubwürdig ausschließen, dass es keine Beeinträchtigungen für den Grundwasserhaushalt oder die Gesundheit des Menschen birgt. Die eingesetzten Chemikalien sind nach meinem Wissensstand stark gesundheits- bzw. umweltgefährdend." Gerade im Südosten Hamburgs mit seinen vielen Wasserwerken wäre das unverantwortlich, so die SPD-Politikerin.

Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan äußerte sich ebenfalls ablehnend. "Fracking ist eine neue und wenig erprobte Technologie. Man kann Gefahren für das Grundwasser durch den Chemikalieneinsatz nicht ausschließen", so Kerstan. "Es wäre unverantwortlich, diese Technologie in einer dicht besiedelten Metropolregion zu erproben." Die Umweltbehörde müsse "schnell für Transparenz und Klarheit sorgen, wer hier tatsächlich was plant".

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) lehnt die Fördertechnik ab. "Das Festhalten insbesondere der großen Ölkonzerne an einer fossilen Energieversorgung treibt beim Fracking fatale Blüten und gefährdet das Schutzgut Boden und unser Grundwasser - möglicherweise auch bald in Hamburg", so der Hamburger BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. "Der Hamburger Senat muss sich klar gegen eine solche Technik positionieren."

FDP-Umweltpolitiker Kurt Duwe betonte ebenfalls, wie wichtig der Schutz des Grundwassers sei. Zugleich wies er aber darauf hin, dass es umweltverträglicher sei, Erdgas vor der Tür zu fördern, als es aus Russland zu importieren. Die FDP lehne das Fracking daher nicht grundsätzlich ab.

Im Senat steht man den Exxon-Plänen in Vierlande offenbar skeptisch gegenüber. Daher unterstütze Hamburg auch die Bundesratsinitiative aus Nordrhein-Westfalen zur verbindlichen Einführung der Umweltverträglichkeitsprüfung beim Fracking, hieß es aus der Wirtschaftsbehörde. Der Bundesrat hatte die Bundesregierung in der vergangenen Woche aufgefordert, eine allgemeinverbindliche Verordnung zum Fracking zu beschließen. Bisher fehlt eine bundesweite Regelung.

Im Bezirk Bergedorf wusste man bis Mittwoch so gut wie nichts über die Gasförderpläne von ExxonMobil. Bezirksamtsleiter Arne Dornquast (SPD) wies auf Nachfrage darauf hin, dass der Bezirk keine Zuständigkeit für die Genehmigung habe, betonte aber zugleich: "Ich gehe davon aus, dass das Landesbergbauamt sorgfältig zwischen den wirtschaftlichen Interessen und anderen Gütern wie der Gesundheit, dem Erhalt der Kulturlandschaft und der Sauberkeit des Grundwassers abwägt ."